Mittwoch, 12. August 2020

In geregelten Bahnen

Es herrscht: das Sommerloch. Und so sitze ich ab und an vor dem Rechner und lese in den alten Blog (es heißt wohl eigentlich "das Blog", aber das hört sich in meinen Ohren seltsam an) rein und kichere ein wenig und wundere mich auch ein bisschen. 5 Jahre Schweigen und dann wundert die sich. Wundert sich über die Zeitverfluggeschwindigkeit und das Altern und darüber, dass man wohl nie fertig wird mit sich und den Anderen und dem Leben und den Ungerechtigkeiten – den gefühlten und den echten. Und wer ist überhaupt die Irre, die da in meinem Namen Blog geschrieben hat (clever den Artikel vermieden)?

 

Das Leben läuft - wie der Titel schon vermuten lässt - derzeit in geregelten Bahnen. Ich führe seit 6 Jahren eine gesunde, stabile Beziehung. Das hätte ich selber auch mal nicht erwartet, hatte ich doch zeitlebens ein sicheres Händchen für die Unmöglichen unter Abweisung derer, die gewollt hätten und vielleicht sogar gut für mich gewesen wären. Aber so ergab und ergibt ja jetzt auch alles Sinn und ich denke, beim Richtigen gelandet zu sein. Außerdem bin ich seit ein paar Jahren am genau richtigen Ort angestellt, ich zähle nicht mehr die Stunden bis zum Feierabend, sehe Sinn in meinem Tun, mag meine durchaus sehr unterschiedlichen Kollegen und fühle mich wohl hier. Hey, vielleicht gehe ich in 30 Jahren sogar bei dieser Arbeitgeberin in Rente! 30 Jahre... würde ich nicht schon sitzen, müsste ich mich hinsetzen. Und dann ist da noch Johann, der alles durcheinander gebracht und auf den Kopf gestellt hat. Johann ist 2 Jahre alt und er ist – wie sollte es bei den Eltern auch anders sein – ein super Typ. Mutter zu werden, war vielleicht die größte Zäsur in meinem Leben, ich war nicht darauf vorbereitet, ich hatte keine Ahnung, was 24/7 bedeutet, was permanenter Schlaf-Entzug anrichten kann (trotz Jahren des Techno) und was es heißt, für eine kleinen Menschen zu sorgen und der Mittelpunkt der Welt zu sein, während Hormone und unterschiedlichste, teils unbekannte Gefühle an mir zerren und ich gleichzeitig manchmal zergehe vor Liebe. Mittlerweile bin ich doch viel näher am Wasser als am Wodka gebaut. Aber machen Sie sich keine Sorgen, das hier wird jetzt kein Mutti-Blog, dazu fühle ich mich nicht berufen, auch haben mich die Ambivalenzen der Elternschaft dafür zu stark im Griff.

 

Das Leben hat sich sehr verändert, es ist im Grunde GANZ anders als noch vor ein paar Jahren. Die Frage, die ich mir nach etwas Lektüre der alten Einträge stelle ist, ob ich noch die Selbe bin, wie vor ein paar Jahren. Natürlich bin ich das nicht, aber was bleibt? Wie viel von uns ist fest, wie viel verändert sich und was ist Charakter – abgesehen von dem, was man Wein, Hunden und Käse zuschreibt? Es ist seltsam, denn ich lese die alten Einträge und erinnere mich an Situationen, Sternstunden, kleine Weltuntergänge, großes Kino, mittlere Fettnäpfchen und schwarze Löcher und sehe sowas wie Unbeschwertheit, obwohl ich weiß, dass ich gar nicht so unbeschwert war. Aber mit dem Ernst der bei mir Einzug gehalten hat, war ich vorher einfach nicht in der Tiefe bekannt und manchmal erschreckt mich das und es macht mich auch hin und wieder traurig, dabei habe ich so viel, was ich mir lange gewünscht hatte. Was es nur ist? Wahrscheinlich ist es etwas völliges normales und ich bin jetzt eben doch noch erwachsen geworden? Ich mache sogar eine Steuererklärung und gehe gern nackt baden, ohne mir allzu viele Gedanken um meinen schlaffer werdenden Körper zu machen. Doch nicht alles ist ganz verschwunden: Wenn mich nach dem 2. Gin Tonic jemand fragte, ob ich noch mit in die Renate käme (wenn sie denn geöffnet hätte), so sagte ich bestimmt noch immer „scheiß drauf, los geht’s!“ 

Donnerstag, 23. Juli 2015

Juli 2015 - Zustände, keine Zuständigkeiten.

Juli 2015 - erstaunlich, dass Disco 2000 von Pulp jetzt etwa 20 Jahre alt ist. Das muss man sich mal reinziehen! Und damals erschien das Jahr 2000 noch sehr weit weg und nun, "plötzlich", ist es 15 Jahre später. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber "Biedermeier" wird mit der Zeit immer verständlicher in meinen Augen. Ist das eine gewisse Desillusionierung? War es schon immer "so schlimm" und war ich nur zu jung und zu naiv, um es zu bemerken? In jedem Fall ist augenscheinlich, dass auf dieser Welt alles scheißegal ist, wenn es kein Geld oder keine Macht bringt. Ökologie? Menschenrechte? Freiheit? Harmonie? Frieden? Hinfort damit, wenn es im Weg steht zur Anhäufung von immer mehr Eigentum einer kleinen, feinen, mächtigen Kaste geht. Dafür kann man Verelendung breiter Massen schon auch mal in Kauf nehmen. Griechenland gebeugt und gedemütigt, damit irgendwelche reiche Asseln sich schließlich am Ausverkauf eines Landes eine goldene Nase verdienen können. Flüchtlinge zu Tausenden ausgesperrt, ausgehungert, mindestens fahrlässig in den Tod geschickt, nachdem der ach so menschliche Westen Landstriche, manchmal auch gleich Kontinente jahrhundertelang ausgebeutet und zahlreiche gescheiterte Staaten zurückgelassen hat. Man muss sich nicht wundern über den aufstrebenden Extremismus. Man stelle sich einen Menschen vor, der Anfang der 90er im Irak geboren wurde - dieser Mensch hat sein Leben lang ausschließlich Krieg erlebt - kein Wunder, dass er sich radikalisiert und denen hinterherläuft, die ihm ein besseres Leben (und sei es nach dem Märtyrer-Tod) versprechen. Da müssen wir hier, die die Gnade der Geburt am richtigen Ort ereilt hat, gar nicht überheblich mit dem Kopf schütteln. Noch ist das geographisch alles ziemlich weit weg. Wer weiß, wie lange noch? Und dann erhebt er wieder das Haupt, der hässliche Nationalismus, den vor allem die Deutschen auch historisch gewissermaßen perfektioniert haben, und schreit gegen Flüchtlinge, die uns die Arbeit wegnehmen. Welch willige Sklaven sich der Kapitalismus doch heran zieht; wir sind sogar bereit für eine Arbeit, die wir nicht mal mögen, auf die Straße zu gehen und Schwächere anzugreifen. Alles schön hochgepeitscht von Medien, die schließlich auch ihre Anzeigen verkaufen müssen, so dass fast niemand auch nur auf die Idee kommt, dass der Feind wahrscheinlich gar nicht in Griechenland, im Plattenbau, im Flüchtlingsboot etc. sitzt, sondern viel, viel, viel weiter oben. Politik, das Anhängsel der Wirtschaft. Wenn überhaupt. Das Unwohlsein mit dieser Situation ist in breiteren Gesellschaftsschichten zwar irgendwie angekommen, doch wird das auch als "alternativlos" hingenommen. Alle eingelullt in Belanglosigkeiten auf dieser Insel Europa, die an allen Ecken bröckelt und von innen her verfault. Tjaja. Geld als das ultimative Tauschmittel kann niemand jemals zu viel haben. Warum eigentlich nicht? Warum gibt es keine Obergrenze für Eigentum, die eine Einzelperson oder auch ein Einzelunternehmen anhäufen kann? Warum werden die Mittel nicht umverteilt zugunsten der Schwächeren? Und natürlich, dann kommt der besorgte deutsche Michel, legitimiert von den Seehofers, Gaucks, Gabriels, Merkels, Springers dieses Landes und sagt, das seien linke Spinnereien, die Mittel müssen ja doch erstmal verdient werden und Leistung müsse sich doch bitteschön lohnen. Aber diese "Mittel" sind doch da! Und wer erarbeitet sie denn? Doch sicher nicht die Konzernführungsetagen. Jean Ziegler und Naomi Klein träumen von einer neuen Zivilgesellschaft, die sich gegen diese Ungerechtigkeiten auflehnen wird. Ich sehe sie nicht. Ich. Sehe. Sie. Leider. Nicht.

Montag, 13. Oktober 2014

Los de Bilbao nacemos donde nos da la gana...

...sagt man. Und das heißt so viel wie: Wir aus Bilbao werden geboren, wo wir Lust haben. Ich habe begonnen, Baskisch zu lernen - Euskara in der Landessprache. Als Begründung muss der Titel dieses Eintrags herhalten, außerdem vielleicht mein Herz fürs scheinbar Absurde und die Liebe zu Nischensprachen. Baskisch. Meine Güte, wer kommt nur auf die Idee eine Sprache zu lernen, die von lediglich etwa 800.000 Menschen gesprochen wird und rein gar nichts mit anderen Sprachen zu tun hat, außer einer eigenwilligen Einbürgerung kastilischer Worte, wenn es um neumodische Dinge geht (übrigens "kastilisch" statt "spanisch", um den anderen Sprachen, die im spanischen Staatsgebiet vorkommen, nicht zu nahe zu treten - so weit ist es schon, und das aus gutem Grund!)? Ich natürlich! Ich mag Grammatik, ich bin ein Wort-Fetischist, ich finde es interessant, etwas nicht zu verstehen und versuche, die Unsicherheit besser zu ertragen. Im Baskischen macht man ganz kuriose Sachen mit den Substantiven, z.B. verwendet man einen speziellen Endungszusatz und das bedeutet dann, dass es diese Sache (das Substantiv) nicht gibt, also, dass es nicht vorhanden ist. Über so etwas könnte ich mich wochenlang freuen! Es ist gewitzt und es hat auf eine eigensinnige Art und Weise jede Menge Stil! 

Natürlich sitze ich bei all dem einem kleinen bis mittleren Irrtum auf - fragen Sie nur mal meine Gitarre, mein Skateboard, das Philosophie-Magazin und Prousts 'Auf der Suche nach der verlorenen Zeit'! All diese Dinge um sich herum aufzutürmen und mit bestem Wissen und Gewissen zu behaupten, man werde sich ihrer annehmen, heißt noch lange nicht, dass man das auch wirklich tut. Es ist in etwa so, als würde man ein Motivationsbuch unter sein Kopfkissen legen, um davon auszugehen, dass es damit getan ist, dass die Motivation nun quasi ganz von selber wie der heilige Geist über einen kommen müsse. Nein. Nein! Immer muss man auch etwas tun. Schade eigentlich, andererseits... sind es nicht die Überwindung und die Mühe, die uns wachsen lassen? Ich weiß es nicht, und im Grunde ist es mir auch egal. Genauso egal, wie es mir ist, wo ich geboren bin (wobei Bilbao schon ganz heiß wäre, man isst so unfassbar gut dort und der Atlantik ist sehr nah). Vielleicht geht es mir nur um die Substantive, oder um den überraschten Gesichtsausdruck des Gegenüber, wenn ich sage "Dienstag? Kann ich nicht, da habe ich abends baskisch!". 

In diesem Sinne: Bilbo oso polita da. 

Dienstag, 30. September 2014

Anders als gedacht.

Ich glaube, es war Loriot, der einmal sinngemäß sagte, dass die Komik der Menschen in der Differenz zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung liege. So gesehen, sei jeder Mensch also auch irgendwie komisch. Kennen Sie das, wenn Sie alte Fotos von sich anschauen und laut ausrufen mögen "SO sah ich also aus? Ach du meine Güte!"? Darüber wollte ich jetzt gar nicht schreiben, aber beim Aufräumen eines Laptops stieß ich auf eine Reihe recht alter Fotos und war... sagen wir mal... überrascht. Da ich insgesamt schon länger nichts mehr geschrieben habe, kann ich auch damit anfangen. Damit anfangen und nicht recht wissen, wie weiter machen, denn es ist viel passiert in den den letzten Wochen und Monaten und das hier ist zwar nicht mein Tagebuch, aber irgendwie doch eine Art Logbuch. Fassen wir uns also mal kurz, denn die Realität (die es im Grunde nicht gibt, weil alles eine Frage der Wahrnehmung ist, aber das würde jetzt vielleicht auch zu weit führen) sieht folgendermaßen aus:

+ ein Freund
- ein Job

Das nicht mehr arbeiten müssen, hat den Vorteil, dass man mal wieder ein bisschen Zeit für sich selber hat. Seltsamerweise lese ich kaum und schreibe auch nicht sonderlich viel, im Grunde mache ich fast gar nichts, außer Sport, Menschen treffen, Bier trinken, ausruhen, wobei besonders Letzteres unter Umständen auch einfach dringend notwendig ist. Ich scheine in sehr absehbarer Zukunft eine wahnsinnige Chance an der Jobfront zu bekommen, da werde ich wahrscheinlich alle Kräfte brauchen können, und somit ist es vielleicht schlau, jetzt nicht die Energie zum Fenster rauszuwerfen. Vielleicht entspricht dieses Herunterfahren aber auch einfach meinem Charakter? 

Zum Thema Liebe traue ich mich nicht sonderlich viel zu sagen, nur nicht kaputt-reden! Getreu dem Motto: If it´s not broken, don´t fix it. Es ist gut. Sehr gut sogar! Sicher nicht die Lösung aller Probleme, viel mehr eine neue Quelle für Grübelei und ein fast nicht mehr gekanntes Hinterfragen der eigenen Person, schließlich fallen einem die eigenen angesammelten Verschrobenheiten viel deutlicher auf, wenn sie durch eine Person gespiegelt werden, der man gern gefallen will.

Der Herbst 2014: an allen Fronten Bewegung. 

Dienstag, 20. Mai 2014

It's ok to grow up, just as long as you don't grow old. Face it; you are young.

Man ist nie zu alt, etwas gänzlich Neues zu lernen. Man ist auch nie zu alt, sich das Handgelenk zu brechen, oder sich irgendeine andere absurde Verletzung zuzuziehen. Letzteres sollte einen aber auf gar keinen Fall aufhalten!

Ein nicht zu verachtender Vorteil des Älterwerdens ist, dass man Schritt für Schritt dem Wahn der Jugend entkommt, sich auf gar keinen Fall der Lächerlichkeit preisgeben zu dürfen. Im besten Falle entspannt man sich dahingehend so weit, dass die Triebfeder des eigenen Tuns (abgesehen von den notwendig erscheinenden Sachzwängen, die einem vom Leben ständig aufgeherrscht werden) irgendwann einfach Spaß ist. 

Wir machen also eine Skatekurs. Und wenn ich sage "Skate", meine ich nicht etwa Inline-Skates, das können wir schließlich längst, wenn auch leidlich. Nein, ich meine SKATEBOARD. Ja, Skateboard, das bevorzugte Fortbewegungsmittel cooler, draufgängerischer, später gern schwer tätowierter Jungs mit zweifelhaftem, wenn auch keineswegs schlechtem Musikgeschmack, die durchs Leben flitzen und hier und da wie nebenbei die Herzen kleiner, romantischer Mädchen brechen. Oder eben das beliebteste Gefährt unerschrockener Kinder, und von Letzteren treffen wir eine Menge in unserem Kurs in der Skatehalle in Friedrichshain. Tatsächlich ist die Altersstruktur im Anfängerkurs so, dass das kleinste Kind etwa 5, das größte vielleicht 14 Jahre alt ist. Dann kommt  - abgesehen von unserem Lehrer (sicherlich aus Kategorie 1) ungefähr 20 Jahre nichts und schließlich wir. Wir - glücklicherweise befreit von der Angst vor Lächerlichkeit. Nach etwa 7 Minuten auch befreit von der Angst, krachend auf den Holzboden der Halfpipe zu fallen. 

Die Halfpipe ist übrigens ein interessanter Ort, wo wir uns etwa 90 Minuten aufhalten, um zu lernen, wie man aufs Skateboard aufsteigt, losfährt,  günstigstenfalls stehen bleibt und schließlich wieder abbremst. Des weiteren erfahren wir am eigene Leib, wie man richtig auf die Knie fällt und zur Auflockerung rutschen wir auf dem Hintern von oben die Halfpipe herunter. Es fühlt sich nicht so richtig an wie Sport, der Muskelkater der in den folgenden Tagen den ganzen Körper beherrscht, belehrt uns jedoch eines Besseren. Es muss sich bei diesem ganzen Skaten jedoch um eine geheimnisvolle Sache mit Suchtpotential handeln, denn noch Tage später leuchten unsere Augen beim Gedanken an das Brett auf 4 Rollen, die Schmerzen tragen wir wie Orden an der Brust. 

Am Samstag auf ein Neues! Und bis zum Sommer können wir das hier, halten Sie die Augen offen!

https://www.youtube.com/watch?v=4DXBWzuwsxk

Mittwoch, 12. Februar 2014

Here is a list of maybes.

Wir sind durchlässig. Durchlässig und zerbrechlich. Wir sind "auch nur Menschen", Dinge gehen uns nahe, manche Dinge fressen uns auf, an anderen Dingen wachsen wir. Vielleicht. Ein bisschen zumindest. Nichts ist fest. Alles entwickelt sich, alles ist irgendwie im Fluss, "work in progress". Schwer zu sagen, was dieser sogenannte "progress" eigentlich ist, nichts statisches jedenfalls. Jeder andere Mensch im eigenen wackeligen Gefüge ist ein Unsicherheitsfaktor aber gleichzeitig auch eine gewisse Chance. Man geht ein Stück gemeinsam, und den Rest dann immer wieder allein. Zumindest fühlt es sich regelmäßig so an. Es wird zunehmend schwerer, zu akzeptieren, dass diese Für-Immer-Person nicht einfach irgendwie um die Ecke gebogen kommt. So ganz überzeugt man sich selbst wahrscheinlich nie davon. "Man", also "ich". Im Kommunikationskurs wieder nicht aufgepasst - man soll nicht "man" sagen, wenn man "ich" meint. Ich soll also nicht "man" sagen. Ich soll nicht... Wir kontrollieren gar nichts gänzlich, wenn wir das versuchen, zerschellen wir an der Aufgabe. Zasch. 

Ich halte den Laden, also mich selbst, irgendwie zusammen, befestige alles mit Klebeband und Sicherheitsnadeln, das sieht nicht sonderlich schön aus, aber für den Moment, für die kleinen und mittleren Stürme, bin ich so gewappnet. Es läuft. Doch, wirklich! Wenn ein größerer Sturm kommt, wird das ganze Gebäude wahrscheinlich hinfort geblasen, aber binsenweisheitig heißt es ja eh, dass erst alles in die Brüche gehen muss, bevor etwas Neues entstehen kann. Probleme, loszulassen - nicht "man", sondern ich. Ein teuflischer Zirkel, wie es bei Sartre so schön heißt. Irgendwas. kann. jeder. nicht. 

Die Gedanken fliegen mir zu und dann sind sie wieder weg. Bei Olympia wieder den Eiskunstlauf verpasst, hier nicht angerufen, den Geburtstag von soundso vergessen, Winterschwere in den Beinen und noch irgendwo. Politik. Nicht zu lange drüber nachdenken, dass man nichts NICHTS im großen Gefüge ändern kann. Ausbeutung hier, Umweltzerstörung da, Bankenmacht, mediale Verblendung, Aufstände, Diskriminierung, Grausamkeiten, Lobbyscheiße, aufgeblasene Belanglosigkeiten. Es wird zu viel, biep, biiiiieeeeeppppp... Overload. Kleines Glück. Festhalten. Weitermachen. Don´t cry. Work! 

Dienstag, 14. Januar 2014

Keep Yourself Warm.

Die Stadt ist voller Male und Narben. Weißt Du noch, hier, wie Du im Dunkeln nachts durch den Park eiltest und dachtest, Dein letztes Stündlein hätte geschlagen. Und dann kamst Du auf der anderen Seite raus, hysterisch lachend und froh über die letzte Zigarette im Päckchen? Oder da, das Treffen auf dem Pier mit Sonnenuntergang und Mücken und Rotwein und Herzklopfen? Immer einfach mal loslaufen und schauen, was passiert, denn irgendetwas passiert immer! Den Kopf auf den Tresen legen, Runden auf dem Flugfeld drehen, harte Türpolitik und drinnen nicht verstehen, wie das vor sich geht. Tanzen! Immer wieder tanzen! Und abtrinken, nachfüllen, rumstehen, schauen, wortlos verstehen. Ja, warum denn nicht? Hat doch niemand was anderes gesagt. Nech? NECH? Weißt Du noch dort, die Tränen an der Ampel, in der Ringbahn, unterm Couchtisch, am Müggelsee? Dieses fortwährende Umfallen und dann immer wieder aufstehen müssen, man stirbt ja nicht dran, nicht? Und da hinten, Einsamkeit in Halensee, Aufwachen im Westend, die Tasche leer, die Schnauze voll. Dann schneit es Glitzer und später schwarze Federn. Oder dort, Frisbee spielen im Treptower Park, Pathos am Ehrenmal, die Füße in der Spree, Bier und Gelächter auf der Insel der Jugend oder einem beliebigen Spielplatz. Schaukeln. Hüpfen. Rutschen. Und Kippen, immer wieder Kippen mit Gesprächen über diese sogenannte Welt, die Du nicht verstehst, aus der Du nicht raus kannst, Dich aber auch nur selten richtig drin fühlst. Und da, durch den Wald auf die Stehplätze gehetzt, Heimsieg, Unentschieden, Niederlage, auf ein schnelles in die Abseitsfalle. "Ein Schnelles", das dann meistens zwei Langsame sind. Euphorie. Anflüge von Verzweiflung. Kurz nachgeben, seufzen. Gleichgültigkeit. Tag-Nacht-Tag-Nacht. Dich ständig selber austricksen. Auf dem Balkon sitzen, die Füße auf der Brüstung, Nutella mit dem Löffel aus dem Glas, Ketterauchen und Greyhounds. Meistens zu viel oder eben zu wenig. Die Sache mit dem richtigen Maß, die Dich straucheln lässt.

Du hängst den Stadtplan auf und kennzeichnest Orte mit roten, weißen, blauen, schwarzen Klebepunkten, manchmal alle am gleichen Ort. Wer weniger fühlt, hat mehr Zeit zum Denken, das ist nicht zu verachten. Dennoch: To be alive at all is to have scars.