Donnerstag, 30. Dezember 2010

Kindheitserinnerungswälder.

Wenn man an einen Ort kommt, wo der Schlafanzug auf der Heizung liegend auf einen wartet, kann man fast davon ausgehen, dass man zu Hause ist. Unter Umständen ist dann auch Weihnachten. Ich liebe die Formulierung "zwischen den Jahren", und finde, dass eben jene Woche gleichzeitig die längste und die kürzeste des Jahres ist. Sie ist die längste, weil man an den paar Tagen oft viele unterschiedliche, fast schon gegensätzliche Dinge unternimmt, einen Haufen Leute trifft, die nichts miteinander zu tun haben, Vergangenes Revue passieren lässt, Zukünftigem mit Freude oder Schrecken (je nach Naturell und Lebensumständen) entgegenblickt und vielleicht doch kurz auch mal die Zeit hat, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Sie ist die kürzeste, weil all das an einem vorüberfliegt und man sich schon kurz darauf nicht mehr vorstellen kann, woher die guten Vorsätze eigentlich kamen.

2010 (und nun fazitiere ich doch) war ein gefühlt sehr kurzes, aber keineswegs ein schlechtes Jahr. Als ich gestern nach Berlin zurückfuhr, bemerkte ich ab Bornholmer Straße, dass ich ein wenig zitterte, was ich zunächst auf die Aufregung hervorgerufen von waagerecht abgeschossenen Raketen von Weddinger Balkonen schob. Es wurde aber auch auf dem Prenzlauer Berg zunächst nicht besser, und tatsächlich hatte ich mich erst wieder unter Kontrolle, als ich mühsam zwischen Schneebergen eingeparkt und meine Habseligkeiten in die Wohnung geschleppt hatte. Kurz vor Jahresende fühle ich mich innerlich gern etwas instabil, dieses seltsame schwarze Loch, angesiedelt zwischen Herz und Magen dreht sich dann schneller als sonst. Was hätte anders laufen können, was anders laufen müssen? Oder war doch alles richtig, so wie es war? Und welchen Sinn macht es überhaupt zu grübeln, wenn man das Vergangene eh nicht mehr ändern kann? Um zu sagen, ab jetzt wird alles besser, bin ich zu realistisch – oder zu faul. An dieser geschriebenen Inkohärenz könnte ich aber arbeiten – denn wieso fängt ein Absatz mit "2010 war keineswegs ein schlechtes Jahr" an, und hört mit tristen Gedanken auf? Eben! Ab nächstem Jahr werde ich erwachsen! …vielleicht.

Mittwoch, 22. Dezember 2010

A imaginação, o nosso último santuário.

Viele sehr aufschlussreiche Gespräche beginnen mit dem Satz "Ich habe mir mal ein paar Gedanken gemacht.". Ganz anders verhält es sich mit "Wir müssen reden.", letzterer wird nicht selten zu einem schwerwiegenden Meilenstein im großen, bösen Übel. Weil bald Weihnachten ist, sprechen wir heute über ersteren – atmen Sie also ruhig auf, wir bleiben noch ein Weilchen zusammen. Lediglich... habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Neuerdings verbringt man ja ab und an etwas mehr Zeit auf dem Weg zur Arbeit. Am Montag fuhr ich spontan mal einen Umweg, der mich am Ende auf Wegen voll jungfräulichen Schnees die Spree entlang zur Arbeit führte (fragen Sie nicht!). Hatte es bis vor wenigen Minuten noch ausdauernd geschneit, brach plötzlich die Sonne durch die Wolken und tauchte die gesamte Szenerie in ein seltsam diffuses, irgendwie zeitloses Licht und ein Jauchzen (Jauchzet frohlocket – wer hat´s erkannt?) brach aus mir heraus. Ich fühlte mich einen Moment lang ganz wie ein Kind, das seinen ersten Ferientag erlebt: Ferien, Weihnachten und noch dazu alles schneebdeckt, was konnte mein junges Herz in diesem Moment mehr verlangen? Vergessen der Emokater, die kalten Füße, die Enge in der S-Bahn, verdrängt die zähen Stunden im Büro, die vor mir lagen und die Leere auf dem Konto. Alles was zählt: Ich, an diesem Morgen, und für einen Augenblick keine Spur von Luxusproblemen und unsinnigen Bedenken zu abwegigen Themen. Ich bin natürlich kein Kind mehr und habe bereits das eine oder andere schwerwiegende "Wir müssen reden"-Gespräch führen müssen, was mich teilweise ja auch zu dem macht, was ich bin, und unter anderem Eigenschaften hervorbringt, die ich mit der Zeit sogar ein wenig liebgewonnen habe. Doch nun, wo der Nachtzug nach Lissabon fast schon seine Endstation erreicht hat, bleibt einfach festzuhalten, dass unsere Vorstellungskraft immer auch ein Zufluchtsort sein kann. Wenn man nur will.

Frohe Weihnachten, Ihr Prinzen von Maine, Ihr Königinnen von Neuengland.

Freitag, 17. Dezember 2010

KW 50.

Es schneit also. Seit Tagen schon, und alles wird in eine seltsame Ruhe getaucht. Der Schnee schluckt viele Geräusche. Zum Ausgleich gibt es aber auch neue, unbekannte Geräusche, und zwar in meinem Schlafzimmer. Nicht was Sie jetzt denken, mitnichten! Erst letzte Nacht konnte ich aufgrund eines seltsamen Zischelns nicht gleich einschlafen, was sehr ungewöhnlich für mich ist. Ich stand auf, öffnete das Schlafzimmerfenster… und schloß es sofort wieder. Draußen fielen nur lautlos die Flocken zu Boden (ein Anblick, von dem ich übrigens nie genug bekomme). Ich verweilte einen Moment, seufzte, achtete auf meine Atmung, die ich glücklichweise als Ursache des Lautes ausschließen konnte, ging ins Badezimmer, anschließend ins Wohnzimmer und wieder zurück ins Schlafzimmer. Das Zischeln war immer noch da. Neben meiner Rechts-Links-Schwäche habe ich noch ein anderes kleines Problem, und zwar ist es mir unmöglich zu sagen, aus welcher Richtung Geräusche kommen (das sind dann aber auch schon alle meine Fehler). Auf der Schwelle zum Schlafzimmer überlegte ich, ob es sich eventuell um eine Schlange handeln könnte, die vor der Witterung in mein Schlafzimmer geflohen war und nun in meinem Schrank lebte – wer würde es ihr verübeln können? Nun ja, ich! Mit einem gewagten Sprung hechtete ich mich wieder aufs Bett, zog mir die Decke bis zu den Augen und lugte angestrengt ins Dunkel. Das Zischeln war zu gleichmäßig, um von einem Tier zu kommen, und eigentlich war es auch mehr ein Gurgeln. Ich entschloss mich, Licht zu machen. Erstaunlicherweise kann man die meisten Geräusche nicht sehen, aber bei Licht sollte man wenigstens vor nachtaktiven Räubern sicher sein. Ich ging die Wände meines Schlafzimmers ab, und siehe da: 2 Heizungsrohre, die mir nie zuvor aufgefallen waren, führen an der Wand entlang hinunter zu meinen Alkoholikernachbarn, und in eben jenen Rohren zischte es fröhlich vor sich hin. Ich konnte beruhigt zurück zu Bett gehen und schlief dann auch gleich ein.

Ich weiß, diese Zeilen werfen Fragen auf, wie zum Beispiel: Passiert denn gar nichts Interessantes mehr in ihrem Leben? Ganz und gar nicht! Aber Vieles ist so erschütternd, dass ich es noch nicht in Worte fassen kann. Oder: Trinkt sie? Schwer zu sagen, aber wer noch keine Schlangen unterm Bett vermutet hat, dem fehlt es einfach an Fantasie! Es ist ernst Freunde, ernst! Das Jahr ist fast zu Ende!

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Saudade.

Wahrscheinlich bin ich tatsächlich ziemlich einfach gestrickt: Seitdem ich "Nachtzug nach Lissabon" lese, träume ich von Portugal – und ich meine auch richtige Träume, nicht nur Wachträume. Ich war vor ein paar Jahren eine Woche im September in Lissabon, und natürlich mochte ich die Stadt, jeder mag sie, es ist unmöglich, sie nicht zauberhaft zu finden. Meine Träume könnten einem Reisekatalog entsprungen sein, und vielleicht sind sie das auch, schließlich sitze ich in ihnen in einer der uralten Trams, die sich durch enge Straßen des Bairro Alto winden, laufe den Berg zum Castelo de São Jorge hinauf und bleibe vor Häusern mit gekachelten Außenfassaden stehen, lasse den Blick über den Tejo schweifen, indem ich meine Augen gegen die Sonne abschirme, gehe auf einen galão in die A Brasileria und mache anschließend ein Foto von der Statue Fernando Pessoas, ohne jemals etwas von ihm gelesen zu haben und abends trinke ich dann Caipirinhas zu 2,50€. Das Wetter ist immer schön, das Licht immer spektakulär und mein linkes Knie tut auch nicht weh. Das ist ein ganz generelles Problem, das ich mit mir herumtrage, also nicht nur das Shearer-Knie (das aber auch!), sondern mein Innenleben: Vieles, was mir wichtig erscheint, besonders auch in der Reflektion über mich selbst, ist, wenn es erstmal ausgesprochen wurde, doch nur ein unvollständiger, unausgegorener Abklatsch von etwas Gelesenem oder Gehörten. Die gefühlte Bedeutungsschwere löst sich in Luft auf, und zurück bleibt der fade Geschmack der Belanglosigkeit. Vielleicht ist das aber auch ein Glücksfall, denn nichtsdestotrotz träume ich von Portugal und versuche eine gewisse Selbstgefälligkeit der Seele abzulegen, weil ich denke (heute zumindest, morgen kann das schon wieder ganz anders aussehen): Unser Tun, unsere Freuden, unsere Sorgen und unsere Nöte sind aus kosmischer Sicht wahrscheinlich belanglos, deswegen braucht man sie auch nicht so schwer zu nehmen. Nicht so schwer, aber dennoch wichtig, denn wenn man andererseits davon ausgeht, dass man nur ein (endliches) Leben hat, dann ist es nur logisch, die Suche nach dem eigenen Glück vorn an zu stellen. Also wie nun? Das ist wie mit diesem Graben, der Innen- und Außenleben trennt. Manchmal ist er schmal und man kann die andere Seite klar erkennen, als stünde sie im Flutlicht, und manchmal ist er so breit, wie der Tejo kurz bevor er in den Atlantik mündet und noch dazu in Dunst getaucht.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Fazit?

Wir starten in die letzten Wochen des Jahres. Ich bin etwas spät dran, auweia! Was soll man auch machen? Aufgrund der aktuellen Witterungsbedingungen kann es zu erheblichen Verspätungen kommen, wir bitten um Ihr Verständnis. Dezember. Dieser düstere Monat, der nur durch all das künstliche Licht halbwegs erträglich gemacht wird (wobei "erträglich" in Anbetracht der um sich greifenden Geschmacklosigkeit bei der Wahl der Leuchtdekoration auch gesondert betrachtet werden kann und muss). Es gibt Tage, an denen wird es gar nicht mehr hell, kein Wunder also, dass man langsam wahnsinnig wird (wenn man nicht vorher erfroren ist). Mir ist aufgefallen, dass ich in diesem Jahr fast gar nicht fazitiert habe. Schade eigentlich, aber irgendwie auch normal, vielleicht sogar ein Zeichen einer gewissen inneren Reifung (nicht zu verwechseln mit Desillusionierung, obgleich sehr ähnlich). Oft lohnt es sich einfach nicht, zu fazitieren. Wenn 2010 fast nichts gezeigt hat, dann doch immerhin, dass Vieles nicht wirklich zu einem richtigen Ende kommt, vielmehr frieselt so Manches irgendwann einfach aus oder nimmt erstaunliche Wendungen, und dann steht man ganz schön dumm da, wenn man gestern noch im Brustton der Überzeugung gesagt hat "Das Ding ist durch", um zwei Tage später doch wieder inkonsequent zu handeln. Das Schöne an der dunklen Jahreszeit ist ja, dass man wieder mehr liest, und so bin ich jetzt bei Pascal Merciers "Nachtzug nach Lissabon" angekommen. Und da ist sie wieder, die Frage: Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben können, was in uns ist – was geschieht mit dem Rest?

Mittwoch, 24. November 2010

Autumn dies, winter arrives.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, in welche Begeisterung alle Welt letztes Jahr ausbrach, als der erste Schnee fiel. Und das will was heißen – ich meine, dass ich mich genau an irgendetwas erinnern kann, denn in letzter Zeit schlägt sogar bei mir das Alter zu, und oft genug rede ich von "vergangenem Jahr", wenn ich Ereignisse aus 2010 kommentiere. Ich bin wohl etwas durcheinander. Und ja, ich weiß, dass es banal ist, ständig übers Wetter zu sprechen, aber die von uns, die unter Winterdepressionen leiden, wissen es sicher zu schätzen, dass ich meine aufmunternden, ja volksnahen Gedanken hin und wieder teile. Abgesehen davon (und auch das ist wohl eine der Auswirkungen des Alters) erscheint mir neuerdings fast alles trivial. Heute also der erste triviale Schnee, und wo letztes Jahr noch Jubel, Trubel, Heiterkeit herrschte, runzelt man nun zerknirscht die Stirn: Oh nein, es ist wieder so weit! Wie lange wird es dieses Jahr dauern? Wie werde ich es überstehen? Werde ich endgültig ein Opfer meines Hangs zum Alkohol? Warum soll Winterschlaf für ganz bestimmte Tiere reserviert bleiben? Sind wir nicht auch Tiere? Könnte man nicht unglaublich sparen, wenn man ein paar Monate das Schlafzimmer nicht verließe? Zudem würde man im Frühjahr direkt mit Bikinifigur aufwachen, das wäre doch mal was! Es hätte nur Vorteile, sogar Weihnachten und die lästige Frage "Was machen wir eigentlich an Silvester?" könnte man übergehen. Es muss doch irgendeinen Weg geben! Und wenn nicht? Hm. Was machen wir eigentlich an Silvester? (Mir ist durchaus bewusst, dass das Ende dieses Eintrages enttäuscht. Jetzt ist es raus: Ich habe auch keine Antworten, und musste sogar nochmal nachschauen, ob "autumn" wirklich so geschrieben wird.)

Donnerstag, 18. November 2010

Everything means everything.

Am Sonntag überraschte uns plötzlich ein Hauch Frühling, man konnte den Schal abnehmen und (ein letztes Mal bis April?) in die Sonne schauen. Obwohl Schlendern im Grunde unerträglich ist, spazierten wir gemessenen Schrittes durch den Volkspark Friedrichshain, besprachen das Jetzt und versuchten ohne Beklemmung in die Zukunft zu blicken. Das gelang uns ganz gut. Nein, nicht nur das, tatsächlich war es wundervoll. Vielleicht lag es am Frühling, der mit diesem komischen blauen Band immer eine gewisse Zuversicht verteilt, vielleicht aber auch an der guten Gesellschaft oder sogar an wochenendlich bedingten körperlichen Gebrechen, die einen seelisch manchmal ein wenig durcheinanderbringen. Wer weiß? Jedenfalls war der Spaß schon am Montag wieder vorbei, was einerseits eine grundlegende Eigenschaft des Wochenstarts ist, aber auch dadurch befeuert wurde und wird, dass es seitdem nicht noch einmal hell geworden ist. Der Kontrollfreakismus, den ich mir (man muss sagen) in den letzten Jahrzehnten (!) angeeignet habe und mithilfe dessen vieles detailverliebt dokumentiert wird, macht mir wieder einmal deutlich, dass sich doch immer alles wiederholt (na gut, vielleicht muss man dafür kein Kontrollfreak sein, sondern Naturwissenschaftler, Realist oder gar Pessimist, aber das liegt mir alles etwas fern). Meine Befindlichkeit bekommt im Herbst Risse, die jungen Schwäne üben im November das Fliegen, man kann maximal 4 Lebkuchen essen, ehe einem schlecht wird, Glühwein ist grundsätzlich ekelhaft, hilft aber, Take That bringen ein neues Album raus etc. Aber nein, tatsächlich war eine erstaunliche Erkenntnis des sonntäglichen Spaziergangs, dass sich manche Dinge doch nicht wiederholen, sondern dass man hin und wieder ganz von Vorn anfängt und etwas komplett Neues dabei herauskommt. Etwas ganz Neues wäre es, heute Abend ins Bett zu gehen, und bis März durchzuschlafen. Also, falls sich in den nächsten Wochen hier nichts tut…

Montag, 8. November 2010

Love is no big truth.

Wir sitzen im Intersoup. Falsch! Tatsächlich sitzen wir im Wiener Blut an der Bar und ich trinke schon wieder einen Pernod nach dem anderen, ohne etwas zu essen, was das Konzept des Aperitif ad absurdum führt, wobei man sich in der Folge (jedoch etwas zu spät, um noch in direktem Zusammenhang mit dem Moment am Tresen zu stehen) aufgrund der zunehmenden Trunkenheit für einen Blätterteig mit Spinat entscheiden wird. Das tut aber nichts zur Sache, zudem handelt es sich um ein anderes, ziemlich altes Hobby, nämlich Konzepte (gerade und ganz besonders im Bereich der Trinkerei) ad absurdum zu führen. Entscheidend ist der Satz, den H. sagt, und der mich aufgrund der Tatsache, dass man es eigentlich nie ausspricht, fast vom (Bar)Hocker fegt (vielleicht war´s doch im Intersoup und es fegt mich aus der Polsterecke, was ungleich weniger schmerzhaft wäre, wobei es wahrscheinlich bei wenigen anderen Themen noch mal so um Schmerzen geht, so dass die Begleiterscheinungen also unter Umständen doch gerechtfertigt sind): Man solle keine Scherze mit der Liebe treiben, denn die Liebe sei ein ernstes Thema. Natürlich muss ich das absolut und hundertprozentig bejahen. Zunächst! Ich wälze den Gedanken später ein wenig hin und her und betrachte ihn von allen Seiten, anschließend wird mir das zu mühsam und ich stelle ihn in eine Ecke und lese in Virginia Woolfs "Orlando", der mich fesselt, aber auch nicht weiterbringt, zumindest nicht, solange Orlando behauptet, er sei fertig mit den Menschen. Er legt sich dann zum Ausgleich übrigens ein kleines Rudel Elchhunde zu, aber das kommt für mich nicht in Frage, schließlich habe ich keinen Platz für Haustiere. Außerdem bin ich nicht mit den Menschen fertig, und überhaupt habe ich ja schon einen Hund, der es mir wahrscheinlich schwer übel nehmen würde, täte ich ihn bei meinen Eltern parken, während ich mich gleich mit mehreren Elchhunden in Berlin vergnüge. Nein nein! Worauf will ich hinaus? Vielleicht, also ganz vielleicht, nimmt man die Liebe nicht nur ernst genug, sondern sogar zu ernst. Kann doch sein, schließlich gibt es kein Thema, dass so gern und häufig für Grübelei, Gespräche in Schleifen, überhöhte und anschließend enttäuschte Erwartungshaltungen, stundenlanges aus-dem-Fenster-starren und unsinniges Seufzen sorgt. Andererseits, wo wäre die Popmusik, wenn wir die Liebe nicht so absurd überdimensionieren würden? Und wo wäre die Rauschmittelindustrie? (ich will es gar nicht sagen, aber ich muss): Eben(d)!

Donnerstag, 4. November 2010

Katerfrühstück mit der 30.

Dienstagmorgen. Das Kinderferienlager wurde aufgelöst. Leere Flaschen und Müllberge haben die Wohnung verlassen. Die Waschmaschine schiebt Überstunden. Es stürmt. Ich habe etwa 11 Stunden am Stück geschlafen und bin immer noch fertig, doch der Ansatz "gesundes Leben", der einer Entschuldigung dem Körper gegenüber gleichkommt, verlangt, dass ich Joggen gehe. Die Abläufe sind einstudiert, ich komme nicht durcheinander. Den Kaffee ins Wohnzimmer balancierend erblicke ich eine 30 auf dem Sofa. Gähnend sagt sie:

30: Das wurde ja langsam Zeit.
U: (überrascht) Oh, guten Morgen, ich dachte schon, wir würden uns gar nicht mehr kennenlernen.
30: Hofftest Du?
U: Nein nein, ich habe kein Problem mit dem Alter!
30: Welches Alter?
U: Eben!
30: Ach, und eigentlich kennen wir uns auch schon, ich wurde auf der Feier vorstellig, aber scheinbar hast Du mich nicht wahrgenommen.
U: (entschuldigender Tonfall) Das war keine böse Absicht. Schönes Fest, oder?
30: (leichthin) Oh ja, und ich bezweifle, dass Du überhaupt noch irgendetwas wahrgenommen hast.
U: Ja… kann sein. Das Schiff schwankte ganz schön, was?
30: (geschäftsmäßig) Nunja. Hast Du eigentlich irgendwelche Fragen?
U: Hm. Ich weiß nicht. Welche Fragen stellt man der 30 denn für gewöhnlich? Oh ja, ich weiß es! Hast Du vielleicht die Antwort auf "Wie fühlt man sich denn mit 30?"
(beide lachen)
30: Ich glaube, wir werden uns gut verstehen.
U: Kein Zweifel!
30: (aufstehend) Es sieht so aus, als hättest Du bestimmt nicht alles, aber immerhin mich im Griff, da kann ich ja gehen.
U: Warte, ich bringe Dich zur Tür.
30: (schon im Flur) Du wirkst viel zu entspannt auf mich, jetzt mal ehrlich, bist Du immer noch betrunken?
U: Eventuell. Aber es liegt an was Anderem, mir wurde gesagt, ab jetzt werde alles nur noch schön.
30: (lachend, schon auf dem Weg nach unten) Ach U., alles Gute nachträglich zum 16. Geburtstag!

Donnerstag, 28. Oktober 2010

The mind gets dirty as you get closer to thirty.

Zwischen 8:30 und 9:00 habe (oder "hatte", wie der Berliner sagen würde) ich heute Morgen die Mittelgewichtsehe zu Ende gelesen. Das Buch gilt wohl als eines der Schwächeren Irvings, ich fand es aber – wie gesagt – ganz wundervoll. Auch motiviert von den aufmunternden und anrührenden Aussagen einiger meiner Freunde, schrieb ich zwischen 15:00 und 15:30 – wartend auf Input (wie sagt man das auf Deutsch?) von meinen Kollegen zu einem gääääähnend langweiligen Thema – meinen gefühlt 83. Romanbeginn. Es ist – so viel kann ich verraten – einer der besseren! Einzig, dass ich wohl leider nicht in der Lage bin, einen lustigen Roman(beginn) zu schreiben, aber zum Ausgleich erzähle ich wahrscheinlich genügend Unsinn, oder schreibe – wie jetzt – einen abstrusen Eintrag voller Bindestriche und Klammern (- - - -) Irvine Welsh schrieb übrigens mal einen Roman aus der Sicht eines Bandwurmes. Ein großartiges Stück (Pop)Literatur – wenn man in der Lage ist, das Frühstück drinnen zu behalten. Was will ich eigentlich sagen? Ich warte schon wieder auf Input und das ist sehr langweilig, wenn man ein Einzelbüro hat und alle irgendetwas tun – Input fabrizieren zum Beispiel. In wenigen Stunden werde ich im 30. Lebensjahr ankommen, und wir alle können uns ja lebhaft (?) vorstellen, was das bedeutet. Eben(d)!

Montag, 25. Oktober 2010

Write (about love).

Ich habe angefangen, John Irvings "Eine Mittelgewichtsehe" zu lesen. Ich hatte Irving bis dato gemieden, da mich vor Jahren irgendetwas an der Verfilmung von "Garp und wie er die Welt sah" abgestoßen oder verstört hatte, wobei ich mich nicht erinnern kann, was genau es war. Die Mittelgewichtsehe nun fesselt mich von der ersten Seite an. Manchmal habe ich im Büro das Buch auf dem Schoß liegen, um während der Arbeit ein paar Seiten zu lesen und als ich heute Morgen in der S-Bahn feststellen musste, dass ich es zu Hause auf der Blumenbank habe liegen lassen, wurde der Montag gleich noch ein wenig düsterer. Zudem bringt mich Irving generell zum Nachdenken über das Schreiben. Zuvor las ich Proust, und konnte ob der Satz- und Gedankenkonstruktionen sowie des unglaublichen Stils nur ehrfürchtig staunen. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, seine Kunst mit meinem Dilettantismus in irgendeiner Form in Verbindung zu bringen, und das tue ich jetzt natürlich auch nicht. Es ist ja nicht so, dass ich mich als so etwas wie eine Schriftstellerin begreife, das wäre vermessen! Nein, darum geht es nicht, vielmehr kotze ich einfach hin und wieder Gedanken über die (nicht der) Tastatur aus. Im Rahmen dieses Prozesses berührt Irving dennoch etwas in mir. Wenn ich z.B. auf dem Weg zur Bahn bin, und mich darauf freue, dass ich gleich wieder über 6 Ringbahnstationen lang in diesem Buch versinken darf, denke ich auch darüber nach, wie es wäre, mich zu sammeln, und zu versuchen, eine Geschichte zu schreiben. Es würde sich um eine Übung handeln und nirgends hinführen, aber das Ziel ist dabei in meinen Augen sowieso zweitrangig, es geht mehr um den Versuch als solchen. Von Irving stammt in dem Zusammenhang übrigens die Aussage: "Schreiben ist wie Ringen. Man braucht Disziplin und Technik. Man muss auf eine Geschichte zugehen wie auf einen Gegner." Erstaunlich ist, dass er nicht sagt, man brauche Talent – was ich zuerst ins Feld geführt hätte, aber schon Paul Auster erklärte ja, dass man generell eine romantisierte Vorstellung vom Schreiben habe, handele es sich in Wirklichkeit doch um harte Arbeit. Disziplin also. Das kann ja nichts werden – fragen Sie meine Gitarre!

Dienstag, 12. Oktober 2010

Walking on Sunshine.

Am letzten Tag des Urlaubs regnet es plötzlich. Wir sind überrascht, ich summe die ganze Zeit "Caravan Holiday" von den Stereophonics vor mich hin ("Seven day holiday in the rain with you..."), was natürlich gelogen ist, denn hinter uns liegen 6 wundervolle Tage im strahlenden Sonnenschein. Wir sind die 5 restlichen Kinder vom Hühnerausflug, 2 sind schon weg und in mir macht sich Unruhe breit. Unruhe, weil der Urlaub zu Ende geht und wir uns wieder aufs Hamsterrad vorbereiten müssen. Unruhe, weil sich die losen Ende emotionaler Verwirrung durch den Herbstwind zu einem undurchdringlichen Knäuel an widersprüchlichen Gefühlen verwandelt haben. Unruhe, weil es wieder mal Baustellen über Baustellen gibt. Unruhe der Unruhe zu liebe, natürlich auch weil Stillstand unerträglich ist. Der Regen an der Costa del Sol, der die Gullideckel anhebt und die Touristen von den Terrassen vertreibt, kündigt nur an, was uns bevorsteht.

Jördis liest "Shantaram" von Gregory David Roberts und stellt uns in diesem Zusammenhang sinngemäß die Frage, ob wir, wissend, dass auf ein kurzes Glück ein größeres Leiden folgt, dieses Glück wählen und den Schmerz in Kauf nehmen, oder ob wir – aus Angst vor Leid – lieber gar nichts haben würden. Die Antworten sind so vielfältig wie unsere Haarfarben und das Nachdenken über diesen Umstand gibt mir so etwas wie Zuversicht. Hinter mir liegen ganz und gar wundervolle, ungetrübte Tage in Gesellschaft einiger der 6 großartigsten Menschen die es gibt, Sinn und Unsinn gingen Hand in Hand, es wurde viel gesehen, noch mehr gelacht, etwas geschwommen, ausgesprochen gut gegessen, ein wenig getrunken und alle Masken konnten im Koffer gelassen werden. Wenn demnächst die Bräune verblasst, bleibt uns immer der Blick auf die Fotos, die Kurzwahlliste im Telefon und die Gewissheit, dass wir, wenn auch nicht alle zwingend an einem gleichen festen Ort, irgendwo doch zu Hause sind. Und im Notfall… ziehen wir die Schuhe noch einmal an: Caña y Tapa?

(Für "die Mädchen": Hackt´s?!)

Freitag, 1. Oktober 2010

Autumn leaves.

Oktober ist ein toller Monat. Wirklich, ich sage das in vollem Ernst! Der September tarnt sich kalendarisch immer noch so halb als Sommermonat, und dann ist es kalt und unwirtlich, man trauert dem Licht nach, erreicht die Quartalsziele nicht, verrennt sich, stolpert und ist generell von sich selbst und allen Anderen enttäuscht. Außerdem stehen die Landstraßen voller verwirrter Rehe, das kann ja nicht gut ausgehen! Beim Oktober ist das anders. Den verbindet man ja eigentlich schon mit dem tiefster Herbst, man rechnet mit lauter Schlechtem und plötzlich färben sich die Blätter in den wundervollsten Farben (übrigens ganz vorn dabei: Buchen), ein Musikstück rührt den Teil im Herzen an, von dem man dachte, dort wohne das Nichts, nur wunderbare Menschen haben Geburtstag, und manche, ja manche von uns fahren für eine Woche an den Strand. Gestern Abend feierten wir mit dem Lieblingsessen aller DDR-Kindergartenkinder schonmal in dies und das rein und jetzt muss mir nur noch gelingen, meine Euphorie in halbwegs vernünftige Bahnen zu lenken, damit ich nicht aus Versehen am Sonntagmorgen meinen Flug versäume. Ich nehme an, Durchmachen ist hier direkt die sicherste Lösung.

Montag, 27. September 2010

With every broken heart we should become more adventurous (?)

In meiner Familie erzählt man sich ab und an noch die lustige Anekdote, dass ich als Kind immer vor lauter Mitleid weinte, wenn im Fernsehen die Wauzis-Werbung lief ("Wir sind die Wauzis, wir haben keine Mama…" Anyone? Und ja, wir hatten tatsächlich auch Westfernsehen). Ich verbrachte das vergangene Wochenende bei meinen Eltern, aß ausgesprochen gut und schlief jede Nacht um die 10 Stunden. Auf dem Weg zurück nach Berlin lief mir eine Gruppe Rehe ins Auto. Eins von ihnen stand nach der Kollision nicht mehr auf und auch der Mazda wurde ziemlich mitgenommen. Die Wauzis-Geschichte im Kopf kann man sich vielleicht vorstellen, was das für mich bedeutet. Früher wurde das Problem mit dem Verweis auf echte Hunde und Katzen gelöst, die man mal umarmen könne, die seien auch viel lustiger als Plüschtiere. Heute werden derlei Situation zunächst mit einer Zigarette, die man sich mit zittrigen Händen anzündet, und einer Reihe Telefonanrufe so ähnlich wie bewältigt. Es gibt ja diese Regel, wonach ein Reiter, der vom Pferd fällt, sofort wieder aufsteigen sollte, um ein Trauma gar nicht erst zuzulassen. Mein mehr als liebenswürdiger Bruder gab mir dann seinen Wagen, mit dem ich mich doch noch – wenn auch verspätet und leicht neben der Spur – auf den Weg in die Hauptstadt machte (an dieser Stelle nochmals vielen Dank!). Unterwegs im Dauerregen stellte ich mir die Frage, ob man die Metapher vom gefallenen Reiter unter Umständen nicht auch bei Herzensdingen anwenden könnte. Vielleicht macht man das ja eh ganz automatisch – wenn man bedenkt, dass ich immer wieder über die gleichen Steine stolpere, sollte man dem Reiter aber eventuell mal ein paar alternative Lösungsansätze vorschlagen: a.) Aufs Pferd hören. Ein Pferd würde vielleicht beim nächsten Mal versuchen, das Hindernis weiträumig zu umgehen, anstatt wiederholt beim Drüberspringen zu scheitern und sich dabei irgendetwas zu brechen / brechen zu lassen. b.) Die Sportart wechseln. Wie wär‘s mit Volleyball, Halma oder (gerade jetzt auch wieder aktuell) Drachensteigen?

Montag, 20. September 2010

We can beat the sun as long as we keep moving.

Der Montag scheint mit besonders harten Bandagen kämpfen zu wollen. Mein Nacken schmerzt, scheinbar habe ich mich verlegen. Ich habe nichts zu essen dabei, und jetzt muss ich in dieses Meeting, bei dem sicher wieder alle Beteiligten davon ausgehen, dass ich für die Absurditäten sorge. Ich enttäusche mein Publikum nur ungern, weiß aber nicht, ob ich in der Lage sein werde, meiner Rolle heute gerecht zu werden. Ich fühle mich leer, gestern Abend waren wir in Mutter Courage, und so viel Krieg deprimiert. Dabei war der Morgen noch friedlich, trotz der selbstverschuldeten Kopfschmerzen beschwingt, trotz der zu erwartenden Übelkeit, die sich spätestens durch das Geruckel der Tram endgültig ihren Weg bahnte, mit einem Lächeln zu meistern. Aber jetzt ist Montag, und meine Augen wollen zu, mein Kopf auf die Tastatur fallen. Nach jedem Exzess erscheint uns der nächste Tag öde und voller Abgründe, hinter jeder Ecke, in jeder Mail lauert das Grauen. Und dabei will ich gerade gar nicht zurück ins Gedränge der Samstagnacht, möchte mich nicht durch dunkle Gänge voller Menschen und Zigaretten hin zu Tanzflächen gefüllt mit sich bewegenden Körpern zwängen, ein Teil der gesichtslosen, berauschten Masse, Atemlosigkeit, der nächste Schluck, Gelächter. Ich will eigentlich nur eine Zigarette auf der Fensterbank rauchen und dann. Halbschlaf. Decke über den Kopf. Nimm meine Hand.

Mittwoch, 15. September 2010

Counterpoint - Delphic

29. Mai 2010, Barcelona, etwa 28°, die sich aufgrund der leichte Brise, die vom Meer herüber weht etwas frischer anfühlen. Sonnenschein, Strand. Ich habe leichtes Kopfweh und frage mich, ob es daran liegt, dass ich den Tag über zu wenig Wasser, oder daran, dass ich am Abend zuvor zu viel Bier getrunken habe. Wahrscheinlich an beidem. Meine Kleidung ist der Umgebung nicht angemessen, mir ist warm, schließlich bin ich festivaltauglich und nicht strandtauglich angezogen. Soraya und Tomás scheinen zu schlafen, nachdem sie sich die letzten paar Stunden in einer Art kaltem Krieg aufgerieben haben. Ich atme tief durch, vergrabe meine Füße im Sand, drehe eine Muschel in der Hand, schaue aufs Wasser, das in der Sonne glitzert, am Horizont stößt dunkelblau auf hellblau. Ich bemühe mich, an den Punkt zu kommen, an dem ich gar nichts mehr denke, scheitere jedoch. Ich glaube, ich hatte mal ein Mantra, scheine dieses aber vergessen zu haben. Tomás schlägt die Augen auf und lächelt mich wortlos an. Wir haben seit Jahren eine seltsam innige Verbindung, der scheinbar weder Zeit noch geographische Distanzen etwas anhaben können und die wohl darauf beruht, dass wir uns vor Jahren im dunklen Tal der gebrochenen Herzen trafen. Er fragt mich, was ich von Delphic halte. Ich sage ihm, dass ich das Album zu glatt und überproduziert finde. Er schüttelt den Kopf, sagt ich solle die Rezensionen vergessen und mir meine eigene Meinung bilden. Dann setzt er mir diese riesigen Kopfhörer auf und bedeutet mir mit eine Handbewegung ich solle mich umdrehen und wieder raus aufs Meer schauen. Late at night, I'll run through the streets and empty corridors. I'll find my counterpoint, inside a red room locked behind a door. Ich finde das alles immer noch ziemlich glatt. Trotz allem nimmt es mich gefangen, ich sinke seitlich in den Sand, für die knapp 5 Minuten des Liedes passt alles zusammen. Mein Kopf wird leer. Ein neues Mantra ist gefunden: And tell me nothing's wrong, nothing's wrong, nothing's wrong today.

Donnerstag, 9. September 2010

Vermischtes

Wahrscheinlich war es noch gar keinem aufgefallen, aber im August habe ich es tatsächlich geschafft, so viele Einträge zu machen, dass die Zahl der Beiträge plötzlich genau der Zahl der Kalenderwochen entsprach. Das hat Stil, das finde ich gut. Dumm nur, dass ich mich nun in KW 36 extrem uninspiriert fühle. Ich sehe mich also gezwungen, einfach irgendetwas zu schreiben, nur um das SYSTEM nicht zu stören und um die Katastrophe abzuwenden. Irgendetwas. Wie lange gab´s jetzt keine Coupland-Quotes mehr? Und übers Joggen schrieb ich auch erst neulich, was? Wie sieht´s mit dem Wetter aus? Meistens ein dankbares Thema, derzeit aber einfach zu… buahhhhhh!!!!! Fußball! Nein nein, in WM- und EM-Jahren fühlt sich ja immer jeder Depp bemüßigt, Fußball gut zu finden, da will ich nicht mitmachen. Über die Liebe traue ich mich auch nicht mehr zu schreiben, wir verstehen uns nicht so richtig, wahrscheinlich ist das auch noch meine Schuld, vielleicht bin ich zu unsensibel?

Was bleibt also unterm Strich? Oh ja! Ich habe neue Turnschuhe! Samba – das nenne ich wahre Treue zu einem Schuh!

Erwarten Sie bitte keine große Literatur von mir – selbst wenn ich keine Fehler habe, so bin ich doch auch nur ein Mensch. Wirklich!

Mittwoch, 1. September 2010

Something filled up my heart with nothing.

Zur Zeit scheint es immer nur noch zu regnen. Der Sommer ist vorbei, ehe er richtig angefangen hat. Gestern war ich sogar schon in meiner Herbstkleidung laufen, konnte aber immerhin erleichtert feststellen, dass die Spree noch nicht zugefroren ist. Tatsächlich musste ich auf halber Strecke sogar die Jacke ausziehen. Ich kann es ja nun auch zugeben: Ich habe schreckliche Angst vor dem Winter! Erst im Juni waren die Gehwege eisfrei, erst Ende Juli die Seele, und nun soll man sich also fast schon wieder darauf einstellen, dass die T-Shirt-Zeit zu Ende ist? Mich überkommt ein unbestimmtes Gefühl der Panik, während schon wieder taubeneigroße Regentropfen gegen das Bürofenster prasseln. Man lässt den Kopf ein wenig hängen, verzettelt sich, verliert Spiele, bei denen man ursprünglich gar nicht mitmachen wollte. Ist das jetzt das Alter? Oder einfach nur Melancholie? Ein Vorgriff auf die Winterdepression? Ich frage mich manchmal, wo die Leichtigkeit sich versteckt, warte an Bushaltestellen, im Park, an Straßenkreuzungen, in der Küche und im Treppenhaus auf sie, um sie zur Rede zu stellen. Bisher erfolglos.

Die Herbstzeitlose sieht übrigens (zumindest in meinen Augen) fast genauso aus wie der Krokus. Wenn das nicht wieder eines dieser frechen Verwirrspiele der Natur ist, weiß ich auch nicht.

Dienstag, 24. August 2010

Beim Stöbern in meinen alten Aufzeichnungen...

...bin ich heute Abend auf eine Reihe sehr interessanter Dinge gestoßen. Ein paar Zitate aus Werken von Hermann Hesse waren dabei, die mir scheinbar einst recht viel bedeuteten, waren sie doch in Schönschrift auf besserem Papier niedergeschrieben worden. So absurd das klingen mag, aber er ist und bleibt eine Konstante für mich - genau wie es mich immer beruhigt, wenn die Bundesliga wieder losgeht, oder es hilft, zu wissen, dass Kings of Convenience - komme, was wolle - beim Einschlafen helfen.

"Die Naturen von deiner Art, die mit den starken und zarten Sinnen, die Beseelten, die Träumer, Dichter, Liebenden, sind uns andern, uns Geistmenschen, beinahe immer überlegen. Eure Herkunft ist eine mütterliche. Ihr lebet im Vollen, euch ist die Kraft der Liebe und des Erlebenkönnens gegeben. Wir Geistigen, obwohl wir euch andere häufig zu leiten und zu regieren scheinen, leben nicht im Vollen, wir leben in der Dürre. Euch gehört die Fülle des Lebens, euch der Saft der Früchte, euch der Garten der Liebe, das schöne Land der Kunst. Eure Heimat ist die Erde, unsere die Idee. Eure Gefahr ist das Ertrinken in der Sinnenwelt, unsere das Ersticken im luftleeren Raum. Du bis Künstler, ich bin Denker."

Aus: Hermann Hesse - Narziß und Goldmund, Suhrkamp Taschenbuch 274 – 2. Auflage 1975, S 49

Übrigens haben Embrace sicherlich eine Reihe sehr mittelmäßiger Alben herausgebracht, aber das Best Of "Fireworks" kann man sich ruhig hin und wieder anhören.

Freitag, 20. August 2010

Ein Kaffeegetränk mit der Morgenstunde.

Der Wecker klingelt. Ich mache ihn aus. Ich drehe mich noch einmal um. Ich seufze. Ich stehe auf. Ich schlurfe in die Küche. Es sind die immer gleichen Abläufe, die es mir möglich machen, morgens meine Würde zu bewahren. Einstudierte Abläufe: Zwei Toast. Eine Tasse Kaffee. Eine Tasse Tee. Musik an. Ich sollte das bei Gelegenheit mal mit verbundenen Augen versuchen. Ich bin mir sicher, ich würde das hinbekommen. Mit dem Kaffee in der Hand trete ich auf den Balkon. Letzter Schultag vor den Ferien! Und da sitzt sie, lächelt mich an, frisch und munter: Die Morgenstunde.

M. (voller Elan): Guten Morgen! Du siehst trotz allem fantastisch aus!
U.: Oh, ich bin geschmeichelt, und kann das Kompliment nur zurückgeben. Wobei, warum "trotz allem"?
M.: Du weißt schon, denk in Zukunft immer dran, auch ab und an zu essen. Willst Du nicht fragen, was ich hier mache?
U.: (mit einem Schulterzucken): Erm… Nein.
M.: Ach komm schon!
U.: Gut. Was machst Du hier, oh holde Morgenstunde?
M. (mit einem breiten Lächeln): Ich wollte Dich noch einmal sehen, ehe Du mich verlässt.
U.: Stimmt! Wie nett, dass Du an mich gedacht hast.
M.: Aber immer doch! Weißt Du, ich mag Dich irgendwie, Du bist so leger abgefuckt.
U.: Huh?
M. (zwinkert mir zu): …und merkst es noch nicht mal!

Wir lachen beide. Mein Lachen geht gegen Ende hin in ein Husten über.

M.: Harte Woche, was?
U.: Naja, "hart" ist nicht das richtige Wort. Interessant schon eher.
M.: Wie Phoenix schon sangen...
U.: Lass mich raten! "I know there's much more dignity in defeat than in the brightest victory"?
M.: Ach, wundervolle Popmusik!
U.: Das sag ich Dir. Weißt Du, diese ganzen Wettkämpfe…
M.: …sprich doch bitte zu mir nicht über den Tod, das kannst Du mit dem Sonnenuntergang oder dem Abendstern tun.
U.: Den Tod? Deine Ignoranz….
M.: …ich weiß, die wird mir nochmal böse auf die Füße fallen.
U.: Naja, macht nix, niemand ist perfekt
M.: Ich mag es, dass Du altersmilde wirst.
U.: Keine Vertraulichkeiten bitte! Bis übernächste Woche also?
M.: Du fehlst mir jetzt schon. Pass auf Dich auf.

Mittwoch, 18. August 2010

Joggen mit der Restmoral.

Die Sonne blendet mich ein wenig, und ich muss aufgrund der Schönheit der Szenerie tief durchatmen, damit es mir den Brustkorb nicht sprengt. Ich begebe mich auf meine geliebte Joggrunde im Treptower Park. Früher als sonst spüre ich das Ziehen im rechten Knie, zudem scheint der exzessive Sommer seinen Tribut zollen zu wollen. Nach etwa 7 km überkommt mich ein ziemlicher Brechreiz, ein dicklicher Läufer im FC Barcelona Trikot tut sein Übriges, und ich setze mich erstmal auf eine Bank an der Spree, als plötzlich ein kleiner Rest Moral neben mir sitzt.

RM.: Na… um Deine Fitness stand es aber auch schon mal rosiger.
U. (schnaufe): Na… Du warst aber auch schon mal größer und einflussreicher.
RM.: Ok, unentschieden. Vorerst.
U. (erstaunt): Ist das ein Wettkampf?
RM.: Was denkst Du denn?
U. (säuerlich): Ich will einfach mal in Ruhe hier sitzen und versuchen, mich nicht zu übergeben. Aber nein, kaum macht man es sich bequem, setzt sich irgendein Besserwisser neben einen….
RM.: Wo wir gerade dabei sind: An Deiner Laufhaltung könntest Du auch arbeiten.
U. (RM nachahmend): An Deiner Konsequenz könntest Du auch arbeiten.
RM.: Das führt heute alles zu nichts mit Dir. Hast Du schon gehört, dass Özil zu Real Madrid wechselt?
U.: Oh.
RM.: Ich dachte, Du würdest Dich darüber freuen.
U. (nachdenklich): Hm. Ich weiß nicht recht, was ich sagen soll.
RM.: Aber Real ist doch DEIN Verein.
U.: Ja… Aber in Bremen ist es doch so schön, dort hatte er es doch so gut.
RM.: Willst Du die Champions League gewinnen, oder den Fairplay-Pokal?
U.: Hm… Ich weiß nicht recht? Was würdest Du denn wollen?
RM. (legt den Kopf schief, schaut mich aus zusammengekniffenen Augen prüfend an): Was hat Dich bloß so ruiniert?
U. (aufbrausend): Na hör mal! Dass das von DIR, der Moral kommt, erstaunt mich schon! Gerade DU müsstest doch den Fairplay-Pokal wollen! Was ist hier eigentlich los?
RM. (beschwichtigend): Ich weiß nicht, warum Du Dich so aufregst. Man hat sich eben größtenteils von mir verabschiedet, ich versuche nur, neue Betätigungsfelder zu finden. Das fängt damit an, dass ich die Ewig-Gestrigen, wie Dich, aufrüttele.
U.: Ach komm schon, jetzt sag nur noch, dass Du mir einen Gefallen tust!
RM.: Natürlich! Wieso solltest Du Dich um ein konsequentes und in sich kohärentes Leben bemühen, wenn alle anderen eh machen was sie wollen?
U. (mich ereifernd): Was ist mit Fairness und Gerechtigkeit?
RM. (resigniert seufzend): Du bist ein hartes Stück Arbeit, weißt Du das? Und ich frage Dich noch einmal, vielleicht verstehst Du es ja wirklich nur so: Champions League oder Fairplay-Pokal?
U.(ungeduldig): Jaja, aber hör doch mal auf mit dem Unsinn, sollte man nicht wenigstens versuchen, seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden?
RM. (mit einem nachgiebigen Lächeln): Ich hab's, Süße! Deine Werkseinstellung ist schuld, Du bist ein auslaufendes Modell, das noch auf dumm-fair läuft, das ist alles andere als zeitgemäß!
U.: Aber das ist doch irgendwie auch nett und sympathisch old-school, oder?

Dir Restmoral küsst mich auf die Stirn und sagt mir, ich solle das mit dem Knie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich stehe seufzend auf, und laufe weiter, mindestens 3 Kilometer müssen noch sein. An einem zugewachsenen Stück des Weges gewähre ich 2 Walkerinnen den Vortritt. Als ich hinter ihnen bin, schlägt mir ein Zweig ins Gesicht. Na prima! Ist es zu spät, sich um ein Upgrade zu bemühen?

Montag, 16. August 2010

Auf einen frischen Pfefferminztee mit der Sonntagsmelancholie.

Ich schleppe die schwere Tüte vom Einkauf die Treppen zu meiner Wohnung hinauf. Mir wird wieder klar, warum ich eigentlich nie Absatzschuhe trage. Das Erste, was ich beim in-den-Flur-kommen sehe, ist mein eigenes Gesicht im Spiegel. Ich seufze, dieser verdammte Regen hat dafür gesorgt, dass meine Haar aussehen, als seien sie explodiert. Das Nächste, was ich sehe, ist die Sonntagsmelancholie, die auf meinem Sofa herumlümmelt, und Tee in Tassen gießt.

S. (mit einem Lächeln): Du kommst gerade rechtzeitig, der Tee ist fertig!
U.: Ausgezeichnet. Ist da schon Zucker drin.
S.: Na klar. (theatralisch) Lass uns die Bitterkeit des Lebens wegsüßen.
U.: Moment mal. Ich fange langsam an, mich an Eure seltsamen Besuche zu gewöhnen, ja, wahrscheinlich würde ich Euch vermissen, wenn Ihr nicht mehr kämet…
S.: Oh, das ist lieb von Dir!
U.: …aber Du bist ja nun wirklich zu früh dran. Heute ist doch erst Samstag, oder bin ich in der Ringbahn eingeschlafen und 24 Stunden lang im Kreis gefahren?
S. (seufzt): Ach U., ich dachte Du seist weiter, und würdest nicht mehr auf diesen starren Einteilungen wie Wochentagen, Farben und Jahreszeiten beharren.
U.: Bei allem was recht ist, dabei handelt es sich doch wieder nur um Hippie-Kram, dafür bin selbst ich zu rational.
S.: Nun, Du wirst schon sehen, dass ich heute genau richtig hier bin!
U.: Soll das ne Drohung sein?
S.: Mitnichten! Nun zieh schon Jacke und Schuhe aus, und setz Dich hin!
U.: Darf ich Musik anmachen?
S.: Das ist Deine Wohnung.
U.: Wohl wahr! Warum ich überhaupt frage? (in mich hineinmurmelnd) …verdammte gute Erziehung.
S.: Das habe ich gehört!
U.: Verzeihung… Quatsch! Na und?
S. (schulterzuckend): Hm.

Ich lege mein derzeitiges Lieblingsalbum von La Buena Vida aus dem Jahr 1994 auf. Anschließend nehme ich einen Schluck Tee, und lasse meinen Oberkörper auf dem Sofa zur Seite umkippen, die Füße bleiben jedoch weiterhin auf dem Boden.

S.: Mach es Dir ruhig richtig bequem, wie wir schon feststellten, wohnst Du ja hier.
U. (gähnend und die Füße hochlegend): Kann aber sein, dass ich dann einschlafe.
S. (streicht mir über den Kopf): Das solltest Du in Anbetracht Deiner Augenringe sowieso.
U.: Ja, aber vielleicht erklärst Du mir vorher noch, was Du eigentlich hier machst.
S.: Keine Sorge, ich werde noch da sein, wenn Du wieder aufwachst.
U.: Das hatte ich befürchtet.

Freitag, 13. August 2010

Zusammenstoß im Treppenhaus mit Donnerstag.

Erstaunlicherweise ist Licht im Treppenhaus, als ich die Haustür aufschließe und die Stufen im Bauhaus hinaufstolpere. Zwischen 2. und 3. Stockwerk erlischt selbiges aber. Na toll. Mit einem Grummeln schiebe ich mich, den rechten Arm an der kalten Wand, nach oben, und stoße auf den Absatz zwischen beiden Etagen mit Donnerstag zusammen.

U.: Huch! Verdammt, hab ich mich erschreckt! Was machst Du denn hier?
D.: Ich hab mich gelangweilt, und dachte, ich besuche mal Deine Nachbarn. Wo kommst Du denn jetzt erst her?
U. (unwirsch): Von draußen. Meine Nachbarn schlafen um die Zeit eh, an Deiner Stelle hätte ich mir eine Alf-DVD eingelegt. Was ist hier eigentlich los, warum gammelt Ihr zur Zeit eigentlich so viel bei mir rum?
D. (seufzt): Du weißt offensichtlich nur sehr wenig über Deine Nachbarn. Und dass Du tatsächlich auf Alf und diesen ganzen anderen Scheiß aus den 90ern stehst, ist wirklich erstaunlich, fast schon enttäuschend.
U. (ungeduldig): Was ist denn daran erstaunlich? Ich bin ein Kind der 90er! Außerdem beantwortet das meine Frage nicht.
D.: Jaja, früher war alles besser und so. Da war auch das Bier billiger.
U.: Meine Rede. Viel schlimmer sind aber die Schnapspreise.
D. (plötzlich lebhaft, mich unterbrechend): …vor allem auf Konzerten! Hast Du Dir mal überlegt, Wodka in ZIP-Beutel zu füllen und Dir an den Körper zu binden und so reinzuschmuggeln?
U.: Wozu? Aus dem Alter bin ich außerdem raus.
D. (überlegener Unterton): Na gerade für diese komischen Festivals, auf die Du immer gehst, ist das doch DIE Idee. Das Zeug mischst Du dann mit Fanta et voilà.
U.: Ich wusste gar nicht, dass Du Französisch sprichst.
D.: Deine Spitzfindigkeiten kannst Du Dir sparen.
U.: Ja gut, ich denke mal drüber nach.
D.: Solltest Du.
U. (seufze):Ok, sind wir fertig? Kann ich ins Bett gehen.
D.: Ich dachte, Du lädst mich noch auf eine Kippe ein.
U.: Alle. Außerdem können wir hier im Treppenhaus nicht rauchen, das ist Weltkulturerbe!
D.: Verzeih! Du hast recht. Es wird eh Zeit. Sag Freitag schöne Grüße!
U.: Wa…???

Und schon ist er verschwunden, ich bleibe mit offenem Mund zurück. Immerhin haben sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, und ich bewege mich jetzt mit mehr Sicherheit zu meiner Wohnungstür. Ich schließe auf. Die Kühlschranktür ist offen, Freitag steht im Bad und schminkt sich die Augen.

U.: Emo ist out. Und stell die Musik leiser.

Mittwoch, 11. August 2010

Balkongespräch mit Dienstag.

Ich radle in Windeseile nach Hause, hole mir Apfelsaft aus dem Kühlschrank, durchquere meine Wohnung, schalte nebenher ein paar Lampen und die Musik an (Belle & Sebastian – Tigermilk, das war lange nicht), und trete auf den Balkon um die letzte Zigarette des Tages zu rauchen. Zu meiner Überraschung sitzt der Dienstag auf einem der Stühle und schaut mich fast erleichtert an.

Dienstag – in der Folge D.: Oh, ich dachte schon, wir würden uns verpassen. Ne halbe Stunde später, und wir hätten uns nicht mehr unterhalten können.
Ich – in der Folge U. (mit Blick auf die Uhr, einen der anderen Stühle besetzend): Stimmt, war denkbar knapp. Was machst Du überhaupt hier, hast Du nichts besseres zu tun?
D. (seufzt): Sag Du´s mir!
U.: Nun, Russland brennt ab, Pakistan ertrinkt, irgendwo wird bestimmt gerade ne Galerie eröffnet und bei McDonalds gibt´s den Cheeseburger für 1€, ich denke, Du hättest was zu tun finden können.
D.: Wenn Du so willst, sicher, aber ich mag die Ruhe auf Deinem Balkon, außerdem hast Du neuerdings so was Ausgeglichenes.

In dem Moment fährt die M2 ratternd die Prenzlauer Allee entlang.

U. (eine Augenbraue hochziehend): Ach ja, die Ruhe, fast hätte ich sie nicht erkannt. Genau wie diese Ausgeglichenheit, von der Du sprichst, das täuscht, aber trotzdem danke.
D.: Wie fandest Du mich heute?
U.: Hm. Schwer zu sagen. Du hättest besser starten können, dass man gegen halb 7 angefangen hat, unter meinem Schlafzimmerfenster den Rasen zu mähen und ich nicht frei hatte, war hart, aber schließlich hast Du Dich schon noch ganz ordentlich ins Zeug gelegt. Ich sag mal ne 2-, ist das ok?
D.: Hm, akzeptabel. Sag mal, wenn Du so vor Dich hinschreibst, findest Du nicht, dass das alles zu autobiographisch ist.
U.: Tiefschlag, mein Lieber, damit wird´s jetzt ne 3+ aber ok, ich lese gerade Kurzgeschichten von Boyd, und in der Einleitung sagt er, dass junge Autoren gern erstmal autobiographisch schreiben, es sei denn, sie sind wirklich brillant.
D.: Was sagt uns das über Dich? Brillant bist Du bestimmt nicht, aber so richtig jung auch nicht mehr.
U.: Bist Du nachtragend oder einfach generell feindselig? Ich dachte, Du wolltest mir etwas erzählen.
D.: Verzeih, als Dienstag steht man einfach enorm unter Druck. Ich fand die Geschichte mit dem Loslassen und dem Tod neulich gut.
U.: Was fandest Du denn daran gut, das war doch alles Hippie-Scheiß!
D.: Vielleicht, aber es machte Dich plötzlich so weich, als hätte man Dich ausschließlich in Pastellfarben gemalt.
U.: Wie lange haben wir eigentlich noch?
D.: Mist, in nichtmal 5 Minuten bin ich Geschichte. Mach´s gut.
U.: Ja, viel Glück! Und so.

Ich gehe kopfschüttelnd nach drinnen, wasche mir das Gesicht, und als ich zähneputzend zurück ins Wohnzimmer komme, sitzt der Mittwoch auf dem Sofa, schaut mich herausfordernd an und….

M: Wenn Du vorhast, mit mir zu reden, musst Du auf jedem Fall die Zahnbürste aus dem Mund nehmen, außerdem kleckerst Du alles voll!

Hat man denn nie seine Ruhe?

Freitag, 6. August 2010

We can be heroes, just for one day.

Eine meiner tiefergehenden Ängste ist, dass ich irgendwann durch einen Schuss in den Rücken verletzt oder sogar getötet werde. Natürlich ist das absurd, wie soll ein bürgerlicher Kontrollfreak wie ich, der noch dazu einem langweiligen, bedeutungslosen Bürojob nachgeht und in einem ruhigen Viertel wohnt, in eine derartige Lage geraten? Man weiß es nicht, jedenfalls rechne ich in den alltäglichsten Situationen immer mit dem Schlimmsten, nämlich einem plötzlichen stechenden Schmerz in Rücken und Brust (die Kugel wird aus solcher Nähe abgefeuert, dass sie natürlich meinen Körper durchquert), schließlich die Wunde, aus der Blut sickert, das ich, indem ich beide Hände dagegen drücke, aufzuhalten versuche, was aber nicht ausreicht, woraufhin ich mit gequältem Blick und einem stummen Schrei auf den Lippen zusammenbreche etc. Man kennt das ja aus dem Fernsehen, hat die Bilder vor Augen. Wie komme ich nur darauf? Es ist ja nicht so, dass es Spaß machen würde, bei meinen Spaziergängen jeden dritten Passanten, der auf einer Bank sitzt, als zwielichtig einzustufen, zu verkrampfen, und zu hoffen, dass das letzte Stündlein noch nicht geschlagen hat. Nein, nicht jetzt, nicht hier auf diesem dreckigen Fußweg in Moabit, nicht heute, an diesem belanglosen Mittwoch, dessen Höhepunkt eine kalte Apfelsaftschorle gegen 11:15 war, nein, bitte nicht, ich hatte doch noch so viel vor mit meinem Leben. Was genau? Keine Ahnung, aber auf jeden Fall... eine Menge!

Wenn ich mir eine Superheldenkraft aussuchen könnte, dann wäre das somit vielleicht zwangsläufig die Gabe der Vorhersehung, um den Kugeln im Fall der Fälle ausweichen zu können. Andererseits wäre eine solche Fähigkeit sicherlich irgendwie auch lästig, man hätte ja den ganzen Tag damit zu tun, schreckliche Ereignisse abzuwenden. Dann doch lieber Gedankenlesen, wobei es einem unter Umständen den letzten Rest Selbstbewusstsein raubt, wenn man wüsste, was die Anderen wirklich über einen denken, noch dazu müsste man den ganzen Blödsinn, der in den Köpfen Umstehender vorgeht ertragen, nein nein! Was also? Durch Wände gehen? Unsichtbar sein oder fliegen, Laserstrahlen aus den Augen abfeuern können? Eine scheinbar kindische Frage, die gar nicht so leicht zu beantworten ist. Falls ich am Wochenende neben meiner neuen Leidenschaft (der Gitarre natürlich!) dazu komme, werde ich in mich gehen und darüber nachdenken. Und dann heißt es wieder, ich würde den großen Fragen ausweichen, und mich mit Unsinn beschäftigen, pffffff!!!!!

Schönes Wochenende Euch, Prinzen und Prinzessinnen!

Mittwoch, 4. August 2010

Sommerloch?

Welt, atme auf, ich habe mir eine Gitarre zugelegt! Während unseres Tagesausfluges nach Brighton (siehe 2 Einträge weiter unten) hielt ich auf einem Flohmarkt (nacheinander, nicht gleichzeitig) mehrere Gitarren in den Händen, was sich einfach großartig anfühlte. Wenn ich meinen lieben Eltern eine Sache übel nehme, dann dass sie mich als Kind nicht gezwungen haben, ein Instrument zu erlernen. Kann sein, dass es dazu jetzt recht spät ist, erst neulich sagte mir ein Auskenner, mein Alter spräche eher gegen mich, aber ich will mich nicht entmutigen lassen, also haben Jördis und ich uns vorgenommen, uns an Weihnachten jeweils ein Lied auf der Gitarre vorzuspielen. Zu allem Überfluss werden wir uns sicher selbst auch noch singend begleiten – nur gut, dass man an den Feiertagen generell ein wenig nachsichtiger und / oder eh ständig betrunken ist. Jördis wird ein Lied von Hefner vortragen (welches habe ich im Zuge eines sonntäglichen Ausfluges in den Pfeffi leider vergessen), ich habe mir "Music when the lights go out" von den Libertines (wird meine Peter Doherty Verehrung eigentlich langsam wunderlich?) ausgesucht, wobei ich noch lernen muss, parallel zu rauchen und zu spielen (und zu singen!), was als verschärfte Schwierigkeit angesehen werden kann.

Ganz generell hatte ich kürzlich übrigens festgestellt, dass ich es in letzter Zeit hier ein wenig an neuen Konzepten und Schnapsideen mangeln lasse – man könnte fast meinen, ich sei seriös geworden. Mitnichten! Man kommt halt einfach zu nichts, grad im Sommer! Gestern dachte ich zwischen Tür und Angel darüber nach, dass ich mich seit Ewigkeiten nur noch von Fertiggerichten ernähre, oder direkt außer Haus esse. Ich hatte mir das Leben, in dem nur noch Zeit für Fast Food bleibt, irgendwie glitzernder vorgestellt. Das ist wie damals, als ich eines Freitagnachts in einer Wohnung im nordspanischen Nichts dem traurigen Schauspiel beiwohnen musste, wie Menschen in Pyjamas und Plüschhausschuhen mit lustigen Tiergesichtern Kokain konsumierten. Ab da hatte alles, was "zur Nase reingeht" jeden Glamour für mich verloren. Das hat aber sicher auch sein Gutes, denn nur so konnte ich es klaren Kopfes bis zur Gitarre a.k.a. meiner neuen fixen Idee schaffen.

Et voilà: Bogen gespannt – Eintrag zu Ende!

Samstag, 24. Juli 2010

Es regnet und wieder nichts getan.

Ich fahre den alten Audi A4 meines Bruders durch die verregnete Freitagnacht. Man könnte meinen, dass es im Grunde nichts zur Sache tut, um welches Fahrzeugmodell es sich handelt, aber das tut es sehr wohl, denn der A4 ist um ein Vielfaches schwerer als mein kleiner, hässlicher Mazda, so dass sich das Fahren nicht nur aufgrund der Witterungsverhältnisse schwieriger gestaltet als unter normalen Umständen. Ich habe Erik gerade bei Freunden abgeliefert, und fahre durch eines dieser ostdeutschen Dörfer, in denen man von Haus zu Haus gehen will, um den Menschen mitzuteilen, dass der Krieg zu Ende ist. Ich bin hunderte Male mit dem Bus durch diesen Ort gefahren, und zwar, als ich noch Buskind war, und nach Eisenberg aufs Gymnasium ging. Es legt sich mir wieder eine gewisse Schwere in die Nähe des Herzens, die ich versuche abzuschütteln, als ich fast einen - man kann es nicht richtig erkennen - Dachs, Fuchs oder Waschbären (heutzutage muss man auf diesen Landstraßen wirklich mit jedem seltsamen Vieh rechnen, wundert mich, dass man noch keine Wölfe in Thüringen gesichtet hat, aber wahrscheinlich sind die alle in Brandenburg) überfahre, und an die Zeichentrickserie "Als die Tiere den Wald verließen" denken muss, was mich kurz zum Lachen bringt. Wobei es sich natürlich um eine nicht ganz tragikfreie Sendung handelte, ich erinnere mich mit Schrecken an die Folge, in der das sympathische Igelpärchen überfahren wird.

Noch 2km bis zu dem Platz, den ich einst "zu Hause" nannte, wobei ich das manchmal immer noch tue. Vielleicht ist dieses Coupland-Lesen auf Dauer nicht förderlich für meine geistige Gesundheit und Ausgeglichenheit, ich frage mich nämlich, welchen Unterschied es eigentlich machen würde, wenn man nicht ständig über "das Leben" und den Sinn desselben nachdenken würde. Wahrscheinlich gar keinen. Am Ende wird jedenfalls gestorben, und wenn das in der Nähe geschieht, haut es einen dann doch regelmässig um.

In diesem Sinne:

"Time ticks by; we grow older. Before we know it, too much time has passed and we've missed the chance to have had other people hurt us. To a younger me this sounded like luck; to an older me this sounds like a quiet tragedy."

- Douglas Coupland, Life After God

Donnerstag, 15. Juli 2010

Down in Albion.

Manchmal kommt man in eine Stadt, in der man ein Stück von sich selbst wiederfindet. Schon vor der eigentlichen Ankunft weiß man, dass man diesen Ort mögen wird: Ein Tagesausflug nach Brighton.
Mein zweites (besseres) Ich M. und ich besteigen am Dienstagvormittag in Victoria Station den Zug in Richtung Süden. Nach nur einer Stunde Fahrt, die mit lautem Geschnatter beginnt, welches dann durch das Geruckel der Waggons in dösiges Tagträumen umkippt, kommen wir in Brighton an. M. sagt mit unglaublicher Präzesion das Wetter voraus - die ursprüngliche Idee, Meterologie zu studieren, war vielleicht doch nicht ganz so unsinnig, immerhin scheint Sie über ein natürliches Talent zu verfügen, oder sie besitzt sogar die Gabe der Vorhersehung. Brighton ist ein liebliches Städtchen, in dem man wohl soetwas wie Vergangenheit atmet, im Vergleich zu London geschieht zumindest alles in Zeitlupe. Der Glanz längst vergangener, besserer Tage scheint irgendwie abzublättern, und heute prügeln sich wohl auch eher selten Mods mit Rockern in den Straßen. Gegenüber des Brighton Pier kann man für nur 30 Pfund im Hotel Albion übernachten, ich halte nach Pete Doherty Ausschau, kann ihn aber nirgends sehen - auch nicht auf einem der Karusells aus dem vorletzten Jahrhundert oder im Pub des Albion, wo ich ihn noch am ehesten vermutet hätte. Nach einem kurzen Schauer, den wir mit Fish & Chips überbrücken, wird der Nachmittag am Strand sonnig und cider. Wir blicken aufs Meer mit dem abgebrannten, alten Pier, welches ein Gefühl der Wehmut ob der Macht aller Vergänglichkeit in uns auslöst, hinaus. Seufzen. Über uns kreischen die Möwen, wenige Meter entfernt braust die Nordsee, in die sich unverzagte Briten ohne jede Scheu hineinwagen, während ich froh über meine Kapuzenjacke und die geschlossenen Schuhe bin. Glück. Ein Steinstrand hat eine Menge Vorteile, besonders, wenn man leere Plastikbecher zur Verfügung hat. Lachen. Die Zeit vergeht wie im Flug, und irgendwann müssen wir dann doch aufbrechen und in die Gegenwart zurückreisen.
Ein Tag am Meer mit einer Seelenverwandten. Es kann so einfach sein.

Freitag, 9. Juli 2010

Sometimes the sky's too bright.

Es ist also Mittwoch, genau genommen Donnerstag, denn schließlich ist es 1 Uhr nachts. Ich bleibe trotzdem bei Mittwoch – der Tag ist nämlich immer erst dann zu Ende, wenn man sich schlafen legt (genauso wie das erste Essen, das man zu sich nimmt, immer "Frühstück" heißt.) Aus diesem Grund gibt es ja auch Tage, die 36 Stunden lang sind, und andere, die es nur auf wenige Stunden bringen. Damit wäre bewiesen: Zeit ist relativ. Hätte man alles einfacher haben können, würde eventuell jetzt aber auch zu weit führen, hier noch intensiver ins Detail zu gehen. Mittwochnacht also, und man sitzt bei lauen Temperaturen auf einem sehr großen Klettergerüst in Mitte und feiert Geburtstag. Zuvor hat man, auch aber nicht ausschließlich bedingt durch frustrierende (Fußball-)Umstände, unvorsichtigerweise durcheinandergetrunken und im Anschluss wird man sich im Jahn-Sportpark mit dem Rad verfahren, nur um noch später (vielleicht auch schon währenddessen) gleichzeitig die bezauberndste als auch verabscheuungswürdigste Version seiner selbst zu sein. Gut und Böse liegen gar nicht so weit auseinander.

Als ich noch (sehr viel) jünger war, dachte ich immer, Zucker sei das Gegenteil von Salz. Dann sah ich meine Mutter einen Salat mit Zucker UND Salz würzen, und musste die vorherige Annahme revidieren – so absurd mir das erschien, in der Küche täuscht sich die Mutti selten. Etwas später, und über einen langen Zeitraum hinweg, ging ich fest davon aus, Liebe sei das Gegenteil von Hass. Irgendwann wurde mir dann aber bewusst, dass das Gegenteil von Liebe Gleichgültigkeit sein muss, denn wo noch Gefühle sind, und seien es nur Negative, da gibt es einen winzigen Schimmer Hoffnung, aber wenn nichts mehr da ist, kann man eigentlich auch das Licht ausmachen.

Apropos "das Licht ausmachen" (und so wird doch wieder ein Schuh draus, es ist ganz und gar unfassbar, wie gut ich das kann…): Aus aktuellem Anlass beschäftige ich mich derzeit ein wenig mit Autoren, die einen (übermäßigen?) Hang zum Alkohol hatten. Vor Monaten sah ich dazu auch eine hochinteressante Reportage auf 3Sat. Nichts gegen Faulkner, Bukowski, Kerouac, Capote und wie sie alle heißen, ich glaube, am meisten mag ich Dylan Thomas (sehr beeindruckend auch S., dass Du sofort Bescheid wusstest, wo ich nur vage Angaben, wie "er trank viel und war Waliser" machen konnte), diese ganz gezielte Selbstzerstörung ist einfach faszinierend! Jedenfalls, und bevor ich jetzt gleich in den Urlaub entschwinde, noch Folgendes:

SOMETIMES THE SKY'S TOO BRIGHT

Sometimes the sky's too bright,
Or has too many clouds or birds,
And far away's too sharp a sun
To nourish thinking of him.
Why is my hand too blunt
To cut in front of me
My horrid images for me,
Of over-fruitful smiles,
The weightless touching of the lip
I wish to know
I cannot lift, but can,
The creature with the angel's face
Who tells me hurt,
And sees my body go
Down into misery?
No stopping. Put the smile
Where tears have come to dry.
The angel's hurt is left;
His telling burns.

Sometimes a woman's heart has salt,
Or too much blood;
I tear her breast,
And see the blood is mine,
Flowing from her, but mine,
And then I think
Perhaps the sky's too bright;
And watch my hand,
But do not follow it,
And feel the pain it gives,
But do not ache.

Freitag, 25. Juni 2010

Happiness is a warm gun.

Ich sitze an meinem Schreibtisch und zähle innerlich von 10 bis 1 runter, um benennen zu können, wann genau mein Kopf auf die Tastatur fallen wird. Ich bin bei 2 ½ angekommen, als mein Vorgesetzter mein Büro betritt, mich leicht verwundert anschaut, und sich schließlich nach irgendwelchen Zahlen erkundigt. Er sieht mich meistens verwundert an, wahrscheinlich fragt er sich, wie sich mein Name immer noch monatlich in die Lohnabrechnung mogelt, oder warum er mir eigentlich nie gesagt hat, dass die Ausdehnung des Casual Friday auf die ganze Woche eine sehr eigenmächtige Entscheidung von mir war. Ich tue geschäftig, drehe mich auf meinem Stuhl Richtung Tür, schließe währenddessen mit einem Klick Facebook und mit einem leicht hysterischen Blick und einem schiefen Grinsen bestätige ich ihm, dass "wir das heute vor COB auf jeden Fall schaffen." Dass ich sage "wir" und "COB" scheint ihn misstrauisch zu machen. Er ist sehr scharfsinnig, ich mag ihn und selbstverständlich zweifelt er nicht grundlos an meiner Zurechnungsfähigkeit. Weil ich unterhaltsam bin, scheint er mich trotz allem aber auch irgendwie zu mögen, zumindest kann ich mir meinen Verbleib im Unternehmen nicht anders erklären. Wir sprechen kurz über die Zahlen, nur um dann (wie meistens) vom Thema abzukommen, und das politische und sportliche Tagesgeschehen zu kommentieren, neuerdings natürlich häufiger Letzteres. Warum die Europäer bei der WM erstaunlich schlecht spielen, kann ich ihm leichter und anschaulicher erklären, als meine Meinung zum letzten Forecast. Zu seiner Freude gebe ich ein paar Absurditäten und Albernheiten von mir, die er wie immer souverän pariert (wir wissen eben beide, was das Publikum erwartet), bis er mich plötzlich ernst ansieht und fragt, ob denn bei mir eigentlich alles in Ordnung sei. Ich komme mir vor wie in der 9. Klasse, verkneife mir nur mühsam ein trotziges "Warum?" und murmle stattdessen irgendetwas von Heuschnupfen, Sonnenallergie und Medikamenten. Er scheint nicht wirklich überzeugt, hat aber Wichtigeres zu tun, und gibt sich mit dieser Antwort zufrieden, um dann wieder zu verschwinden, und zwar – so viel muss man sagen – auf eine Art und Weise, die besonders in Anbetracht seiner Größe, erstaunlich ätherisch auf mich wirkt. Ich bleibe kopfschüttelnd zurück, drehe mich 2-3 mal mit dem Bürostuhl um die eigene Achse, balanciere den Kugelschreiber auf der Nase und überlege, ob bei mir eigentlich alles in Ordnung ist. Das ist tatsächlich eine Frage, die man sich viel zu selten stellt, und wer mich in dem Moment sehen könnte, würde sicherlich ein klares Nein hervorbringen. Aber dann trifft mich die Erkenntnis quasi unvorbereitet und mit voller Wucht mitten zwischen die Augen: Abgesehen davon, dass ich gerade auseinanderfalle, bin ich wirklich glücklich. Unfassbar ist das nicht, die Gründe liegen klar auf der Hand, aber die Frage war trotzdem berechtigt, denn ich befürchtet, Quatsch!, ich WEISS, dass das Glück nicht der normale Zustand ist. Fazit? Lächeln! Auch dann, wenn kein Foto gemacht wird!

PD: Para mis fans de nacionalidad espanyola: No prometo nada, pero a lo mejor algún día vuelva a escribir en castellano. Hasta entonces: Aprender alemán! :-D

Montag, 7. Juni 2010

An ending fitting for the start.

Ich stelle mir das so vor: Wenn ich eines Tages in den Himmel komme (was – wenn ich weiter so mache – definitiv passieren wird), dann glaube ich, dass die Engel genauso singen wie Peter Doherty, bei Albion oder For Lovers. Wirklich!

Den vergangenen Samstag und Sonntag verbrachte ich in Madrid. Ständig wurde ich von irgendwelchen Leuten der Nacht gefragt, ob ich denn die Stadt nicht ganz schrecklich vermisse. Ich fühle mich in Berlin ausgesprochen wohl und zu Hause, ja, ich gehe so weit zu sagen, dass ich so etwas wie glücklich bin! Aber in der Regel bringe ich auch derart viel Empathie auf, dass es mir oft fast unmöglich ist, die Erwartungen der Menschen, die mir wohlgesonnen sind, zu enttäuschen. Man sah mich also mit unschuldigen Augen an, und ich ersann folgende wunderbare Metapher: Madrid ist so etwas wie meine erste große Liebe. Wir waren 2 Jahre zusammen und trennten uns dann wegen der Unmöglichkeit unserer Verbindung unter Tränen, aber im Guten. Wir mögen uns immer noch sehr und sind einander in Innigkeit verbunden, aber wir haben uns auch beide weiterentwickelt. Wenn wir uns wiedersehen, dann ist das stets Anlass zu Freude und Nostalgie, einen Weg zurück gibt es hingegen nicht. Man ist sich seltsam vertraut und gleichzeitig irgendwie fremd, den Neuerungen, steht man aufgeschlossen und staunend gegenüber, jedoch nicht ohne innerlich ein bisschen zu hadern, und heimlich bei sich zu denken, dass die Vergangenheit trotzdem irgendwie besser war. Dann trinkt man gemeinsam ein wenig und gibt sich einen Moment lang der Illusion hin, dass alles wieder ist wie früher.

Am späten Samstagnachmittag habe ich noch etwas Zeit bis zum Abendessen, also mache ich bewusst einen Umweg, um an meiner alten Wohnung vorbeizugehen. Als ich in die Straße einbiege, die sich in leichtem Gefälle zwischen den Altbauchschluchten nördlich der Gran Vía hinab windet, schlägt mir das Herz bis zum Hals. Vor dem Portal, durch das ich in allen erdenklichen Gefühlszuständen hunderte von Malen gegangen bin, bleibe ich kurz stehen, und dann trifft es mich mitten ins Herz: Es sind wohl vor allem die Gerüche, vielleicht aber auch die Hitze, die Geräusche der Straße und Bars, die an mein Ohr dringen, das seltsame Licht der Abenddämmerung und die Tatsache, dass ich übernächtigt bin, die mich in den Sommer 2002 transportieren. Ich muss mich ganz kurz an der Hauswand anlehnen, rutsche mit dem Rücken zur Wand zu Boden und zünde mir eine Zigarette an. Tief durchatmen. Sammeln. Man kann wohl sagen, ich neige zu Sentimentalitäten.

Berlin ist so gesehen meine zweite große Liebe, und als sie mich gestern Nacht wieder verständnisvoll in ihre Arme schließt, mir über den Kopf streichelt und mir sagt, dass alles gut ist, da denke ich: 1.) Ich sollte dringend mal wieder 8 Stunden am Stück schlafen. 2.) "…und doch, welch Glück, geliebt zu werden. Und lieben, Götter, welch ein Glück!"

Dienstag, 1. Juni 2010

Some Friendly.


Zwischen Lleida und Zaragoza, irgendwo in der Nähe von Fraga, bedeutet mir T. zunächst die Geschwindigkeit zu drosseln und anschliessend rechts in einen staubigen Feldweg abzubiegen. Bis vor wenigen Minuten hatten alle Insassen des Wagens ausser mir noch scheinbar tief geschlafen, jetzt gibt T. die Einsatzbefehle, wo ich hinzufahren habe, S. kichert leise und P. sieht, ob der unerwarteten Pause, ähnlich verwundert aus wie ich. Wir halten und steigen aus. Es ist gegen 9 Uhr abends, die Sonne schickt sich an, unterzugehen, der Himmel beginnt sich in sämtlichen Rottönen zu färben. Es ist mild. Der Wind geht. Natürlich, schliesslich sind wir in Aragón. Ich bemerke die Erschöpfung im ganzen Körper, als wir gezwungen sind, ein paar Meter in Richtung eines Stalls zu laufen. Im Nachhinein werde ich nicht mehr wissen, womit die angrenzenden Hügel bepflanzt sind; ich nehme an mit Pfirsichen. T. und S. laufen plötzlich schneller, P. und ich folgen ihnen schulterzuckend. Letzteren habe ich vor etwa 3 Stunden kennengelernt, und wir sind beide froh über den Umstand, nicht mit diesen zwei scheinbar Irren allein zu sein. Wir sehen uns fragend an: "Was machen wir eigentlich hier im Nichts?"

Es handelt sich um einen nach vorn komplett offenen Stall, an den sich ein unerwartet grosses, von einer Mauer eingefasstes Areal anschliesst. Die Überraschung könnte grösser nicht sein: Besagter Offenstall wird von einem fast schmerzhaft schönen weissen Pferd, 2 Dromedaren und etwa 40 Eseln in verschiedensten Grössen und Farben bevölkert, die neugierig in unsere Richtung schauen. Esel sind meine liebsten Tiere und konsequenterweise gebe ich einen Laut freudiger Überraschung von mir, um im Anschluss zu strahlen. Hier sind wir nun also, zwei Welten prallen aufeinander. Auf der einen Seite 4 Stadtkinder, den Sand der Bareceloneta noch in den Schuhen, den Schweiss des Primavera Sound Festivals und des Razzmatazz in den Haaren, einen ausgewachsenen Kater in den Knochen, und jeder aus anderen Gründen mit einer Art Schmerz in der Nähe der Seele, und auf der anderen Seite haarige Vierbeiner, denen alles zuvor genannte aus guten Gründen völlig gleich ist. T. und S. waren schon mehrfach hier, und gehen ohne jede Scheu zur Mauer, um die näherkommenden Tiere zu streicheln. P. und ich zögern einen Moment, ehe wir es ihnen schliesslich gleichtun. Wir verweilen etwa eine halbe Stunden, und werden im Anschluss sagen, dass diese halbe Stunde vielleicht die schönste des ganzen (durchaus grossartigen) Festivals war, und zwar weil sie uns an einen Ort befördert hat, an dem wir alle eine Weile nicht waren, und weil sie uns mit einem Leuchten in den Augen zurücklässt, das aufrichtiger nicht sein könnte.

Im Anschluss, und wahrscheinlich bedingt durch besagte halbe Stunde, habe ich kurz das Gefühl, endlich meinen Frieden mit Spanien zu machen. Wir sind trotz aller Müdigkeit seltsam aufgekratzt und plappern alle durcheinander. Dazu hören wir Slow Music For Fast People, die Sonne geht über den Steinen der Monegros nur unsertwegen spektakulär und farbenprächtigst unter, und Schwärme von Vögeln steigen aus den vom Wind zerzausten Büschen auf, als würden sie dafür bezahlt. Fast ist es zu kitschig. Fast. Man ist zu selten bewusst glücklich, als dass man dem Glück verbieten könnte, hin und wieder klischeehaft und klebrig daherzukommen.

Donnerstag, 27. Mai 2010

Nur wenn ich lachen muss...

Wenn mir meine Mutter sagt, ich würde immer mehr wie mein Vater, quittiere ich das neuerdings mit einem Schulterzucken, einem Grinsen und der Aussage, dass sich das in meinen Ohren mehr wie ein Kompliment denn einer Beleidigung anhört.

Am Pfingstmontag regnet es in Strömen, als ich mit nassen Füssen und einem Regenschirm in der Hand neben meinem Vater einen Hügel in meinem Heimatort hinauflaufe. Ich fühle mich - wie immer am letzten Tag im Dorf - gleichzeitig erleichtert und schwermütig. Plötzlich trifft uns ein Sonnenstrahl, und ich sage, dass wir unter Umständen das Glück haben werden, einen Regenbogen zu sehen. Anschließend springe ich beherzt über ein Rinnsal aus Dreck, welches sich aus einer benachbarten Wiese kommend den Weg quer über die Straße bahnt. Mein Vater schaut mich von der Seite an, und sagt, ich solle mich nicht verwirren lassen, das sei kein Regenbogen, sondern Schlamm. Wir lachen. Es sind eben diese Momente...

Aus aktuellem Anlass, mal wieder ein Coupland. Ich sage immer, ich möge es überrascht zu werden.

"In periods of rapid personal change, we pass through life as though we are spellcast. We speak in sentences that end before finishing. We sleep heavily because we need to ask so many questions as we dream alone. We bump into others and feel bashful at recognizing souls so similar to ourselves."

Montag, 17. Mai 2010

Hätte-Wäre-Wenn

In der Samstagnacht / am Sonntagmorgen, kurz nach der Uhrzeit zwischen nichts und gar nichts, begegnete mir in der Ringbahn mal wieder die Realität, und zwar um mir ordentlich in mein müdes Gesicht zu spucken. Wenn einem etwas Unschönes passiert, hat man ja immer mehrere Möglichkeiten, was man daraus dann gedanklich macht, wichtiger als Ideen sind aber im ersten Moment wahrscheinlich eh Taten. Meine erste Amtshandlung war dann also, die Tränen des Selbstmitleides runterzuschlucken, und die notwendigen Anrufe bei Bank, Telefongesellschaft und Polizei zu tätigen. Anschließend legte ich mich ins Bett und starrte eine Zeitlang an die Decke. An Schlaf war nur bedingt zu denken, und so döste ich zunächst ein wenig vor mich hin und verbrachte schließlich den restlichen Sonntag grübelnd auf meinem Sofa. Der Reihe nach, und dem eigenen wirren System der Priorisierung folgend, puzzelte ich mein Leben wieder zusammen, wobei ein paar Stücke immer noch fehlen, und vielleicht auch nicht wieder zurückkommen werden. Andererseits waren das dann wahrscheinlich eh zu vernachlässigende Ersatzteile, wer weiß.

"Then you're trapped in your lovely nest, and the things you used to own, now they own you." – Fight Club. Mal wieder. Ich habe also ein paar Dinge verloren, aber vielleicht sollte ich das nicht so tragisch nehmen, schließlich wurde immerhin niemand verletzt und es handelt sich – abgesehen von meiner Würde – um lauter ersetzlichen Kram. Es gibt Menschen, die sagen, dass alles aus einem Grund geschieht. So weit würde ich nicht gehen, aber da in letzter Zeit öfter über Kant und den Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit gesprochen wurde, kann ich eventuell doch mehr aus dieser Sache machen, als ich zunächst gedacht hatte. Will ich selbstkritisch an das Geschehene rangehen, so muss ich mir eingestehen, dass ich sicherlich nicht allein schuld bin an dem, was da passiert ist (der, der jetzt mein Telefon hat, ist der Hauptschuldige, klar!), aber diese ganze Geschichte scheint fast symptomatisch für die letzten Monate zu sein. Was ich sagen will? Mein Leben ist eine Ansammlung von Baustellen, die alle mehr oder weniger vor sich hin rotten, und sicherlich ist es an der Zeit, ein wenig Naivität abzulegen und den Kopf doch mal wieder etwas öfter einzuschalten. Alternativ könnte ich mir aber auch einfach einen "Ausgeh-Geldbeutel" zulegen und jederzeit Pfefferspray mit mir führen. Hätte ich noch eine Münze, könnte ich die jetzt werfen. Schöner Mist!

Freitag, 7. Mai 2010

Happiness, more or less, it´s just a change in me, something in my liberty.

Heute Morgen wurde ich etwa eine halbe Stunde vor meiner eigentlichen Aufwachzeit durch einen Lärm geweckt, der mich denken ließ, in meiner Straße würde ein Schwein geschlachtet. Das konnte doch fast nicht sein. Zwar wohne ich außerhalb des S-Bahn-Rings, aber das muss ja nicht zwingend heißen, dass die Leute Bauernhöfe in ihren Vorgärten und auf ihren Balkons und Loggias unterhalten, schließlich ist es 2010 und wir sind hier auch nicht in Jena Lobeda! Also stand ich murrend auf, um der Ursache für dieses Geschrei auf den Grund zu gehen, und stellte fest, dass ein etwa vierjähriges Kind in bunter Regenjacke und Gummistiefeln als Sirene fungierte. Es wollte – wie sollte es anders sein – nicht in den Kindergarten gehen, sondern zu Hause bleiben, und schrie sich konsequenterweise die Seele aus dem Leib. Ich wollte auch zu Hause bleiben, zog mich dann aber ganz ohne Geschrei an, und machte mir einen Kaffee. Während ich den trank, dachte ich an meine wunderbare Nichte und meinen großartigen Neffen, mit denen ich neulich viel Zeit verbrachte und eine Menge faszinierender Dinge lernte, und zwar indem ich versuchte, die Welt so zu sehen, wie sie es tun. Wenn man noch sehr klein ist, dann liegen Glück und Unglück extrem nah beieinander und sind gänzlich unmittelbare Gefühle. Eis essen, Hund streicheln, Rutschen, Schaukeln, Steine ins Wasser werfen, Seifenblasen, Sandkästen und vor allem Mami und Papi sind großes Glück. Mittagsschlaf, Spinat, Regeln, Messer, Gabel, Schere, Licht, Kindergarten und besonders "Nein, das geht nicht!" sind großes Unglück. Das ist zwar im sogenannten Erwachsenendasein auch nicht viel anders, nur dass eben Wodka, Kippen und Knutschen irgendwie untergebracht werden müssen, aber Momente des Unglücks hängen einfach viel länger nach. Man kann also noch einiges von den Zwergen lernen. Und eins haben das Regenjackenkind und ich heute auf jeden Fall gemeinsam: Wir kommen nicht umhin, den Tag einem Ort zu verbringen, der uns nicht so richtig gefällt, aber Freitagnachmittag ist und bleibt großes Glück!

Montag, 3. Mai 2010

Hier regiert der FCU!

Gestern feierten wir mit Union Berlin den mathematischen Klassenerhalt, an dem wir zwar eh nicht gezweifelt hatten, aber es ist doch eine schöne Ausrede, wenn man am Sonntagabend nicht nach Hause gehen will: Nie mehr 3. Liga! Die Luft war geschwängert von Euphorie, Gesang, Bier- und Bratwurstduft, Gelächter und ja: Testosteron! Passend dazu wurde mir neulich eine ganz erstaunliche Sache bewusst: Tatsächlich beneide ich Männer nämlich so richtig nur um eins, und nein, es hat nichts mit der Menstruation zu tun, und Sex ohne Liebe ist auch keine Männerdomäne (mehr?), ha! Nach einer Reihe interessanter Studien sowohl am lebendend Objekt als auch anhand der modernen Medien und unterstützt durch den Umstand, dass ich 2 Brüder habe und seit jeher eine Menge platonischer männlicher Freundschaften pflege, ist mir deutlich geworden, dass Männern, wenn sie sich in Gruppen treffen, ganz andere Themen haben, als wir Frauen. Man muss sagen, dass Frauen in Gruppen ganz oft sehr schnell monothematisch werden, und zwar geht es in den meisten Gesprächen um Männer, dabei aber nicht hauptsächlich um "Ts, auf 3 Uhr, hast Du DEN gesehen?", sondern alles, was passiert, gern oder besonders aber auch das, was eben nicht passiert, wird analysiert, ja, geradezu seziert! Männer hingegen können in Gruppen ganz einfach so beisammen sein, und über völlig andere Themen reden, als das andere Geschlecht (abgesehen vielleicht von "WOW, hast Du DIE gesehen?"), und das finde ich sehr beeindruckend.

Naja, vielleicht stimmt es auch nicht ganz, dass ich Männer nur darum beneide. Grad an diesem Wochenende und jetzt, wo man wieder so viel Zeit im Freien verbringt, wurde mir wieder im Wortsinn schmerzlich klar, dass dieses im Stehen pinkeln können, entscheidend von Vorteil sein muss.

Donnerstag, 22. April 2010

Selbstgerechtigkeit.

Gestern tat ich zur Abwechslung mal das einzig Richtige (Spätauswirkungen meiner Gedanken während des Mumford and Sons Konzerts? Vielleicht.). Anschließend war ich unheimlich stolz auf mich und gleichzeitig auch ein wenig traurig. Stolz, weil ich endlich mal auf Augenhöhe mit meinen eigenen überzogenen moralischen Ansprüchen an die Welt war. Traurig, weil sich der Gedanke, eine Abkürzung nehmen zu können als fehlerhaft herausgestellt hatte. Irgendwie war es ja auch abzusehen gewesen... Ich belohnte mich mit dem letzten Rest Patxaran, der noch im Zweitkühlschrank auf seinen großen Moment wartete, atmete tief durch, rauchte eine Entspannungszigarette auf dem Balkon und sah der Anspannung dabei zu, wie sie sich vom 3. Stock aus in die Tiefe stürzte. Recht so! Im Anschluss sah ich ein Fußballspiel mit meinen selbst gewählten Geschwistern und dachte zum wiederholten Male bei mir, dass man halt einfach nicht aus sich raus kann.

Dienstag, 20. April 2010

Awake my soul.

Es gibt diese wunderbare Stelle bei Mad Men (wo auch sonst), da sagt Bobby Barrett zu Peggy Olson, dass sie doch endlich mal anfangen solle, der Mensch zu sein, der sie sein will. Einen viel besseren Rat kann einem eine Fernsehserie wohl kaum geben. Vergangenen Donnerstag beim ganz wundervollen Konzert von Mumford and Sons fühlte ich mich über weite Strecken gleichzeitig glücklich und tieftraurig, was natürlich für eine Dramaqueen wie mich eines der schönsten Gefühle überhaupt ist. Ich beschloss dann (mal wieder), ein besserer Mensch zu werden, der gegen seine inneren Zwänge vorgeht und Übersprunghandlungen vermeidet. Schön auch, wenn man von Vornherein weiß, dass das eh nicht klappen wird, aber der gute Wille zählt. Viel guter Wille war dann nötig, als uns dieser unaussprechliche isländische Vulkan einen Strich durch unsere sauber aufgestellte Wochenendrechnung machte, und die Anreise des Specialguest aus London verhinderte. Immerhin zeigte sich der Frühling von seiner besten Seite, und wir hatten trotz aller Widrigkeiten eine formidable Zeit. Als wir dann am Sonntag um die Stunde des Morgengrauens die Oberbaumbrücke überquerten während die Sonne aufging und das erste Licht des Tages die ruhige Oberfläche der Spree zu einem Spiegel für den bunten Himmel und die umstehenden Gebäude machte (Achtung: Technicolor!!!), seufzten wir ob der Schönheit des Augenblicks und trotz schmerzender Füße tief, ehe wir uns nach Hause trollten. Das nächste, woran ich mich erinnern kann ist, dass ich auf meinem Sofa liege und der frischgewaschenen Wäsche auf meinem Balkon dabei zusehe, wie sie sich sanft im Wind hin und her wiegt und trocknet, was mich gleich wieder zum Seufzen bringt, ist das doch einer von diesen Anblicken, die uns deutlich sagen, dass alles ok ist. Da zu viel Seufzen auch keine Lösung ist, verbrachten wir den ganzen Sonntagnachmittag kichernd mit Softdrinks im Mauerpark. Auch das eine schöne Tradition aus dem letzten Jahr! Zusammenfassend sei also gesagt: Familie, Seufzen, Kichern und Traditionen: Alles wird gut!

Donnerstag, 15. April 2010

Only if you run.

Manchmal reicht ein ganz trivialer Anlass. Den vergangenen freien Dienstag nutzte ich dazu, das erste Mal in dieser Saison, joggen zu gehen. Ich fuhr mit dem Auto (nicht, dass ich etwa eitel wäre, nein, wirklich nicht! Aber mein verschwitztes Läuferinnen-ich muss ich wirklich niemandem in der S-Bahn zumuten. Wobei…) zum stets wundervollen Treptower Park und begab mich auf der Stelle in die Spur. Laufen (noch viel mehr als Schwimmen übrigens) bewirkt etwas ganz seltsames in meinem Kopf: Zunächst habe ich gefühlt 8.572 Gedanken auf einmal, doch die lösen sich mit der Zeit tatsächlich auf und ich werde komplett leer. Das ist ja auch das eigentlich Großartige an körperlicher Betätigung; irgendwann hält nämlich der Kopf endlich mal seine bescheuerte Fresse und man kann sich ganz aufs Wesentliche – nämlich auf den Schmerz im restlichen Körper und das simple Überleben – konzentrieren. Als ich zum Auto zurückkam, markierte die Uhr, dass knapp eine Stunde seit meinem Aufbruch vergangen war und ich war durchaus stolz und um eine Handvoll Erkenntnisse (sicherlich eher belangloser Natur) reicher.
Nämlich:

Auch wenn man sich fast nicht traut, dran zu glauben, es wird tatsächlich Frühling.

Der London 10km Charity Run dürfte kein Problem sein, insofern mein altes, an Alan Shearer orientiertes Knieleiden nicht wieder aufbricht.

Man sollte vielleicht einfach aufhören, vom Leben zu erwarten, dass man jeden Tag glücklich ist, das steht nämlich gar nicht im Vertrag drin.

Wenn man tatsächlich glücklich sein will, dann muss man sich sein kleines Stück vom Kuchen scheinbar jeden Tag aufs Neues erarbeiten (erlaufen).

Auch wenn Lila die aktuelle Modefarbe ist, so heißt das nicht, dass die auch jeder tragen kann.

Weniger ist oft mehr.

Jeder hat seine eigene Geschwindigkeit. Das ist gar nicht so schlimm.

Und zu guter Letzt: Jetzt muss ich nur noch etwa zweimal dort laufen gehen, um behaupten zu können, dass ich "eigentlich immer und vor allem ständig" im Treptower Park jogge.

Mittwoch, 7. April 2010

Wer nicht läuft, dreht sich im Kreis.

Man sollte viel öfter ans Meer fahren. In meiner rechten Hand halte ich 1 Budweiser, in meiner linken Hand 4 winzige Bernsteine, die ich soeben im Gewirr aus Muschelschalen, Steinen, getrockneten Algen und Sand gefunden habe. Angeblich bringt es Unglück, Bernstein, den man gefunden hat, wegzugeben, deswegen halte ich die Steine erst vorsichtig in der Hand und verstaue sie dann mit äußerster Obacht in meiner Tasche. Die 3 Jacken, die ich übereinander trage, sind alle bis oben hin zugemacht. Meine Haare gleichen (mal wieder) einem Vogelnest, bleibt zu hoffen, dass keine Möwe auf die Idee kommt, sich dort häuslich einzurichten, ich wüsste nicht, was ich dann tun würde. Vor mir, hinter mir und neben mir gehen Menschen, die ich zu meiner nicht-biologischen Familie zähle. Ich ziehe die Schultern hoch, atme tief durch, kneife die Augen zusammen und schaue aufs Wasser. Hach ja. Manchmal ist alles im Lot. Man weiß dann vielleicht immer noch nicht genau, was man will, aber man stellt fest, dass man eine Basis hat, die nicht einfach so verschwinden wird, und die sogar dann noch höflich lacht, wenn man zum 4.000 mal die Endlos-Schleife der Pappa Ante Portas Zitate fährt, und es einem nicht übel nimmt, wenn man in der Küche ein hartes, schlesisches Regiment einführt, das kaum Widerspruch duldet.

Manchmal liegen die Antworten direkt vor einem. Meistens jedoch eher nicht. Aber es ist gut zu wissen, dass ein "Macht doch alle was Ihr wollt." ab und an genügt. Was will man mehr? Öfter ans Meer fahren, klar!

Donnerstag, 18. März 2010

Winterschäden

Neulich las ich in einem Spiegel-Interview einen Satz von Bodo Kirchhoff, der bei mir hängen blieb. Und zwar sei die Schriftstellerei gar kein Beruf, sondern nichts anderes, als die noble Tarnung der eigenen Schwäche. Später kam man noch darauf, dass der Schriftsteller immerhin die Sprache habe, um dem Innenleben Ausdruck zu verleihen, hat man die aber nicht, sieht man ziemlich schnell ganz schön alt aus. Mir persönlich fällt das Formulieren ja relativ leicht und Schwächen, die es zu tarnen gilt, bringe ich auch ein paar mit, nichtsdestotrotz komme ich gerade an einen Punkt, an dem mir ein wenig die Worte ausgehen, was wohlmöglich an einer gewissen Verzettelung meinerseits liegen könnte. Wohlgemerkt könnte, denn viel wahrscheinlicher ist, dass alle Anderen daran schuld sind, klaro!

Vergangenes Wochenende fuhren wir nach Hamburg. Es galt ein paar hochgeschätzte alte Freunde zu besuchen, jede Menge Bier zu trinken, eine Hafenrundfahrt zu machen, Spelunkenhopping auf höchstem Niveau zu betreiben, viel zu viel zu rauchen, Sinn und Unsinn zu reden, Fischbrötchen zu essen und einfach mal raus zu kommen. Ich mag ja Hamburg sehr gern, tatsächlich ist die Hanse neben Berlin die einzige wirklich akzeptable Stadt der Republik, und so kam es auch, dass es vor allem aufgrund der guten Gesellschaft ein ganz fantastisches Wochenende wurde.

Zurück in Berlin drängte sich mir am Sonntagabend, als ich übermüdet aus dem Fenster sah eine Frage auf, die jedoch auch nicht erst seit gestern durch die Luft geistert: Warum zerbrechen derzeit eigentlich so viele Menschen in meinem Umfeld? Und hat´s mich auch schon erwischt, und wenn ja, sind die Schäden reparabel? Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass der Winter viel zu lang war, oder ob das "mit dem Alter" kommt, oder ob wir im Spiel der Unverbindlichkeit einfach den Kürzeren gezogen haben, oder ob man sich doch nur selbst zu wichtig nimmt, oder sonst was, jedenfalls habe ich derzeit ein wenig das Gefühl, als hätte man uns Laborratten irgendetwas ins Wasser getan, was dazu führt, dass wir völlig überdreht ständig irgendwohin rennen, aber nie wirklich ankommen. Das ist jetzt auch nichts komplett Neues, und so richtig tragisch schon gar nicht, es beschäftigt mich halt nur.

Das ist übrigens ausnahmsweise kein Selbstmitleid, sondern lediglich Konfusion. Am Samstag ist Frühlingsanfang, darauf können wir uns jetzt alle gemeinsam freuen!

Montag, 22. Februar 2010

A new morning, changing weather.

Ein schmaler Streifen Sonne
Und ein kleines bisschen Mut
Die Wolken blass und wässrig
Wer weiß schon, was er tut?

Ein Montag im Februar. Tauwetter. Man hat das Gefühl, es gehe bergauf. Liegt das jetzt nur daran, dass es mehr Licht gibt? Man macht die alten, bekannten Fehler, aber irgendwie erscheint das alles weniger dramatisch. Heute Morgen, als die Sonne aufgeht und sich die Häuser schwarz gegen diesen blauen Himmel voller rosafarbener Streifen absetzen, frage ich mich, ob der Hintergrund zur Feier des Tages eventuell technisch nachbearbeitet worden ist. Es war ein Technicolor-Moment. Technicolor-Momente sind nicht so häufig, aber dafür um so schöner. Erstaunlich, wenn man ganz kurzzeitig mit sich selbst versöhnt ist. Vielleicht liegt der Schlüssel einfach darin, nicht zu resignieren. Das ist zugegeben eine recht naive Herangehensweise, die dem Scheitern Tür und Tor öffnet, aber irgendwie ist alles andere doch auch nur eine schlechte Cover-Version.

Mittwoch, 17. Februar 2010

It´s getting better (man!)

Als ich am Montag auf dem Weg vom Büro zur S-Bahn bemerkte, dass es noch ein winziges bisschen hell war, hätte ich vor Freude fast geweint, denn es war das erste Mal in diesem scheinbar unendlichen Winter, dass gegen 18 Uhr noch nicht alles in tiefschwarzer Nacht versunken war. Manchmal sind es ganz kleine Anzeichen, durch die wir erkennen, dass es langsam besser wird, dass es sozusagen aufwärts geht, ja, dass nicht alles verloren ist (was auch immer "alles" nun schon wieder bedeutet). Heute scheint nun die Sonne von einem strahlenblauen Himmel, und man muss befürchten, schneeblind zu werden. Mit einer feierlichen Geste und Tränen in den Augen zog ich also heute Mittag meine Sonnenbrille auf und begab mich nach draußen. Ich war glücklich. Man muss die Erfrierungen an den Händen auch mal ignorieren können. Tatsächlich ist es doch so, dass man sich die meisten guten Momente selbst kaputt macht, indem man sich ständig Fragen wie: Wo soll das nur alles hinführen? / Ist das nicht schädlich? / Was werden die Nachbarn denken? / Ist das schon gesellschaftlicher Selbstmord? / Warum ruft der Arsch nicht an? / Was wird meine Bank dazu sagen? / Deckt meine Haftpflichtversicherung groben Unfug? / Macht das eigentlich dick? etc. stellt. Wäre das Leben eine Instantsuppe – sagen wir mal 12 Köstlichkeiten – dann ist das Meiste Brühe und Wasser, die Köstlichkeiten muss man überhaupt erstmal suchen. Und manche Leute bekommen noch nicht mal 12, sondern vielleicht nur 11 oder 10 oder 9 oder 8 (ich glaube, hiermit ist das Prinzip klar), oder sogar keine Einzige. Tragisch, oder? Was ich damit sagen will? Keine Ahnung. Vielleicht ist weniger (nachdenken) manchmal wirklich mehr.

Mittwoch, 10. Februar 2010

Romantik.

Vergangenes Wochenende verbrachten wir im äußersten Süden der Republik. Ja, so weit im Süden, dass man entweder gar keinen Empfang mit dem Mobiltelefon hatte, oder dieser über einen Anbieter aus der ehemaligen k.u.k. Monarchie hergestellt werden musste. Das war aber noch nicht alles, denn auf knapp 1.800 Metern Höhe gab es keine Duschen, was im Grunde jedoch auch egal war, denn das Wasser, das aus den Leitungen kam, war sowieso eiskalt. Facebook gab es übrigens auch nicht. Wie dem auch sei. Um zu unserer Unterkunft zu gelangen, musste man zunächst einmal etwa 2 ½ Stunden bergauf durch einen nächtlichen Schneesturm laufen, was in der Folge aber mit Bier, Gelächter, gutem Essen, Mensch ärger Dich nicht, Schlittenfahren, Sinn und auch Unsinn belohnt wurde. Unterm Strich war es die Strapazen also natürlich wert, und das Wochenende als solches kann problemlos mit dem Prädikat "hervorragend" gestempelt werden. Zurück zur Natur und zurück in die Vergangenheit also: Man schlief in einem großen, kalten Bettenlager, was an Ausflüge ins Kinderferienlager erinnerte und ging nicht ohne Kissenschlacht dafür aber spätestens um Mitternacht zur Ruhe. Zudem kommt man sich im Verhältnis zu einem Maßkrug auch irgendwie sehr klein vor, kann man sich doch hinter einem solchen Gefäß prima verstecken und muss man es mit beiden Händen anheben, um halbwegs elegant daraus zu trinken.

Manchmal ist man also kurzzeitig ganz raus aus der Routine, und das ist wohl der größte Verdienst von Tagen ganz woanders. Dann kommt man zurück, die Gehwege sind immer noch vereist, Lampen hat man auch noch keine und der Job besticht weiterhin durch seine Sinnesleere. Diese Dinge hat man nach kritischer Betrachtung wohl im Verhältnis 1:2 selbst in der Hand, und das ist auch das eigentliche Problem, weil man bei der Suche nach den Schuldigen den Kopf selbst beschämt senken muss. Die Kälte scheint es langsam von draußen nach drinnen zu schaffen, was für Leute, die sich das Buch "The heart is a lonely hunter" nur wegen des Titels kaufen, nicht zu unterschätzen ist. Am Sonntagabend war ich dann doch noch bei Element of Crime, was trotz einer Wand aus Erschöpfung auf meiner Seite, ganz wunderbar, jedoch auf der Melancholieebene auch irgendwie kontraproduktiv war.

Ich reiße mich zusammen und denke fast nicht an das was war und schon gar nicht an das, was hätte sein können, wäre ich im richtigen Moment mutiger, und wärst Du im richtigen Moment kohärenter gewesen.

Mittwoch, 3. Februar 2010

Dust of snow.

Man ist nur zu geneigt, dieser Tage über das Wetter zu murren. Es ist sehr kalt, ständig hat man nasse Füße, der Balkon verschwindet unter einer Schneewehe, manchmal gleitet man aus und fällt mehr oder minder spektakulär zu Boden und irgendwie hat man das Gefühl, dass das nun schon seit etwa einem halben Jahr so geht und dass einem unter Umständen nie wieder warm wird. Ich finde, übers Wetter zu reden, ist zu Unrecht verpönt, handelt es sich doch um ein dankbares Thema, zu dem jeder in der Lage sein sollte sich eine Meinung zu bilden. Außerdem zeigt die Beschäftigung damit, dass man durchaus noch fähig ist, etwas wahrzunehmen, dass außerhalb des eigenen Kopfes stattfindet.

Gestern hörte ich also 2 interessante Nachrichten dazu im Radio. 1.) Wenn´s an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit! Gestern war Lichtmess und es stürmte und schneite was das Zeug hielt. Ich habe jetzt schon mal die T-Shirts bereitgelegt, es kann jeden Moment losgehen. 2.) Der letzte derart kalte Winter liegt 30 Jahre zurück, das war der Superwinter 1978/1979 (der dann zu einem sehr kinderreichen Sommer / Herbst 1979 führte, man bedenke nur, zu wie vielen 30. Geburtstagen man vergangenes Jahr eingeladen war.). Wenn wir also nun davon ausgehen, dass es bis zum nächsten ähnlich schneereichen und kalten Winter 30 Jahre dauern wird, sollten wir uns unheimlich an diesem Wetter freuen, und ein paar Fotos machen, die wir den Nachfolgegenerationen mit dem Verweis auf "Damals…" zeigen können. Und eventuell macht uns die globale Erwärmung eh einen Strich durch die 30-Jahre-Rechnung, so dass wir vielleicht gerade den letzten "richtigen" Winter erleben. Das muss man sich mal vorstellen!

Passend zum Anlass und um das Image meiner Intellektualität zu pflegen (ähem) hier Folgendes:

Dust of Snow

The way a crow
Shook down on me
The dust of snow
From a hemlock tree

Has given my heart
A change of mood
And saved some part
Of a day I had rued.

Robert Frost (1923)

Freitag, 29. Januar 2010

Alcohol: the cause of, and solution to, all of life's problems.

Der Januar ist wirklich ein verdammt langer, zäher Monat, wahrscheinlich ist es sogar der längste Monat des gesamten Jahres, ja, sogar länger als der unsägliche November! (Dem aufmerksamen Leser wird jetzt aufgefallen sein, dass ich nicht vom Onzember spreche, was daran liegt, dass ich den Onzember aufgrund seiner Entstehungsgeschichte einfach zu gern mag, als dass ich ihn mit nur einem Satz derart diffamieren würde). Aber jetzt ist er ja bald rum, und damit neigt sich auch die alkoholfreie Zeit ihrem Ende entgegen. Ich möchte am liebsten jubilieren und laut rufen "Hurra, endlich!!", aber dann würde mir eventuell schnell ein Ruf anhängen, der in seiner Gänze so auch nicht gerechtfertigt ist. Also sage ich ganz gefasst: "Ja, es war mal ganz schön, irgendwie interessant, immer alles ganz klar zu sehen und zu verstehen. Eigentlich war´s gar nicht so schwer.". Das ist auch nicht wirklich gelogen, denn richtig schwierig war es tatsächlich nicht, aber hin und wieder doch ein wenig unbequem. Es gibt Situationen, da trinkt es sich einfach gut und manche Momente des Irrsinns und Dramas ertragen sich besser mit ein paar Wodka-O im Rücken. Wenn ich´s recht bedenke, ergeben sich die meisten Situationen des Irrsinns und Dramas aber auch erst gar nicht, wenn nicht ein paar Wodka-O im Spiel sind. Eventuell könnte es da gewisse Kausalzusammenhänge geben, die ich zu analysieren heute nicht gewillt bin (wobei ich die Antwort natürlich kenne.). Man darf jedenfalls gespannt sein, wie a.) dieses letzte abstinente Wochenende verlaufen wird, da sich einige Aktivitäten anbahnen, die sonst höchst selten ganz nüchtern erlebt werden und b.) wie sich meine Rückkehr gestaltet, wobei man davon ausgehen kann, dass ich jetzt viel weniger vertrage und mir generell fest vorgenommen habe, mit angezogener Handbremse weiterzufahren, um Totalausfälle und Aktionen des absurden Größenwahns, die dann gern in spektakuläres Scheitern münden zu vermeiden. Andererseits ist es ja wohl eine anerkannte Tatsache, dass jede richtig gute Geschichte mindestens einen wirklich Betrunkenen aufweist. Und was, wenn sich nun kein Anderer findet? Eben!

Das Schönste am Dossuar a.k.a. Februar ist übrigens, dass er so kurz ist!