Donnerstag, 26. Juli 2012

L' Enfer c'est les autres.


Ich hatte mir vorgenommen, etwas Launiges zu schreiben, weil ich die Formulierung "etwas Launiges" gut finde. Etwas Launiges, dachte ich, passt zu diesen 72 Stunden Sommer, die wir gerade erleben. "Mach doch nochmal wer einen Aperol Spritzzzz zurecht, bitte", rief ich über den Gang. Keine Antwort. Und dann kamen mir also diese Zweifel an der Situation und am Konzept, ja tatsächlich schlich sich der Gedanke ein, ich könnte Feinde haben:

Am Montag und am Mittwoch nehme ich das Rad, um zu meinem Arbeitsplatz und wieder zurück zu gelangen. Das tut gut, habe ich doch das Gefühl, täglich fetter zu werden und Spaß macht es auch irgendwie. Also das Radfahren jetzt. Am Montag werde ich auf dem Heimweg dann fast Opfer eines Rechtsabbiegers, der den Radweg und mich einfach nicht für voll nimmt und gestern passiert mir Selbiges auf dem Weg zur Stanze hin. Die Autos sind nicht dieselben, aber die Situation ist täuschend ähnlich und in beiden Fällen rettet mich nur meine unfassbar schnelle Reaktionsgabe. Verbal bin ich übrigens derzeit ziemlich nahe an "diese verdammten Wichser" gebaut. Das macht mich nicht stolz, Fluchen auf Spanisch hätte mehr Klasse und ist deutlich virtuoser, es geht mir nur leider nicht mehr so gut von der Zunge. Als ich gestern Abend beim Müllrausbringen dann auf eine dieser ekelhaften braunen Nacktschnecken trete und danach herausfinde, dass Spotify aus unerfindlichen Gründen nicht mehr auf meinem Laptop funktioniert, beginne ich, mich in Verschwörungstheorien zu ergehen. Jedoch, wer sollte mir denn grollen und gleichzeitig die Macht haben, verschiedene Lieferwagen und Kriechtiere auf mich loszulassen? Kürzlich empfahl man mir Methadon gegen Liebeskummer. Da dachte ich dann doch, dass hier was nicht stimmen kann, das wäre ja ein wenig wie mit Kanonen auf Spatzen schießen. Aber als sich herausstellt, dass mein Telefon nicht mal mehr in der Lage ist, eine MMS zu öffnen… … … ja, da beginnt mein Weltbild zu wackeln und "etwas Launiges" ist mir irgendwie auch vergangen. Das Schicksal herausfordernd bin ich aber heute trotzdem wieder mit dem Rad da und hinzu ist immerhin alles gutgegangen. Ich bleibe aufmerksam, nur noch grüne Ampeln und so, keine Süßigkeiten von Fremden annehmen, Sie wissen schon. Und wissen Sie noch was? Nein? Nun, ich werde es Ihnen sagen: Wenn Sartre der Ansicht ist "Was auch immer der höllische Zirkel unseres Lebens sein mag, ich denke, dass wir die Freiheit haben, ihn zu sprengen." so liegt er sicher richtig, nur muss man erstmal einen Weg finden, den Graben zwischen Theorie und Praxis zu überwinden.  

Der nächste Eintrag dann über "etwas Übellauniges" - halten Sie sich bereit!

Mittwoch, 18. Juli 2012

Emo-Kater.

Post-Melt! ist nicht einfach. Nach dem Urlaub ist es das ja nie, und dieses Jahr ist es vielleicht noch schwerer als sonst, die Rückkehr von der richtigen auf die gewöhnliche Seite strengt an. Wobei es vielleicht eine Eigenheit der Aktualität ist, immer schwerer zu erscheinen, als die Vergangenheit. Früher, als das FIB noch gut und nicht von Engländern überschwemmt war, nannten wir es immer "das neue Weihnachten" und das Escenario Verde war der dazugehörige Weihnachtsbaum. Diesen Platz hat nun das Melt! eingenommen, auch wenn das Line-up dieses Jahr ein paar Kracher vermissen ließ. Als Gesamtpaket hingegen hat es mehr als überzeugt, was sicherlich zuvorderst an der wunderbaren Gesellschaft lag. Ohne falsche Bescheidenheit kann man sagen, dass wir nicht nur das schönste, sondern in jeder Hinsicht - inklusive Insassen - auch einfach das beste Camp auf dem ganzen Zeltplatz hatten. So war's, ich schwör, darauf einen Greyhound!
 
Für die Erholung habe ich mir 2 Tage frei genommen. Montag für den Körper, gestern für den Geist, und trotz dieser Vorsichtsmaßnahme ist der Emo-Kater heute da und weicht eigentlich bis jetzt nicht von meiner Seite. Es wurde einer dieser Tage, an dem es schwer fällt, die simpelsten und alltäglichsten Dinge zu tun. Darüber hinaus schlief ich schlecht, die Nacht wurde noch vor mir müde. Um 4 Uhr morgens ziehe ich den Vorhang ein wenig beiseite und schaue aus dem Fenster, weil ich prüfen will, wie hell es schon ist. Nicht so sehr, noch bevor der August da ist, geht die Tagedieberei also wieder los. Im Haus gegenüber wohnt ein alter Herr, den ich relativ häufig auf ein Kissen im Fensterbrett gelehnt und nach draußen schauen sehe. Tagsüber. Hat mich das zunächst noch amüsiert, fand ich es zunehmend traurig, vor allem weil in meiner Straße einfach nichts aufregendes oder wenigstens halbwegs interessantes passiert. Ich blicke also in den Himmel und sehe einen zarten Streifen hellblau am Horizont, dann schaue ich auf die Straße und sehe den alten Herren auf seinem Kissen im Fensterbrett und irgendwie bricht es mir vor Mitleid ein wenig das Herz. Was macht er denn da um 4 Uhr morgens?! Ich lege mich wieder ins Bett und denke über ihn nach, darüber schlafe ich dann wohl doch ein. Als ich um halb 8 aufstehen muss, sitzt der Kater auf dem Bett und sagt "Oh my god, it´s techno music!" - Herzlichen Glückwunsch.