Donnerstag, 22. April 2010

Selbstgerechtigkeit.

Gestern tat ich zur Abwechslung mal das einzig Richtige (Spätauswirkungen meiner Gedanken während des Mumford and Sons Konzerts? Vielleicht.). Anschließend war ich unheimlich stolz auf mich und gleichzeitig auch ein wenig traurig. Stolz, weil ich endlich mal auf Augenhöhe mit meinen eigenen überzogenen moralischen Ansprüchen an die Welt war. Traurig, weil sich der Gedanke, eine Abkürzung nehmen zu können als fehlerhaft herausgestellt hatte. Irgendwie war es ja auch abzusehen gewesen... Ich belohnte mich mit dem letzten Rest Patxaran, der noch im Zweitkühlschrank auf seinen großen Moment wartete, atmete tief durch, rauchte eine Entspannungszigarette auf dem Balkon und sah der Anspannung dabei zu, wie sie sich vom 3. Stock aus in die Tiefe stürzte. Recht so! Im Anschluss sah ich ein Fußballspiel mit meinen selbst gewählten Geschwistern und dachte zum wiederholten Male bei mir, dass man halt einfach nicht aus sich raus kann.

Dienstag, 20. April 2010

Awake my soul.

Es gibt diese wunderbare Stelle bei Mad Men (wo auch sonst), da sagt Bobby Barrett zu Peggy Olson, dass sie doch endlich mal anfangen solle, der Mensch zu sein, der sie sein will. Einen viel besseren Rat kann einem eine Fernsehserie wohl kaum geben. Vergangenen Donnerstag beim ganz wundervollen Konzert von Mumford and Sons fühlte ich mich über weite Strecken gleichzeitig glücklich und tieftraurig, was natürlich für eine Dramaqueen wie mich eines der schönsten Gefühle überhaupt ist. Ich beschloss dann (mal wieder), ein besserer Mensch zu werden, der gegen seine inneren Zwänge vorgeht und Übersprunghandlungen vermeidet. Schön auch, wenn man von Vornherein weiß, dass das eh nicht klappen wird, aber der gute Wille zählt. Viel guter Wille war dann nötig, als uns dieser unaussprechliche isländische Vulkan einen Strich durch unsere sauber aufgestellte Wochenendrechnung machte, und die Anreise des Specialguest aus London verhinderte. Immerhin zeigte sich der Frühling von seiner besten Seite, und wir hatten trotz aller Widrigkeiten eine formidable Zeit. Als wir dann am Sonntag um die Stunde des Morgengrauens die Oberbaumbrücke überquerten während die Sonne aufging und das erste Licht des Tages die ruhige Oberfläche der Spree zu einem Spiegel für den bunten Himmel und die umstehenden Gebäude machte (Achtung: Technicolor!!!), seufzten wir ob der Schönheit des Augenblicks und trotz schmerzender Füße tief, ehe wir uns nach Hause trollten. Das nächste, woran ich mich erinnern kann ist, dass ich auf meinem Sofa liege und der frischgewaschenen Wäsche auf meinem Balkon dabei zusehe, wie sie sich sanft im Wind hin und her wiegt und trocknet, was mich gleich wieder zum Seufzen bringt, ist das doch einer von diesen Anblicken, die uns deutlich sagen, dass alles ok ist. Da zu viel Seufzen auch keine Lösung ist, verbrachten wir den ganzen Sonntagnachmittag kichernd mit Softdrinks im Mauerpark. Auch das eine schöne Tradition aus dem letzten Jahr! Zusammenfassend sei also gesagt: Familie, Seufzen, Kichern und Traditionen: Alles wird gut!

Donnerstag, 15. April 2010

Only if you run.

Manchmal reicht ein ganz trivialer Anlass. Den vergangenen freien Dienstag nutzte ich dazu, das erste Mal in dieser Saison, joggen zu gehen. Ich fuhr mit dem Auto (nicht, dass ich etwa eitel wäre, nein, wirklich nicht! Aber mein verschwitztes Läuferinnen-ich muss ich wirklich niemandem in der S-Bahn zumuten. Wobei…) zum stets wundervollen Treptower Park und begab mich auf der Stelle in die Spur. Laufen (noch viel mehr als Schwimmen übrigens) bewirkt etwas ganz seltsames in meinem Kopf: Zunächst habe ich gefühlt 8.572 Gedanken auf einmal, doch die lösen sich mit der Zeit tatsächlich auf und ich werde komplett leer. Das ist ja auch das eigentlich Großartige an körperlicher Betätigung; irgendwann hält nämlich der Kopf endlich mal seine bescheuerte Fresse und man kann sich ganz aufs Wesentliche – nämlich auf den Schmerz im restlichen Körper und das simple Überleben – konzentrieren. Als ich zum Auto zurückkam, markierte die Uhr, dass knapp eine Stunde seit meinem Aufbruch vergangen war und ich war durchaus stolz und um eine Handvoll Erkenntnisse (sicherlich eher belangloser Natur) reicher.
Nämlich:

Auch wenn man sich fast nicht traut, dran zu glauben, es wird tatsächlich Frühling.

Der London 10km Charity Run dürfte kein Problem sein, insofern mein altes, an Alan Shearer orientiertes Knieleiden nicht wieder aufbricht.

Man sollte vielleicht einfach aufhören, vom Leben zu erwarten, dass man jeden Tag glücklich ist, das steht nämlich gar nicht im Vertrag drin.

Wenn man tatsächlich glücklich sein will, dann muss man sich sein kleines Stück vom Kuchen scheinbar jeden Tag aufs Neues erarbeiten (erlaufen).

Auch wenn Lila die aktuelle Modefarbe ist, so heißt das nicht, dass die auch jeder tragen kann.

Weniger ist oft mehr.

Jeder hat seine eigene Geschwindigkeit. Das ist gar nicht so schlimm.

Und zu guter Letzt: Jetzt muss ich nur noch etwa zweimal dort laufen gehen, um behaupten zu können, dass ich "eigentlich immer und vor allem ständig" im Treptower Park jogge.

Mittwoch, 7. April 2010

Wer nicht läuft, dreht sich im Kreis.

Man sollte viel öfter ans Meer fahren. In meiner rechten Hand halte ich 1 Budweiser, in meiner linken Hand 4 winzige Bernsteine, die ich soeben im Gewirr aus Muschelschalen, Steinen, getrockneten Algen und Sand gefunden habe. Angeblich bringt es Unglück, Bernstein, den man gefunden hat, wegzugeben, deswegen halte ich die Steine erst vorsichtig in der Hand und verstaue sie dann mit äußerster Obacht in meiner Tasche. Die 3 Jacken, die ich übereinander trage, sind alle bis oben hin zugemacht. Meine Haare gleichen (mal wieder) einem Vogelnest, bleibt zu hoffen, dass keine Möwe auf die Idee kommt, sich dort häuslich einzurichten, ich wüsste nicht, was ich dann tun würde. Vor mir, hinter mir und neben mir gehen Menschen, die ich zu meiner nicht-biologischen Familie zähle. Ich ziehe die Schultern hoch, atme tief durch, kneife die Augen zusammen und schaue aufs Wasser. Hach ja. Manchmal ist alles im Lot. Man weiß dann vielleicht immer noch nicht genau, was man will, aber man stellt fest, dass man eine Basis hat, die nicht einfach so verschwinden wird, und die sogar dann noch höflich lacht, wenn man zum 4.000 mal die Endlos-Schleife der Pappa Ante Portas Zitate fährt, und es einem nicht übel nimmt, wenn man in der Küche ein hartes, schlesisches Regiment einführt, das kaum Widerspruch duldet.

Manchmal liegen die Antworten direkt vor einem. Meistens jedoch eher nicht. Aber es ist gut zu wissen, dass ein "Macht doch alle was Ihr wollt." ab und an genügt. Was will man mehr? Öfter ans Meer fahren, klar!