Montag, 7. Juni 2010

An ending fitting for the start.

Ich stelle mir das so vor: Wenn ich eines Tages in den Himmel komme (was – wenn ich weiter so mache – definitiv passieren wird), dann glaube ich, dass die Engel genauso singen wie Peter Doherty, bei Albion oder For Lovers. Wirklich!

Den vergangenen Samstag und Sonntag verbrachte ich in Madrid. Ständig wurde ich von irgendwelchen Leuten der Nacht gefragt, ob ich denn die Stadt nicht ganz schrecklich vermisse. Ich fühle mich in Berlin ausgesprochen wohl und zu Hause, ja, ich gehe so weit zu sagen, dass ich so etwas wie glücklich bin! Aber in der Regel bringe ich auch derart viel Empathie auf, dass es mir oft fast unmöglich ist, die Erwartungen der Menschen, die mir wohlgesonnen sind, zu enttäuschen. Man sah mich also mit unschuldigen Augen an, und ich ersann folgende wunderbare Metapher: Madrid ist so etwas wie meine erste große Liebe. Wir waren 2 Jahre zusammen und trennten uns dann wegen der Unmöglichkeit unserer Verbindung unter Tränen, aber im Guten. Wir mögen uns immer noch sehr und sind einander in Innigkeit verbunden, aber wir haben uns auch beide weiterentwickelt. Wenn wir uns wiedersehen, dann ist das stets Anlass zu Freude und Nostalgie, einen Weg zurück gibt es hingegen nicht. Man ist sich seltsam vertraut und gleichzeitig irgendwie fremd, den Neuerungen, steht man aufgeschlossen und staunend gegenüber, jedoch nicht ohne innerlich ein bisschen zu hadern, und heimlich bei sich zu denken, dass die Vergangenheit trotzdem irgendwie besser war. Dann trinkt man gemeinsam ein wenig und gibt sich einen Moment lang der Illusion hin, dass alles wieder ist wie früher.

Am späten Samstagnachmittag habe ich noch etwas Zeit bis zum Abendessen, also mache ich bewusst einen Umweg, um an meiner alten Wohnung vorbeizugehen. Als ich in die Straße einbiege, die sich in leichtem Gefälle zwischen den Altbauchschluchten nördlich der Gran Vía hinab windet, schlägt mir das Herz bis zum Hals. Vor dem Portal, durch das ich in allen erdenklichen Gefühlszuständen hunderte von Malen gegangen bin, bleibe ich kurz stehen, und dann trifft es mich mitten ins Herz: Es sind wohl vor allem die Gerüche, vielleicht aber auch die Hitze, die Geräusche der Straße und Bars, die an mein Ohr dringen, das seltsame Licht der Abenddämmerung und die Tatsache, dass ich übernächtigt bin, die mich in den Sommer 2002 transportieren. Ich muss mich ganz kurz an der Hauswand anlehnen, rutsche mit dem Rücken zur Wand zu Boden und zünde mir eine Zigarette an. Tief durchatmen. Sammeln. Man kann wohl sagen, ich neige zu Sentimentalitäten.

Berlin ist so gesehen meine zweite große Liebe, und als sie mich gestern Nacht wieder verständnisvoll in ihre Arme schließt, mir über den Kopf streichelt und mir sagt, dass alles gut ist, da denke ich: 1.) Ich sollte dringend mal wieder 8 Stunden am Stück schlafen. 2.) "…und doch, welch Glück, geliebt zu werden. Und lieben, Götter, welch ein Glück!"

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hach ..wie gut geschrieben. Schoen wenn man 2 grosse Lieben hat. Ich bin da eher waehlerisch und kann mich deswegen zu nichts vollkommen bekennen. So kriegt jeder was er gibt ... 2 grosse oder einfach viele kleinen Lieben! Hauptsache man ist "so etwas wie gluecklich" ....

Sally Cinnamon hat gesagt…

Vielen lieben Dank!

Ein tröstlicher Gedanke: you get what you give. Dennoch: Wer zu lange in die Sonne sieht, wird blind.

melosine hat gesagt…

Deshalb brauchte man in Madriz ja auch immer Sonnenbrille. Die haetten wir vielleicht auch beser gelegentlich auch mal Nachts getragen.
Ach ja, ich bin selbst beim Lesen fast ein klein wenig wehmuetig geworden. Dann hab ich kurz an Kakerlaken und Gasflaschen schleppen gedacht und alles ist wieder gut, so wie es jetzt ist.