Dienstag, 1. Juni 2010

Some Friendly.


Zwischen Lleida und Zaragoza, irgendwo in der Nähe von Fraga, bedeutet mir T. zunächst die Geschwindigkeit zu drosseln und anschliessend rechts in einen staubigen Feldweg abzubiegen. Bis vor wenigen Minuten hatten alle Insassen des Wagens ausser mir noch scheinbar tief geschlafen, jetzt gibt T. die Einsatzbefehle, wo ich hinzufahren habe, S. kichert leise und P. sieht, ob der unerwarteten Pause, ähnlich verwundert aus wie ich. Wir halten und steigen aus. Es ist gegen 9 Uhr abends, die Sonne schickt sich an, unterzugehen, der Himmel beginnt sich in sämtlichen Rottönen zu färben. Es ist mild. Der Wind geht. Natürlich, schliesslich sind wir in Aragón. Ich bemerke die Erschöpfung im ganzen Körper, als wir gezwungen sind, ein paar Meter in Richtung eines Stalls zu laufen. Im Nachhinein werde ich nicht mehr wissen, womit die angrenzenden Hügel bepflanzt sind; ich nehme an mit Pfirsichen. T. und S. laufen plötzlich schneller, P. und ich folgen ihnen schulterzuckend. Letzteren habe ich vor etwa 3 Stunden kennengelernt, und wir sind beide froh über den Umstand, nicht mit diesen zwei scheinbar Irren allein zu sein. Wir sehen uns fragend an: "Was machen wir eigentlich hier im Nichts?"

Es handelt sich um einen nach vorn komplett offenen Stall, an den sich ein unerwartet grosses, von einer Mauer eingefasstes Areal anschliesst. Die Überraschung könnte grösser nicht sein: Besagter Offenstall wird von einem fast schmerzhaft schönen weissen Pferd, 2 Dromedaren und etwa 40 Eseln in verschiedensten Grössen und Farben bevölkert, die neugierig in unsere Richtung schauen. Esel sind meine liebsten Tiere und konsequenterweise gebe ich einen Laut freudiger Überraschung von mir, um im Anschluss zu strahlen. Hier sind wir nun also, zwei Welten prallen aufeinander. Auf der einen Seite 4 Stadtkinder, den Sand der Bareceloneta noch in den Schuhen, den Schweiss des Primavera Sound Festivals und des Razzmatazz in den Haaren, einen ausgewachsenen Kater in den Knochen, und jeder aus anderen Gründen mit einer Art Schmerz in der Nähe der Seele, und auf der anderen Seite haarige Vierbeiner, denen alles zuvor genannte aus guten Gründen völlig gleich ist. T. und S. waren schon mehrfach hier, und gehen ohne jede Scheu zur Mauer, um die näherkommenden Tiere zu streicheln. P. und ich zögern einen Moment, ehe wir es ihnen schliesslich gleichtun. Wir verweilen etwa eine halbe Stunden, und werden im Anschluss sagen, dass diese halbe Stunde vielleicht die schönste des ganzen (durchaus grossartigen) Festivals war, und zwar weil sie uns an einen Ort befördert hat, an dem wir alle eine Weile nicht waren, und weil sie uns mit einem Leuchten in den Augen zurücklässt, das aufrichtiger nicht sein könnte.

Im Anschluss, und wahrscheinlich bedingt durch besagte halbe Stunde, habe ich kurz das Gefühl, endlich meinen Frieden mit Spanien zu machen. Wir sind trotz aller Müdigkeit seltsam aufgekratzt und plappern alle durcheinander. Dazu hören wir Slow Music For Fast People, die Sonne geht über den Steinen der Monegros nur unsertwegen spektakulär und farbenprächtigst unter, und Schwärme von Vögeln steigen aus den vom Wind zerzausten Büschen auf, als würden sie dafür bezahlt. Fast ist es zu kitschig. Fast. Man ist zu selten bewusst glücklich, als dass man dem Glück verbieten könnte, hin und wieder klischeehaft und klebrig daherzukommen.

1 Kommentar:

melosine hat gesagt…

ach schoen!!!
ich will auch nen Esel! ob das auf meinem Balkon machbar ist? vielleicht ein kleiner?