Mittwoch, 2. November 2011

There's a light that never goes out.

Es lebt sich einfach leichter in der Annahme, geliebt zu werden. Die Bodenlosigkeit des Geliebtwerdenwollens… Oh wie dumm! Oh wie edel! Oh wie verständlich! Und tatsächlich: wie absurd! Es reicht uns ja nicht, platonisch geliebt zu werden, wir wollen immer mehr. Es geht dabei auch nicht nur um Sex. Beileibe nicht, alles wäre so viel einfacher, ginge es nur um Sex! Und manchmal zerbrechen wir daran, wenn wir dieses Mehr bekommen und meistens, wenn wir es nicht bekommen, siechen wir eben dahin. Kennen Sie das, wenn Sie aufhören, Sie selbst zu sein, um der Mensch zu sein, von dem Sie denken, der Gegenüber wolle das? Oder wenn Ihnen die Angst, nicht mehr (genug) geliebt zu werden, die Luft nimmt, so dass Sie nur noch ein Schatten Ihrer Selbst sind, den es sich dann einfach sehr viel schwerer liebt, als Ihr eigentliches Ich? Sie wissen schon, richtig?

An Tag 2 des Laufens denke ich, dass ich ein fantastisches Leben führe. Ich sage laut zu einem Menschen, den ich gerade kennengelernt habe, der aber in wenigen Stunden mehr über mich erfahren hat, als manch Anderer in Jahren, dass ich eigentlich abbrechen könnte, ich wisse ja nun, dass im Grunde alles wunderbar ist. Aber natürlich gehe ich weiter. Es sind insgesamt 230 Kilometer. Jeden Tag geht es aufs Neue nur darum, anzukommen, zu essen, zu trinken, zu schlafen, zu duschen und zu konversieren. Das ist schaffbar, noch dazu macht es Spaß – na gut, vielleicht nicht jedermanns Sache, aber mir tut es mal gut, Reizüberflutung gegen körperliche Betätigung einzutauschen. Ich könnte ein Loblied auf die Pilgerei singen, und wenn ich das jetzt hier nicht tue, dann liegt es nur daran, dass alles bereits gesagt worden ist, teilweise sehr amüsant von Hape Kerkeling. Was ich noch einmal festhalten will ist, dass es keine Abkürzung gibt, nicht alle Ziele sind gleich, deswegen sind es auch nicht alle Wege, ist ja klar! All diese einfachen Wahrheiten liegen zuhauf neben den gelben Pfeilen, die Richtung Santiago weisen. Ich könnte einen Monatslohn ins Phrasenschwein werfen, würde ich alle Weisheiten des Weges zitieren wollen, unterm Strich bleibt: Man wechselt die Perspektive und Vieles erscheint endlich so gut, wie es tatsächlich ist.

Erstaunlicherweise hält diese Erkenntnis nun schon einen Monat lang an. Ich befürchte, dass die Blase irgendwann platzt, manchmal treffe ich die alte Angst beim Rauchen auf dem Balkon, aber ich lasse sie meistens nicht mehr in die Wohnung. Wenn ich jetzt wirklich den Knopf zum Kopfkino gefunden habe, verdiene ich mich noch dumm und dämlich! Dann geb ich einen aus, versprochen!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Aaaach Ulli!!! Ein grosser fetter langer Seufzer ist die einzig angemessene Antwort auf diesen post! *siiiiiggggghhhhhh*