Donnerstag, 25. April 2013

Man muss etwas tun.

Die Angst vor dem leeren Blatt Papier. Wobei das heutzutage meistens ja nur noch im übertragenen Sinne ein solches ist. Die Angst vor dem leeren Bildschirm, die Finger zitternd auf der Tastatur eben. Ich schreibe seit jeher Dinge auf, um den Verstand nicht zu verlieren - wahrscheinlich ähnlich, wie man via Unterbewusstsein das Geschehene in Träumen verarbeitet, archiviere ich in diversen Tagebüchern, Heften, Zettlblöcken und modernerweise sogar auf dem Computer die Vorkommnise, bemühe ich mich um Einordnung, alles dem Zweck unterworfen, für mich selber den Überblick nicht zu verlieren. Ich weiß nicht, ob ich derzeit unkonzentrierter bin, oder ob einfach zu viel passiert, jedenfalls habe ich das Gefühl, nicht mehr richtig nachzukommen. Ständig sieht man sich genötigt, zu irgendeinem Thema Stellung beziehen zu müssen, dabei ist es schwer im allgemeinen Geschrei den Unterschied zwischen Meinung und Information zu erkennen. Wen es überrascht, das "Leute wie" Uli Hoeneß Steuern hinterziehen und Mario Götze das mit der "echten Liebe" dann doch nicht so ernst nimmt (was übrigens 2 ziemlich verschiedene Paar Schuhe sind), den erstaunt es auch, dass im Radsport gedopt wird. Vielleicht wäre es angenehm, wenn man zurückkehren könnte an eben diesen Punkt der Naivität, aber die Möglichkeit ist verbaut, der Verlust auch der geistigen Unschuld ist nicht umkehrbar und höchstwahrscheinlich nicht einmal wünschenswert. Und dabei ist es mindestens kurzsichtig wenn nicht fahrlässig "die Regeln des Spiels" (und ich rede nicht (nur) von Fußball) mit den wässrigen Maßstäben einer bürgerlichen Moral zu bewerten. Wenn das oberste systemische (jaja, ich weiß, dass ich nicht "System" sagen soll) Ziel die Mehrung von Profiten ist, dann kann man niemandem verübeln, wenn biegsame Regeln überspannt und umgangen werden. Brecht fasste das so schön mit "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" zusammen. Dem ist wenig hinzuzufügen. 

Was bleibt? Die Flucht ins Private ist eine Krücke, die nicht lange halten wird, aber dennoch ist es die einzige vorerst erreichbare Bastion. Dort zu Hause sind im besten Falle Fantasie und Humor, Galgenhumor vielleicht, aber das ist besser als nichts. Wir gehen in die Schaubühne und sehen "Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein Arschloch" von Rodrigo García, diese herrliche Mischung aus Inhalt und Trash. Schauen Sie sich das ruhig noch an, bevor Lars Eidinger zu groß und das Stück abgesetzt ist:
 
"Man muss etwas tun! Ohne an die Konsequenzen zu denken. Beim Menschen ist die Fähigkeit vorauszudenken sowieso so schlecht entwickelt; das ist eigentlich nichts anderes als ein Berg abgelagerter Vorurteile, da könnte man glatt ne neue Wissenschaft dazu erfinden: die psychologische Geologie würde ich das nennen... Vertrauenswürdiger jedenfalls ist der Instinkt."
 
Etwas tun also. Mit Sinn und Verstand, wenn möglich, was man in unserem Fall aber nicht mit "vernünftig" verwechseln sollte.

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