Freitag, 25. Juni 2010

Happiness is a warm gun.

Ich sitze an meinem Schreibtisch und zähle innerlich von 10 bis 1 runter, um benennen zu können, wann genau mein Kopf auf die Tastatur fallen wird. Ich bin bei 2 ½ angekommen, als mein Vorgesetzter mein Büro betritt, mich leicht verwundert anschaut, und sich schließlich nach irgendwelchen Zahlen erkundigt. Er sieht mich meistens verwundert an, wahrscheinlich fragt er sich, wie sich mein Name immer noch monatlich in die Lohnabrechnung mogelt, oder warum er mir eigentlich nie gesagt hat, dass die Ausdehnung des Casual Friday auf die ganze Woche eine sehr eigenmächtige Entscheidung von mir war. Ich tue geschäftig, drehe mich auf meinem Stuhl Richtung Tür, schließe währenddessen mit einem Klick Facebook und mit einem leicht hysterischen Blick und einem schiefen Grinsen bestätige ich ihm, dass "wir das heute vor COB auf jeden Fall schaffen." Dass ich sage "wir" und "COB" scheint ihn misstrauisch zu machen. Er ist sehr scharfsinnig, ich mag ihn und selbstverständlich zweifelt er nicht grundlos an meiner Zurechnungsfähigkeit. Weil ich unterhaltsam bin, scheint er mich trotz allem aber auch irgendwie zu mögen, zumindest kann ich mir meinen Verbleib im Unternehmen nicht anders erklären. Wir sprechen kurz über die Zahlen, nur um dann (wie meistens) vom Thema abzukommen, und das politische und sportliche Tagesgeschehen zu kommentieren, neuerdings natürlich häufiger Letzteres. Warum die Europäer bei der WM erstaunlich schlecht spielen, kann ich ihm leichter und anschaulicher erklären, als meine Meinung zum letzten Forecast. Zu seiner Freude gebe ich ein paar Absurditäten und Albernheiten von mir, die er wie immer souverän pariert (wir wissen eben beide, was das Publikum erwartet), bis er mich plötzlich ernst ansieht und fragt, ob denn bei mir eigentlich alles in Ordnung sei. Ich komme mir vor wie in der 9. Klasse, verkneife mir nur mühsam ein trotziges "Warum?" und murmle stattdessen irgendetwas von Heuschnupfen, Sonnenallergie und Medikamenten. Er scheint nicht wirklich überzeugt, hat aber Wichtigeres zu tun, und gibt sich mit dieser Antwort zufrieden, um dann wieder zu verschwinden, und zwar – so viel muss man sagen – auf eine Art und Weise, die besonders in Anbetracht seiner Größe, erstaunlich ätherisch auf mich wirkt. Ich bleibe kopfschüttelnd zurück, drehe mich 2-3 mal mit dem Bürostuhl um die eigene Achse, balanciere den Kugelschreiber auf der Nase und überlege, ob bei mir eigentlich alles in Ordnung ist. Das ist tatsächlich eine Frage, die man sich viel zu selten stellt, und wer mich in dem Moment sehen könnte, würde sicherlich ein klares Nein hervorbringen. Aber dann trifft mich die Erkenntnis quasi unvorbereitet und mit voller Wucht mitten zwischen die Augen: Abgesehen davon, dass ich gerade auseinanderfalle, bin ich wirklich glücklich. Unfassbar ist das nicht, die Gründe liegen klar auf der Hand, aber die Frage war trotzdem berechtigt, denn ich befürchtet, Quatsch!, ich WEISS, dass das Glück nicht der normale Zustand ist. Fazit? Lächeln! Auch dann, wenn kein Foto gemacht wird!

PD: Para mis fans de nacionalidad espanyola: No prometo nada, pero a lo mejor algún día vuelva a escribir en castellano. Hasta entonces: Aprender alemán! :-D

2 Kommentare:

Polly Pocket hat gesagt…

Lächeln! Auch dann, wenn kein Foto gemacht wird! Ich seh dich trotzdem... :)

Sally Cinnamon hat gesagt…

*Klick*

Vor allem siehst DU mich wirklich!