Montag, 29. Juni 2009

Tag am Meer

Nachdem mein ursprüngliche Wochenendeplan durch Umstände, die ausnahmsweise mal nicht in meiner Hand lagen, ins Wasser gefallen war, hatte Kathleen als sie von Köln nach Berlin flog eine grandiose Idee: Ostsee am Sonntag! Es wurde dann auch ein Tag, an den man sich aufgrund seiner Leichtigkeit sicher gern einmal zurückerinnert. Zunächst konnte ich mich schon fast nicht mehr an das erhabene Gefühl erinnern, an einem Sonntag Morgen gegen 7 ohne jegliche Katerbeschwerden aufzustehen. Morgenstund hat dann auch viel mehr Gold im Mund, wenn einen der nächste Weg nicht an den Schreibtisch, sondern in ausgezeichneter Gesellschaft und mit dezent-großartiger musikalischer Umrahmung ans Meer führt. Während der Fahrt gen Norden wandten wir unsere Blicke immer wieder sorgenvoll zum Himmel, der nur selten mal etwas Blau blitzen ließ, aber unsere Befürchtungen waren unbegründet, denn kaum hatten wir uns am Strand niedergelassen, um höllisch stinkenden Käse und Nutellabrötchen (nicht gleichzeitig) zu verzehren, klarte es auf. Das einzige Ärgernis blieb die Tatsache, dass unsere Strategie des blindmachenden Käsegestanks nicht etwa in die Richtung aufging, uns einen mindestens 10 Meter großen Radius als Ruhezone gegenüber unseren Mitmenschen zu sichern, sondern dass eher das Gegenteil der Fall war. Obwohl der Strand fast völlig leer war, fanden wir uns plötzlich in Mitten eines Berliner Kegelclubs samt deren verrotzter Bälger wieder, was erneut die Frage aufwarf, warum Menschen mit Kindern ihrer Umwelt gegenüber eine so latent aggressive Unhöflichkeit an den Tag legen, oder warum man als Gruppe junger, blendend aussehender Frauen kein Recht auf Ruhe hat. Naja, wir sahen geflissentlich darüber hinweg, und hatten das Glück trotz allem direkt nach dem Frühstück einzuschlafen. Die Inline Skates blieben dann wie erwartet (der gute Wille zählt und ein wenig Selbstbetrug muss sein) im Kofferraum, und generell wurde sich nicht viel bewegt. Wozu auch? Wir hatten trotzdem genug zu tun; lösten unsere nichtvorhandenen Probleme, genossen den Ausblick, kommentierten halblaut die Gespräche des Kegelclubs, suchten uns Fußballmannschaften aus, die auf unsere Charaktere passen, lasen uns gegenseitig aus der Zeitung vor, tranken Traubensaft, sammelten Steine, aßen Eis und fragten uns, womit wir das eigentlich alles verdient hatten. Es war ein wundervoller Tag, gekrönt davon, dass auf der Heimfahrt sogar der höchst seltene Fall eintrat, dass ich mir wünschte, ausnahmsweise mal nicht recht zu haben. Aber das klappt ja nicht so einfach. Trotzdem kamen wir gut zu Hause an, und erwarten jetzt, dass der Treibhauseffekt endlich mal ernst macht, und wir demnächst mit der S-Bahn an den Strand fahren können. Also ich kann´s eigentlich kaum erwarten.

Freitag, 26. Juni 2009

Being Boring

Gestern Abend war ich mit Jens beim Pet Shop Boys Konzert im Tempodrom. Heute morgen finde ich mit Hilfe des ZDF Morgenmagazins heraus, dass Michael Jackson gestorben ist. Aus den naheliegenden Gründen denke ich nun also über das Peter Pan Syndrom nach. Ich habe mich vergangene Woche aufgrund einer Reihe interessanter und zum Teil recht witzig geschriebener Beiträge wieder mit dem Spiegel versöhnt (da wurde in Hamburg aber mal hörbar erleichtert aufgeatmet!). Im Leitartikel ging es um "unsere Generation" – die Generation Praktikum / Latte Macchiato / Krise / Egomanie / Facebook / Biogemüse / Neon, die neue Trümmergeneration, oder wie man sie eben nennen will. Das Besondere an dieser Generation sei, dass "wir" erstens Mal keine wirkliche Generation sind, weil "uns" außer dem Alter nichts wirklich verbindet, und dass es "uns" nicht um eine Veränderung der Zustände, sondern um die Beibehaltung des Status Quo geht. Obwohl das in dem Artikel alles ein wenig schwarzmalerisch daher kam, kann ich nicht richtig erkennen, wo dabei das Problem liegen soll, und frage mich: Ist das jetzt schon das Sommerloch? Ich bin der festen Ansicht, dass wir uns gerade in einer Quasi-Wiederholung des Biedermeier befinden, der sich seinerseits durch einen Rückzug ins Private auszeichnete. Nachdem wir mit einem sicheren Blick in die nähere Vergangenheit festgestellt haben, dass gewisse gesellschaftspolitische und soziale Veränderungen nicht möglich sind (man schaue sich nur mal die Grünen an, die haben als Partei herausgefunden, dass politische Macht auch ganz schön ist, und an die Stelle der Veränderung unserer Gesellschaft, ist die Neuorientierung der Partei getreten, damit diese in eben jene Gesellschaft reinpasst. Oder anders: wer ist konservativer als ein Grünen-Wähler aus der Kastanienallee? Eben!), und man offene Türen nicht einrennen muss, haben wir uns darauf verlegt, den Boden, der von hier bis zum Ende unseres kleingeistigen Horizontes reicht, zu verteidigen. Und wer will es uns verübeln? Wie wir alle wissen (tun wir doch, oder?), gab es mit dem Vormärz und parallel zum Biedermeier eine entgegengesetzte revolutionärere Strömung, die literarische Schwergewichtler wie Bettina von Arnim, Georg Büchner und nicht zuletzt Heinrich Heine hervorbrachte, und gern als einer der ausschlaggebenden Gründe für den Ausbruch der bürgerlichen Revolution von 1848 angeführt wird. Folgende Fragen werden nun aufgeworfen: Gibt es auch jetzt eine Gegenbewegung? Wenn ja, wer ist das und wo halten sie sich versteckt? Wird es auch dieses Mal eine Revolution geben? Und schließlich: Worauf will ich eigentlich hinaus, und wie bekomme ich jetzt die Kurve zu den Pet Shop Boys, Michael Jackson und Peter Pan? Für die Erfüllung von Wünschen verweise ich gern weiterhin nach Lourdes oder an den Weihnachtsmann, aber die letzte Frage kann ich problemlos beantworten: Das ist mein Blog, und da muss ich die Kurve nicht kriegen. Kohärenz im täglichen Leben ist ja gut und schön, aber hier hat sie nichts zu suchen. Das mit Michael Jackson tut mir irgendwie leid, andererseits lässt es mich gleichzeitig seltsam kalt, man hatte das Gefühl, er sei schon vor Jahren gestorben. Peter Pan sind fast wir alle, das muss als Erklärung reichen. Und die Pet Shop Boys waren ganz großartig, aber das sind sie ja immer schon gewesen. Man schaue sich nur die Texte an, die zum Teil dann wieder ganz gut auf unsere Nicht-Generation passen (Kurve doch gekriegt!):

I came across a cache of old photos
And invitations to teenage parties
"Dress in white" one said, with quotations
From someone's wife, a famous writer
In the nineteen-twenties
When you're young you find inspiration
In anyone who's ever gone
And opened up a closing door
She said: "We were never feeling bored"

'Cause we were never being boring
We had too much time to find for ourselves
And we were never being boring
We dressed up and fought, then thought make amends
And we were never holding back or worried that
Time would come to an end

When I went I left from the station
With a haversack and some trepidation
Someone said: "If you're not careful
You'll have nothing left and nothing to care for
In the nineteen-seventies"
But I sat back and looking forward
My shoes were high and I had scored
I'd bolted through a closing door
I would never find myself feeling bored

'Cause we were never being boring
We had too much time to find for ourselves
And we were never being boring
We dressed up and fought, then thought make amends
And we were never holding back or worried that
Time would come to an end
We were always hoping that, looking back
You could always rely on a friend

Now I sit with different faces
In rented rooms and foreign places
All the people I was kissing
Some are here and some are missing
In the nineteen-nineties
I never dreamt that I would get to be
The creature that I always meant to be
But I thought in spite of dreams
You'd be sitting somewhere here with me

(…)

Mittwoch, 24. Juni 2009

Teeblätter lesen...

Manchmal steht ja im Wochenhoroskop "Ihr bester Tag diese Woche" mit drin. Bisher war es bei mir so, dass wenn bei Skorpion "Montag" angeführt wurde, die Zeitschrift im hohen Bogen in den Müll geflogen ist: Völlig unglaubwürdig! Kennen die mich denn überhaupt kein bisschen? Wer zum Teufel ist denn dort für das Horoskop zuständig? Der Zufallsgenerator? Kann man nicht mal ein wenig Seriosität von der Cosmopolitan erwarten (ach nee, die ist doch monatlich, oder? Und die In Touch? Ach wie jetzt; da geht´s gar nicht um seriöse, verlässliche Hintergrundinformationen? Verrückt! Und im Spiegel gibt´s keine Sterne, richtig? Egal…) Trotzdem: Montag?!?!?! Pfffff!!!!! Wie dem auch sei – genug gespielte Entrüstung! Außerdem weiß ich seit dieser Woche, dass das vielleicht sogar manchmal stimmt – wobei ich Donnerstag bis Sonntag mal nicht vorschnell verurteilen will, schließlich liegen sie inklusive Pet Shop Boys noch vor mir. Zudem habe ich mein Horoskop gar nicht gelesen – oder ich kann mich nicht erinnern? Egal, was soll´s, seit ich nämlich neulich Zeugin eines Gesprächs wurde, in dem jede (im Grunde liebenswerte…ähem!) Charaktereigenart auf die Konstellation der Sterne am Tage der eigenen Geburt abgewälzt wurde, will ich jetzt auch endlich mal einfache Antworten auf die Fragen des Lebens. Oder ich mach´s mir noch leichter, und schieb einfach alles aufs Schicksal. Ha! Das muss ich mir gleich auf die Hand schreiben...

Montag, 22. Juni 2009

When it´s all good keep things close at hand.

Wer ein aufmerksamer Beobachter ist, dem das große Glück zuteil wird, einmal im Rahmen seiner Freizeitgestaltung nach Madrid zu fliegen, der wird schon beim Einchecken auf dem Heimatflughafen feststellen, dass das Flughafenkürzel der spanischen Hauptstadt MAD ist. Spätestens zum Zeitpunkt der Heimreise weiß man dann auch, dass das nicht allein den offensichtlichen Gründen (für die Langsamen: dem Namen der Stadt und so) geschuldet ist.

Man kann wohl ohne jeden Zweifel sagen, dass es sich bei Madrid um meine erste große Liebe handelt. Im Gegensatz zur Mehrzahl meiner sentimentalen Verwirrungen der letzten 10 Jahre ist mir in diesem Fall jederzeit deutlich bewusst, weshalb das gut und richtig ist, und im Grunde genauso sein muss.

Wir kommen am Freitag Abend gegen 9 in der Capital an. Der spanische Sommer hat schon mit all seiner Härte zugeschlagen, aber der von Goya so oft malerisch festgehaltene Himmel von Madrid entschädigt uns für das buchstäbliche Zerfließen am Gepäckband, die ausgesuchte Unhöflichkeit einiger Spanier und so Einiges andere. Noch mehr entschädigt nur die ausgesprochen gute Gesellschaft. Wahrscheinlich ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass sich alles im Leben in Phasen anordnet: Manchmal spuckt uns das Schicksal (insofern es so etwas gibt) direkt ins Gesicht, und manchmal küsste es uns auf den Mund, und nimmt dabei unseren Kopf sanft in seine Hände. Neuerdings ganz allgemein und an jenem Wochenende ganz speziell ist Letzteres ganz eindeutig der Fall. An einem der für mich bedeutsamsten Orte dieser Welt finden ein paar der wichtigsten Menschen meines Lebens zusammen; ein Rädchen greift ins andere, und ohne jeden Zweifel oder Spickzettel weiß ich wieder, wie man das Wort GLÜCK buchstabiert. Die Gespräche fließen mindestens genauso schnell wie die Getränke, und als Geräuschkulisse brauchen wir nur unser eigenes Gelächter. Abstraktionsvermögen scheint der Schlüssel des Erfolges im Wahlpflichtfach Absurdität zu sein. Wir bekommen alle eine 1, was aber zu erwarten war. In kleinen, verrauchten Kellerbars stehen sich zum wiederholten Mal Vergangenheit und Gegenwart gegenüber, selten zuvor scheinen sie jedoch so viel Gefallen aneinander gefunden zu haben. Menschen, die vor einigen Jahren unsere Leben bevölkerten, haben in der Folge interessante Gaststarauftritte in der aktuellen Staffel. Manchmal passt einfach alles zusammen. Zeit ist natürlich relativ; aber kann sie auch gleichzeitig schnell und langsam fließen? Wer weiß, aber so viel ist sicher: Als wir schließlich 56 Stunden nach der Abreise wieder in Schönefeld stehen, und sich die Warterei auf die Koffer seit über 2 Stunden hinzieht, sind wir einstimmig der Ansicht, dass es uns eine Ehre und Freude, und in diesem Fall zum Ende hin noch nicht einmal zu viel war.

Donnerstag, 18. Juni 2009

Im Einkaufszentrum des Grauens

In letzter Zeit gaukel ich mir selbst gern vor, dass ich mittlerweile über ein ordentlich ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfüge. Diese Annahme stellt sich jedoch mit schöner Regelmäßigkeit als Selbstbetrug heraus, besonders dann, wenn ich mutigen Herzens ein Einkaufszentrum betrete, um mir Kleidung oder Schuhe zu kaufen. Oft verlässt mich der besagte Mut schon am Eingang und wenn ich versuche mich zu orientieren: Da es mir unmöglich ist, länger als 30 Sekunden vor irgendeinem Schaufenster zu verharren, weil ich Angst habe angesprochen zu werden, muss ich oft mehrere Runden drehen, um die Geschäfte zu finden, in denen ich unbemerkt in der Masse untergehen kann, und die dann im besten Fall Dinge führen, die mir in irgendeiner Form nützlich sein könnten. Gut, dass H&M mit diesen großen roten Buchstaben deutlich auf sich aufmerksam macht. Dort bin ich dann auch am allerliebsten, und zwar nicht, weil ich von der Qualität oder den Mustern so beeindruckt wäre, sondern weil es groß und unübersichtlich, gleichzeitig aber nicht so abgefuckt wie C&A ist, und man von den Verkäuferinnen und Verkäufern (political correctness) meistens in Ruhe gelassen wird. Dass ich deswegen dann gekleidet bin, wie 85% meiner Generation nehme ich billigend in Kauf (außerdem reißt mein Gesicht das dann eh wieder raus, klar!).

Gestern war es also wieder so weit. Die Mission hieß Schuhe, der Tatort waren die Schönhauser Allee Arkaden, der Zustand ist mit „übermüdet und demotiviert“ am besten beschrieben, und um die Haare sah ich auch scheiße aus. Beste Voraussetzungen also, um das eingebildete Selbstwertgefühl an seinen angestammten Platz zu verweisen. Zunächst begebe ich mich flink zu den Schweden mit den großen Buchstaben, um Kraft zu sammeln, und muss dabei feststellen, dass die Sommermode dieses Jahr sogar noch schrecklicher ist als vergangenes. Oh nein! Warum sind die 80er eigentlich schon wieder zurück? Naja, zum Glück gibt es ja in Deutschland eh keinen richtigen Sommer. Ich atme tief durch, verlasse den Laden und gehe schnellen Schrittes die mittlere Etage entlang. Mein Ziel sind ein Paar Adidas Samba, und in den ersten 3 Läden werde ich zweimal von den Verkäufern angesprochen, was mich veranlasst „Ach, rumgucken…“ zu stammeln, und fluchtartig zu verschwinden. Im dritten gibt´s dann gleich mal gar keine Dreistreifenschuhe. Na toll. Plötzlich finde ich mich bei Thalia wieder und höre mich leise lachen. Ich bewundere einen kurzen Moment lang die schier unglaubliche Macht des Unterbewussten, nehme verträumt Boyds „Unser Mann in Afrika“ in die Hand, und denke „Wer braucht schon Schuhe?“. Ach ja, ich! Reiß Dich zusammen und leg das Buch weg! In den Schönhauser Allee Arkaden gibt es gefühlte 37 Schuhgeschäfte, und ich gehe in alle wenigstens kurz rein, wobei ich die meisten auch direkt wieder verlasse, entweder weil mich die Angestellten ansprechen, oder ich von den Farben und Formen verwirrt werde. Als großgewachsener Mensch hat man natürlich große Füße, und das ist als Frau ziemlich unangenehm, weil ab der 40 aufwärts einfach fast alles scheiße aussieht. Im 36. Schuhgeschäft finde ich ein paar Adidas Schuhe in meiner Größe. Es ist nicht das Modell Samba, aber was soll´s, sie sind runter gesetzt, und nach einem interessanten Moment des Kopfrechnens weiß ich, dass ich so 3 Flaschen Wodka mehr kaufen kann. Die werde ich nach diesem Nachmittag auch brauchen. Als ich in der S-Bahn sitze (ich kann die eine Station jetzt unmöglich zu Fuß zurücklegen), schaue ich auf die Uhr: Ich war genau 45 Minuten im Einkaufszentrum, und bin drauf und dran alle guten Vorsätze von wegen „kein Alkohol unter der Woche“ über Bord zu werfen. Ab jetzt wird im Internet eingekauft! Modern Life und so.

Dienstag, 16. Juni 2009

Belanglosigkeit reloaded

Gestern verbrachte ich aufgrund des unwirtlichen Wetters und der in den letzten Wochen akkumulierten Müdigkeit einen Abend mit mir selbst. Es war gar nicht so schlecht. Das Essen war großartig (gut, es war von der Mutti Vorgekochtes), die Musik war ausgezeichnet und die Lektüre sowieso – namentlich meine eigenen alten Tagebücher. Um 11 war ich dann sogar schon im Bett, was die Augenringe zwar immer noch nicht hat verschwinden lassen (sollte man nach 10 Jahren die Hoffnung eigentlich aufgeben?), aber wenigstens fällt mir nun der Kopf nicht mehr auf die Tastatur. Über einer Kanne Pfefferminztee wurde mir, mit meiner Vergangenheit in Schriftform auf dem neuen Couchtisch (a.k.a. die alte Blumenbank meiner Mutter, die Erik einst fast das Leben gekostet hätte) vor mir, wieder deutlich, wie sehr ich das Allein Leben doch mittlerweile schätze: Aller Müll, der rumliegt gehört einem selbst, man kann jederzeit nackt durch die Wohnung laufen, alle Türen sperrangelweit offenstehen lassen, gerne mehrfach hintereinander das Oasis Unplugged sehr laut anhören und dazu mitsingen, ohne sich als Ewiggestrige bezeichnen lassen zu müssen, beide Kühlschränke ganz für sich allein beanspruchen und bei einem Doppelbett genau in der Mitte schlafen. Wundervoll! Nachdem mir also nach nur einem Abend mit mir selbst wieder deutlich geworden ist, wie toll ich eigentlich bin, stelle ich mir nun ernsthaft die Frage, ob ich jemals wieder mit jemanden werde zusammenleben wollen. Natürlich handelt es sich dabei derzeit um eine rein hypothetische Frage ohne jeden Handlungsnotstand, aber dennoch: Wie geht man denn damit um, wenn alles, was man einst für einen vagen Zukunftsplan gehalten hat, täglich hinfälliger wird? (Und warum hört sich das an, wie die Kolumne von Carry Bradshaw? Und wen interessiert das überhaupt?). Wahrscheinlich gar nicht; das ist ja das Schöne daran, wenn man seine Pubertät scheinbar endlos ausdehnt, und sich jeden Tag aufs Neue aussuchen kann, mit welcher scheinbaren Belanglosigkeit man sich beschäftigt, ehe man sich wahlweise im Egoismus oder dem Selbstmitleid suhlt. Wer hat nochmal gesagt Modern Life is Rubbish? Blur? Nichts gegen den Sound der 90er, aber da lagen sie ja wohl mal völlig daneben!

Sonntag, 14. Juni 2009

Aber hier leben, nein danke.

Seit Freitag Abend bin ich in der Provinz. Dinge die ich eigentlich schon wusste sind dabei wieder mit aller Deutlichkeit zu Tage getreten. Der Nachbar stellt am Freitag Abend sehr treffend fest, dass – abgesehen von ein paar löblichen Ausnahmen – die meisten Anwesenden einen Horizont "von hier bis zum Feuer" haben. Ich schnappe Gesprächsfetzen aus dem Umkreis auf, und trete stellvertretend ein paar Schritte näher ans Feuer ran, um zu sagen "Jetzt kommt´s hin.". Zudem habe ich das Gefühl, dass auch die schlechten Frisuren – vor allem bei den Mädchen – in den Provinzen Ostdeutschlands nahezu inflationär vertreten sind (für ländliche westdeutschen Gegenden kann ich das aus Mangel an direkten Beziehungen nicht wirklich sagen). Ich frage mich, wer sich zum Beispiel diese Frisur ausgedacht hat, bei der man über dem schwarzen oder dunkelroten mittellangen Haar eine Kappe Wasserstoffblond trägt, und warum dieser Mensch nicht auf der Stelle standrechtlich erschossen wurde. Außerdem wird auch das Konzept "Strähnchen" oft und nur zu gern zu einem wirklich nicht mehr ansehnlichen Extrem getrieben. Es drängt sich mir die Frage auf, ob man auch dafür die Langeweile verantwortlich machen kann. Nichtsdestotrotz steigen die Twens in Ihre Audis und BMWs, um zu ihren Einfamilienhäusern voller Finke-Möbel zu fahren, und hinter der Hand über mich, mein Mobiltelefon aus dem letzten Jahrtausend und meinen prekären Lebensstil zu lachen. Fair enough!

Am Samstag bin ich zur Geburtstagsfeier einer der löblichen Ausnahmen, nämlich meines jüngeren Bruders eingeladen. Nachdem der Wodka seine gewohnte Arbeit verrichtet, und mich meinem Umfeld gegenüber milder werden lässt, führe ich mit den fast noch Jugendlichen Hornby-esque Gespräche über Fußball und Popmusik. Zu späterer Stunde sehe ich mich bedingt durch meinen Altersvorsprung und meiner jahrelangen kosmopolitischen Lebensweise nicht nur in der Lage sondern in der Pflicht, den privilegierten anwesenden löblichen Ausnahmen die Welt zu erklären. Leider kann ich mich an das Gespräch nur bruchstückhaft erinnern, aber ich glaube es katapultiert mich in Nullkommanichts in die Position des Stargastes. Irgendwann als es schon hell ist, ruft mich mein Bett. Es ist diese seltsame Morgenstunde zwischen nichts und gar nichts. Ehe ich in einen tiefen traumlosen Schlaf falle, ist der Moment gekommen zu sagen "Halleluja Berlin", man kann einfach nicht jeden Tag die Welt retten, aber man muss es wenigstens versuchen.

Freitag, 12. Juni 2009

Die Übermüdung schlägt zurück.

Diese Woche hat mir mal wieder jede Menge Bälle zugespielt, um über so aufregende Dinge wie eine Work-Life-Balance nachzudenken. Ich befinde mich momentan zwar eher an einem Punkt, an dem ich mir Gedanken um meine Sleep-Awake-Balance oder die gute alte Beer-Vodka-Juice-Balance machen sollte (Achtung, im nächsten Eintrag werden dann zur Freude aller englische Verben deutsch dekliniert, das wird ein Spaß!), aber es sind ja im Grunde nur Schattierungen, die hier das eine vom anderen trennen. Oder etwa nicht? Grad als ich mir aus aktuellem Anlass (der alte gelbe NEID!) Gedanken machte, wie ich der Lohnarbeit entfliehen könnte, um die Zeit rumzubringen, bis Leo endlich dieses Modell verlässt und wir auf seine Privatinsel ziehen, wurde mir eine Festanstellung angeboten. Zwickmühle. Sicherheitsbedürfnis versus Sinnentleertheit von Excel-Files. Wozu lügen? Ich hab mich gefreut und angenommen; so ist das halt, wenn man alles ein bisschen, aber nichts wirklich richtig kann. Ich sollte öfter durchlesen, was ich mir mit dem Zeigefinger auf die Innenfläche der Hand schreibe: "Augen auf bei der Berufswahl!" zum Beispiel, dumm nur, dass ich immer noch so viele andere Sachen drauf schreibe, so dass man schließlich gar nicht mehr alles lesen kann und vieles nur am Wochenende seinen tieferen Sinn offenbart. Oder was bedeutet "Real Madrid kann sich alles erlauben" und "Hauptsache es dreht"? Wie dem auch sei. Der Alexanderplatz ist übrigens wirklich kein besonders hübscher Ort. Manchmal können sich dort aber trotzdem schöne Dinge zutragen. Was lernen wir daraus? Nichts ist wie es scheint!

Kathleen, der hier ist für Dich! Weil Du mich lieber magst als Spiegel Online und zweifelsohne großen Anteil dran hast, dass ich überhaupt wieder was anderes tippe als Zahlen. Und natürlich für Heidi, deren Gedanken ich immer wieder einfach so entwende - schreibt jemand mit?

Mittwoch, 10. Juni 2009

Let there be...drama!

Um deutlich zu machen, dass sich mein Leben nicht nur morgens und nicht ausschließlich in der Ringbahn in seiner vollen Pracht entfaltet, jetzt mal ein paar Gedanken, die mir mit Vorliebe in der zweiten Tageshälfte durch den Kopf schießen. Gestern Abend also mit Heidie über Pfefferminztee und Coke Light in einer Bar in Mitte kamen wir auf die scheinbar wichtigsten Themen des modernen Daseins überhaupt zu sprechen: Die Inneneinrichtung der eigenen Wohnung, Vorzüge und Nachteile von neuen Vorhängen (oder auch: Wozu überhaupt Vorhänge?), Sommernachtstraum versus Romeo und Julia und welches Getränk zu welcher Farbe und zu welcher Jahreszeit passt. Nachdem wir das für alle Seiten mehr als zufriedenstellend durchgekaut hatten, kamen wir auf einen ähnlich wichtigen Aspekt unseres Großstadtdaseins zu sprechen (wobei ich die Provinzen da nicht ausnehmen will, nur dass das Problem dort oft scheinbar einfacher und auf jeden Fall schneller gelöst wird): Die alte, verdammte, ständig gesuchte, manchmal geschätzte, öfter noch verfluchte, heimtückische Liebe und die Frage, warum man sich das Leben immer wieder ohne jeden ersichtlichen Zwang selbst schwer macht. Nachdem ich letztes Jahr im Herbst in einem schmerzhaften und im Rückblick recht gewagten Selbstversuch herausgefunden hatte, dass man an einem gebrochenen Herzen wider Erwarten doch nicht stirbt, sollte man meinen, dass ich von nun an festen Schrittes durch mein Leben gehe, maximal noch ab und an Phantomschmerz empfinde, und generell eher vermeide, jemals wieder sehenden Auges und erhobenen Kopfes ins Messer zu laufen. Sollte man meinen. Wäre ja auch nur logisch. Und im Grunde ist es auch so; schließlich wird man älter, reifer und vernünftiger, was dazu führt, dass man sich nicht mehr sofort in irgendwelche Sachen verrennt und reinsteigert, die einem so ab und an widerfahren. Natürlich nicht, das fehlte gerade noch! Da stehen wir doch alle längst drüber! Nichtsdestotrotz ist und bleibt das Herz ein einsamer Jäger, und dummerweise kann einem wohl niemand die Entscheidung abnehmen, ob es sich lohnt einzutauchen. Dass man – wenn ja – die Möglichkeit des Ertrinkens in Kauf nehmen muss, steht jedoch außer Frage.

Für J.D. an ihrem Geburtstag, und weil sie sich bisher ausgezeichnet durchs Leben geschlängelt hat, ohne jemals den Mut oder gar das Lächeln zu verlieren.

Dienstag, 9. Juni 2009

Tag 2

Wer ein solch interessantes Leben hat wie ich, dem passieren selbstverständlich nicht nur gute Dinge. Heute Morgen fällt mir der Toast aus der Hand und landet (natürlich) auf der Seite mit dem Pflaumenmus! Gut, dass Julia mir erklärt hat, dass das nichts mit Murphys Law und persönlichem Pech zu tun hat, sondern rein physikalische Gründe dafür verantwortlich sind. Ich nehme es dem Leben also in dem Moment noch nicht übel. Schlimmer wird´s, als ich auf dem Bahnsteig kurz innerlich einschlafe und deswegen keinen Sitzplatz mehr bekomme. Im Gesundbrunnen habe ich einen Moment lang scheinbar Rückenwind, doch dann wird mit der mir zustehende Platz von einem Mädchen streitig gemacht, die ihn für ihren Freund besetzt hält – Pärchen-Look, mich schaudert einen Moment, und ich begebe mich zurück in die Arme von Maximo Park und atme tief durch. Wenig später fällt mein MP3-Player aus, und als ich die S-Bahnstation verlasse, beginnt es zu regnen. Ich eiere die Beusselstraße runter, und suche den Himmel nach seltsamen Wolken ab; vielleicht gibt es ja eine logische Erklärung für all das. Ich kann jedoch keine Wolke mit dem Aussehen des Grimm entdecken. Plötzlich kommt mir das Heil in Form von 2 nicht mehr ganz jungen Frauen entgegen, die mich milde anlächeln. Ich schaue hinter mich – niemand. Oh nein! Meinen die mich? Ich tue geschäftig, und bekomme trotzdem ein kleines Pamphlet in die Hand gedrückt, das ich geschwind an mich nehme, um einem Gespräch aus dem Weg zu gehen. „Biblischer Vortrag und Wachturm-Studium“ steht darauf. Meine Aufmerksamkeit bleibt jedoch nicht beim Text sondern am Cover hängen: „Leben in einer friedlichen neuen Welt“. Man sieht eine idyllische Indian Summer Szene, ein Reh schaut verschmitzt um die Ecke, der Himmel ist blau und die Blätter an den Bäumen sind bunt, im Hintergrund geht ein Pärchen spazieren, riesige weiße Häuser stehen an einem See, dessen Gewässer sicher bis oben hin voll mit glücklichen Fischen sind. Im Vordergrund füttern ein Mädchen und ihre Mutter einen Braunbären mit Heidelbeeren. Ich lächle in mich hinein, alles wird gut, doch dann, Moment mal! Hier stimmt doch etwas nicht! Heißt das etwa, dass wir in der friedlichen neuen Welt in trauter Eintracht mit Raubtieren zusammenleben werden? Heißt das dann zwangsläufig, dass es auch für uns kein Fleisch mehr zu essen geben wird, wenn selbst die Bären auf Heidelbeeren umsteigen? Verehrung für die historische Figur Jesus Christus hin oder her, eine solche neue Welt will ich nicht! Ich bin drauf und dran umzukehren, und die Frauen zur Rede zu stellen, doch dann siegt das Verantwortungsbewusstsein, und ich lege die letzten 100 Meter zu meinem Schreibtisch mit gesenktem Kopf zurück. Wie jetzt? Wer keine eigenen Probleme hat, der denkt sich eben welche aus. Ist doch klar!

Montag, 8. Juni 2009

Ich überlege immer noch...

...ob der Satz dieser Woche

"Denken hilft, aber nicht immer."

oder

"Mein Alter ist egal, Hauptsache man sieht´s mir nicht an."

sein soll.

Monday morning wake up knowing that you gotta go to school...

Ich frage mich, ob es ein schlechtes Omen für den Tag ist, wenn Montag morgens der Toast, den man für sein Frühstück eingeplant hatte, verschimmelt ist. Und – diesen Gedanken weiterführend – ob es dann ein fatales Omen direkt für die Woche ist, wenn man das erst bemerkt, nachdem man die erste Scheibe ganz, und die zweite zur Hälfte aufgegessen hat. Seit ich am letzten Freitag die mit Rotstift bewertete Klausur meines Sitznachbarn in der Bahn gesehen habe, bin ich besessen vom Thema wieder Student- oder gar (viel besser!) Schüler zu sein. Fast hätte ich mich an der FU fürs Wintersemester in moderner Literatur oder Philosophie eingeschrieben. Als Schüler musste man – wenn überhaupt – eine Aufmerksamkeitsspanne von maximal 45 Minuten haben! 45 Minuten!! So lange brauche ich heute, um überhaupt aus dem Bett zu kommen. Als Student brauchte man dann gar keine Aufmerksamkeit mehr, das lief dank copy and paste quasi alles von allein. Nachdem in letzter Zeit in Einzelfällen die Absurditäten meines Alltags die Absurditäten in meinem Kopf übersteigen, sehe ich die einzige Lösung darin, nicht mehr in der Lohnarbeit gefangen zu sein. Außerdem kann das auf Dauer ja lebensgefährlich sein, wenn man ständig verdorbene Nahrungsmittel zu sich nimmt. Mittlerweile scheint es mir unmöglich, ein normales, seriös erscheinendes Erwachsenenleben mit 9 Stunden ernsthafter Arbeit jeden Tag, Einkaufen, Wäsche waschen und all diesem Kram, damit zu kombinieren, dass ich morgens aufwache und mich frage wo und vor allem wer ich bin. Reicht das zur Invalidität? Neulich scheiterte ich schon bei dem simplen Versuch, Schokolade zu kaufen, wobei man sagen muss, dass es einem da heutzutage auch nicht leicht gemacht wird, denn, beim besten Willen, wer braucht schon Sorten wie Creme Coco, Cappuccino & Amarettini und Erdbeer Joghurt? Trotzallem und nach reiflicher Überlegung zwingt mich meine Verantwortungslosigkeit in finanziellen Aspekten zunächst leider weiterhin dazu, täglich zur Arbeit zu gehen. Dabei scheint reich heiraten immer noch der einzige Weg aus diesem Teufelskreis zu sein. Da es wahrscheinlich noch ein wenig dauern wird, bis sich Leonardo DiCaprio zu unserer Verbindung bekennt, heißt es jetzt zurück zum Grundlegenden: Franz Ferdinand hören, Becks trinken, Lucky Strike rauchen und Tischtennis spielen. Oder wie Mercutio schon wusste: "If love be rough with you, be rough with love."

Freitag, 5. Juni 2009

Friday Street

Heute Morgen in der Bahn verschlägt es mich in einen dieser Wagons, wo für gewöhnlich diese lästigen Leute mit Ihren Fahrrädern stehen. Offensichtlich ist der Freitag Morgen da keine Ausnahme. Nachdem ich gestern rausfinden musste, dass Goethes Liebesleben entgegen der landläufigen Annahme alles andere als glücklich war (man muss nur mal aufmerksam eine Vielzahl seiner Balladen und Gedichte lesen; man kommt aus dem Weinen nicht mehr raus!), und dieses Wissen dann in Martini ertränkt hatte, kann ich jetzt unmöglich stehen. Also zwänge ich mich auf einen dieser schrecklichen Klappsitze und halte hinter der Sonnenbrille nach schönen Händen Ausschau. Leider werde ich heute nicht fündig, so dass sich mein Geist seiner Natur gemäß auf Reisen begibt. Nachdem ich diese Woche vom Spiegel Titelthema zu sehr an eine Sammlung von Kalendersprüchen erinnert worden war, und den Hamburgern jetzt grolle, verwerfe ich die Idee, mich der Zeitschrift zu widmen. Stattdessen sehe ich mich um. Neben mir sitzt ein junger Mensch und schaut sich seine bewertete Klausur im Fach Bauwesen an. Nachdem ich letzte Nacht literarische im Sturm und Drang und der Klassik zu Gast war, denke ich, kann es nicht schaden ein paar Jahrhunderte zurück zu gehen, und architektonisch in Gotik und Romanik einzutauchen. Dummerweise habe ich schon Probleme, die Handschrift zu entziffern, und komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus, als ich sehe, dass dieser junge Mann seine Sätze mit "Eigentlich…" und "Irgendwie…" beginnt. Da hat wohl jemand sein Abitur in Bremen oder Nordrhein Westfalen gemacht? Es wäre zu leicht, darüber zu lachen, außerdem bleibe ich gedanklich bei etwas ganz Anderem hängen, nämlich den mit Rotschrift an den Rand geschriebenen Bemerkungen des Testenden. Gerade als ich darüber nachdenke, wie schön es doch war, als das Leben noch von Rotstiften und Klausurterminen in seinen Bahnen gehalten wurde, schüttet sich eine junge Frau mit Fahrrad während sie am Telefon spricht die Hälfte Ihres Kaffeegetränks ungelenk in den Ärmel. Es wird wirklich nie langweilig in der Ringbahn. Ich hoffe, es war Latte Macchiato, das wäre die gerechte Strafe, sozusagen der Rotstift der Realität! Erstaunlicherweise spricht sie nahezu ungerührt weiter. Neben mir wird währenddessen die Klausur eingepackt, und wir sind auch schon wieder in der Beusselstraße angekommen. Ich hieve mich hoch, und muss feststellen, dass das Kaffee-Mädchen und der Bauwesen-Junge durch etwas ganz Besonderes miteinander verbunden sind: Sie sehen von Vorn ganz anders aus, als man von der Profilansicht her vermutet hätte, und zwar nicht unbedingt besser! Was ich damit sagen will? Das Leben ist wirklich nicht fair! Dummerweise muss ich aussteigen, ehe ich sie verkuppeln kann.

Donnerstag, 4. Juni 2009

The lines of transport make their way through towns.

Heute Morgen in der Bahn. Als Hintergrund sei gestreut, dass ich an etwa 4 von 5 Tagen morgens einen Sitzplatz in der Ringbahn ergattere. Das liegt daran, dass ich schnell und relativ skrupellos bin. Bei diesen 3er–Bänken setze ich mich zur Not auch in die Mitte; zum Glück bin ich derzeit eher schmal. Heute Morgen gebe ich mich also mal wieder mit dem Platz in der Mitte zufrieden und mir schräg gegenüber sitzt dieser attraktiven Mann, den ich in unregelmäßigen Abständen immer mal gegen 8:15 in der Ringbahn sehe. Eigentlich müsste er seiner Erscheinung entsprechend in der Schönhauser Allee zusteigen. Ich bin froh, dass er es nicht tut. Er ist nicht klassisch schön, aber er hat was. Ich fahre bis zur Beusselstraße und mir erscheint es so, als schauten wir uns ein paar Mal verlegen an. Ich stelle fest, dass er sehr schöne Hände hat, und in Gedanken stehe ich heute etwas früher auf, gehe zu ihm, bedeute ihm mit einem Fingerzeig, die Kopfhörer abzunehmen, um ihm zu sagen: "Verzeihen Sie bitte (natürlich sieze ich ihn!), aber ich muss das ganz dringend loswerden ehe ich aussteige: Sie haben ganz wundervolle Hände. Schönen Tag noch." Es wäre eine Sternstunde der modernen Romantik in der Ringbahn gewesen, er wäre den ganzen Tag nicht aus dem Staunen rausgekommen, und ich wäre heute Abend vielleicht von meinen Freunden eingewiesen worden. So aber nichts von all dem. Ich steige an der Haltestelle Beusselstraße aus und murmele die Worte des Dichterfürsten vor mich hin: "Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde. Es war getan fast eh gedacht."

Mittwoch, 3. Juni 2009

Mittwoch ist nicht das Gleiche wie Dienstag.

Es regnet. Ich stehe unter einem Baum an der Spree in Alt Moabit und schaue versonnen mit meinem James-Dean-Gedächtnisblick den Fluss hinauf (oder hinab?). Ich höre den Soundtrack einer amerikanischen TV-Serie und weiß, dass ich nur eine Lucky Strike vom ersten, eigenen, mir zu Füßen liegenden Fanclub entfernt bin. Manchmal ist man wirklich ganz nah dran, um sich dann doch wieder der Sinnentleertheit von Bürohäusern hinzugeben. Naja, uns bleibt immer Madrid.