Dienstag, 11. September 2012

Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt.

Ich gehe erstmals seit 8 Jahren zum Zahnarzt. Es ist jämmerlich, unwürdig und auch ein wenig traurig, vor allem aber geht es so nicht weiter. Ich ertrage keine körperlichen Schmerzen. Also GAR KEINE. Den Höhepunkt des Leidens stellt der Zahnarzt dar, wobei der Gedanke ans Blutabnehmen auch schon das blanke Grauen auslöst. Die Aussicht, zum Zahnarzt gehen zu müssen, erscheint mir fast schlimmer, als die Aussicht auf den leibhaftigen Tod! Und ich gehe ja auch nur hin, weil die Angst vor dem Arzt mittlerweile kleiner ist, als der Schmerz in meiner rechten oberen Kauleiste, und das liegt nicht daran, dass die Angst kleiner geworden ist. Mitnichten! Wenn man sich jedoch vor Schmerzen gekrümmt auf dem Badvorleger wiederfindet, ist es wirklich Zeit, etwas zu unternehmen.

Der eigentlich Termin stellt sich dann natürlich als viel weniger dramatisch heraus, als ich es mir in einer schlaflosen Nacht voll blutiger Horrorvorstellungen ausgemalt hatte. Scheinbar hat sich in den letzten 20 Jahren im Bereich der Dentaltechnik doch einiges getan. Ich hab keine schlechten Zähne, ich hatte nur als Kind mal eine schlechte Zahnärztin, die wohl maßgeblich für meine Angst verantwortlich zeichnen muss. Und natürlich liegt es auch nicht an mir, wenn (gefühlt?) 135 Jahre alte Amalgamfüllungen irgendwann ihren Dienst quittieren. Mitten in der Behandlung fängt der Arzt an, mich zu duzen, und ich glaube zu sehen, wie er und die Sprechstundenhilfe ein wenig lachen, als meine rechte Gesichtshälfte von der Betäubung gelähmt beginnt, (gefühlt?) ein wenig nach unten zu hängen, was mich nicht davon abhalten kann, weiterhin jeden kleinen Schritt der Untersuchung zu hinterfragen. Als alles vorbei ist, gebe ich den Anwesenden überschwänglich die Hand und bedanke mich aufs innigste. Ich trete voller Stolz auf die abendliche Straße, die mir schöner erscheint, als jemals zuvor, und dabei fühle ich mich wie die Heldin, die lebendig aus einer eigentlich aussichtslosen Schlacht zurückkehrt. Ich würde eine Zigarette rauchen, aber der betäubte Mund macht es mir unmöglich, den Zug zu entwickeln, um überhaupt eine zu entzünden. Also bleibt nichts als seufzen und die Freude an diesem wunderbarsten aller Gefühle: Wenn der Schmerz endlich nachlässt.