Freitag, 29. Januar 2010

Alcohol: the cause of, and solution to, all of life's problems.

Der Januar ist wirklich ein verdammt langer, zäher Monat, wahrscheinlich ist es sogar der längste Monat des gesamten Jahres, ja, sogar länger als der unsägliche November! (Dem aufmerksamen Leser wird jetzt aufgefallen sein, dass ich nicht vom Onzember spreche, was daran liegt, dass ich den Onzember aufgrund seiner Entstehungsgeschichte einfach zu gern mag, als dass ich ihn mit nur einem Satz derart diffamieren würde). Aber jetzt ist er ja bald rum, und damit neigt sich auch die alkoholfreie Zeit ihrem Ende entgegen. Ich möchte am liebsten jubilieren und laut rufen "Hurra, endlich!!", aber dann würde mir eventuell schnell ein Ruf anhängen, der in seiner Gänze so auch nicht gerechtfertigt ist. Also sage ich ganz gefasst: "Ja, es war mal ganz schön, irgendwie interessant, immer alles ganz klar zu sehen und zu verstehen. Eigentlich war´s gar nicht so schwer.". Das ist auch nicht wirklich gelogen, denn richtig schwierig war es tatsächlich nicht, aber hin und wieder doch ein wenig unbequem. Es gibt Situationen, da trinkt es sich einfach gut und manche Momente des Irrsinns und Dramas ertragen sich besser mit ein paar Wodka-O im Rücken. Wenn ich´s recht bedenke, ergeben sich die meisten Situationen des Irrsinns und Dramas aber auch erst gar nicht, wenn nicht ein paar Wodka-O im Spiel sind. Eventuell könnte es da gewisse Kausalzusammenhänge geben, die ich zu analysieren heute nicht gewillt bin (wobei ich die Antwort natürlich kenne.). Man darf jedenfalls gespannt sein, wie a.) dieses letzte abstinente Wochenende verlaufen wird, da sich einige Aktivitäten anbahnen, die sonst höchst selten ganz nüchtern erlebt werden und b.) wie sich meine Rückkehr gestaltet, wobei man davon ausgehen kann, dass ich jetzt viel weniger vertrage und mir generell fest vorgenommen habe, mit angezogener Handbremse weiterzufahren, um Totalausfälle und Aktionen des absurden Größenwahns, die dann gern in spektakuläres Scheitern münden zu vermeiden. Andererseits ist es ja wohl eine anerkannte Tatsache, dass jede richtig gute Geschichte mindestens einen wirklich Betrunkenen aufweist. Und was, wenn sich nun kein Anderer findet? Eben!

Das Schönste am Dossuar a.k.a. Februar ist übrigens, dass er so kurz ist!

Dienstag, 26. Januar 2010

Nostalgia - it's delicate, but potent.

"Nostalgia - it's delicate, but potent. Teddy told me that in Greek, "nostalgia" literally means "the pain from an old wound." It's a twinge in your heart far more powerful than memory alone. This device isn't a spaceship, it's a time machine. It goes backwards, and forwards. It takes us to a place where we ache to go again. It's not called the wheel, it's called the carousel. It lets us travel the way a child travels - around and around, and back home again, to a place where we know we are loved."

Die erste Staffel meiner derzeit sehr präsenten Lieblingsserie Mad Men endet mit der Vorstellung der Werbekampagne für einen Diaprojektor von Kodak. Dabei will der Kunde, dass der Apparat wie eine Art Raumschiff als etwas sehr Fortschrittliches und Zukunftsweisendes präsentiert wird. Don nennt das Ganze dann aber das Karussell, das uns wie ein Kind auch in die Vergangenheit reisen lässt. Natürlich fährt er damit wieder mal einen persönlichen Triumph ein, und der geneigte Zuschauer wischt sich gerührt ein paar Tränen aus den Augen.

Ich verbrachte das vergangene Wochenende bei meiner Familie im schönen, beschaulichen Thüringen. Immer wenn ich "nach Hause" fahre, durchlebe ich (wie an anderer Stelle schon erwähnt) eine Art Metamorphose: Ich werde wieder zur Tochter. Auch an meinen Brüdern kann ich beobachten, dass wir alle in unsere angestammten Rollen zurückfallen, wenn wir bei unseren Eltern sind. Das ist weder gut noch schlecht. Es ist einfach eine Tatsache und vermittelt das wohlige Gefühl einer gewissen Beständigkeit. Wenn ich mich dann Sonntagabends wieder auf den Weg nach Berlin mache, liegt mir das Herz oft wie ein Stein in der Brust und eine gewisse Beklemmung macht sich schon am Nachmittag in mir breit. Auf der einen Seite bin ich zufrieden, mein eigenes Leben zu haben, andererseits wird mir mit der Abreise dann aber auch wieder bewusst, dass sich die Dinge eben doch ändern, und dass uns möglicherweise weniger Zeit miteinander bleibt, als wir annehmen und wahrhaben wollen, und dass wir die unter Umständen nicht so nutzen, wie wir vielleicht sollten. Ich brauche immer bis Leipzig, ehe ich mich halbwegs gefangen habe, und wenn ich erst bei Dessau die Elbe überquert habe, bin ich dann wieder ganz bei mir.

Das Leben ist kein Karussell. Auch wenn uns die ständigen Wiederholungen fast glauben machen wollen, dass alles immer wieder kommt, so können wir doch nichts wirklich festhalten. Falls ich jemals lerne, das zu akzeptieren, bin ich wahrscheinlich ein ganzes Stück weiter. Bis dahin: Karussellfahren. Steine in der Brust. Alte Fotos. Nostalgie. Romantik?

Freitag, 22. Januar 2010

Meditations in an emergency.

Zur Aufrechterhaltung einer gewissen Schein-Intellektualität benötigt man vor allem eine schnelle Auffassungsgabe und ein gutes Gedächtnis. Durch meine oft zitierte Lieblingsserie Mad Men bin ich dieser Tage auf die Gedichte von Frank O’Hara (1929-1966), seines Zeichens einer der bekanntesten Vertreter der New York School of Poets, gestoßen. Als ob ich damit groß etwas anfangen könnte, aber nun gut, auch das Werfen mit derlei Begriffen gehört ganz eindeutig zur Fassade. Nichtsdestotrotz ist Frank O’Hara einer dieser Künstler, die mich nach dem Lesen seiner Kurz-Biographie sofort in den Bann ziehen: Er war vielseitig interessiert, bewegte sich mit großer Sicherheit in der New Yorker Kunstszene, galt als extrem unorganisiert und chaotisch, schrieb ganz wundervolle Gedichte und starb einen sehr absurden Tod, und zwar wurde er von eine Strand-Buggy überfahren, während er mit Freunden einen nächtlichen Spaziergang machte.

Ihm zu Ehren also hier ein (übrigens auch in Mad Men zitierter) Auszug seines Gedichtes Mayakovsky:

(…)

Now I am quietly waiting for
the catastrophe of my personality
to seem beautiful again,
and interesting, and modern.

The country is grey and
brown and white in trees,
snows and skies of laughter
always diminishing, less funny
not just darker, not just grey.

It may be the coldest day of
the year, what does he think of
that? I mean, what do I? And if I do,
perhaps I am myself again.

Freitag, 15. Januar 2010

Cuesta de enero.

Manchmal kommt man schließlich am Freitag an, schaut verwundert zurück und fragt sich, wie man das nur wieder geschafft hat, ohne größere Schäden davonzutragen. Woche 2 im neuen Jahr / Quartal ist so gut wie geschafft, und ich erinner mich daran, dass man im Spanischen gern von la cuesta de enero spricht, was so viel heißt wie der Januar-Hang. Leere Taschen, Motivationsprobleme, das Hadern mit den guten Vorsätzen und eine Rechnung, dass es bis zu den nächsten Feiertagen etwa 3 Monate dauern wird, als Begleiter kraxelt man nun wie Sisyphos eben diesen Hang hinauf ohne jemals am Ziel zu sein, was mühsam ist nach Tagen der Völlerei und Gedankenlosigkeit. Hinzu kommt, dass die globale Erwärmung scheinbar gerade in Mitteleuropa Pause macht, worüber ich mich eigentlich nicht beschweren will, aber der Winter beginnt mir langsam aber sicher doch ziemlich auf die Nerven zu gehen! Mit den kalten Füßen komme ich mal gerade noch klar, aber dieses Fehlen von Licht wird langsam unerträglich. Diese Woche ist es zum Beispiel gar nicht hell geworden. Das gepaart mit dem Detox-Ansatz führt dazu, dass ich mich wie eine Art Zwischenwesen fühle: Zwischen meinem eigentlichen Ich und einer neuen, seriöseren Version von mir. Neulich beobachtete ich im S-Bahn Fenster, dass sich um meine Mundpartie eine Falte ansiedelt, die am ehesten zynisch-genervt signalisieren will.

Dagegen will vorgegangen sein! Ich nutze die aktuelle Ausgeglichenheit und Ruhe zu Studien der städtischen Fauna vom Bürofenster aus. Neulich erst sah ich einen Fuchs im Schnee, ich hoffe er hat verstanden, als ich ihm sagte: "Don’t let yourself grow hungry now. Don’t let yourself grow cold. Fox in the snow." Mehr noch als er und ich scheinen aber die Vögel mit dem Winter zu kämpfen, wobei ich mich schon frage, ob es ihnen nicht doch auch ein wenig Spaß macht, auf Eisschollen die Spree runterzufahren. Es sieht zumindest ganz lustig aus!
Da kann man nur sagen: Gut, dass heute die Bundesliga wieder losgeht!

Montag, 11. Januar 2010

Weißes Papier

Mein Leben auf dem Seziertisch: Soziale Bindungen – ok. Wohnverhältnisse – ok. Bildung – ok. Job – naja. Gesundheit – scheinbar ok. Musikgeschmack – gut. Ambitionen – nicht vorhanden.
Seitdem ich eine 4 Tage Woche habe, bin ich ab und an Besitzerin einer ganz wundervollen Sache: Gleichmut. Quasi das Kind von freier Zeit und klarer Sicht. Vielleicht liegt es ein wenig auch daran, dass ich innerlich eingefroren bin, eine Detox-Politik fahre und mich im Kompromiss-Finden übe, wer weiß, aber was auch immer es sei, ich bin für meine Verhältnisse erschreckend ausgeglichen. Das ist ein nahezu verwirrender Zustand, und ich befürchte, dass es nur die Ruhe vor dem Sturm ist. Oder Selbstbetrug. Deswegen bleibe ich weiterhin auf der Hut, ein Schwelbrand ist schließlich nichts, das man auf die leichte Schulter nehmen sollte.

Mittwoch, 6. Januar 2010

Treat your body like a temple.

Wie angekündigt, dokumentiere ich hier nun mein Leben als gesunder Mensch! Nachdem ich das Wochenende wie beschrieben zur spirituellen Reinigung genutzt hatte, ging es gestern ganz im griechischen Sinne von "in einem gesunden Körper blabla…" mit den physischen Aspekten meiner selbst weiter, namentlich mit einer guten Stunde und 2,5km schwimmen! Das Hallenbad ist ja auch ein ganz vortrefflicher Ort zum Beobachten von Menschen, denn es gibt alles mögliche zu sehen, und vieles davon ist gar nicht mal so schlecht! Ich schrieb mir diesbezüglich etwas auf die Hand, das aber abgewaschen worden ist. Zur Abstinenz von der Trinkerei möchte ich (außer dass ich standhaft verweile) bis nach dem kommenden Wochenende nichts weiter sagen, ich laufe sonst höchstens Gefahr, mich deutlich zu weit aus dem Fenster zu lehnen.

Desweiteren treiben mich auch im neuen Ja… erm… Quartal (!) wieder die großen Fragen um! Zum Beispiel steht die Spree nun kurz davor, zuzufrieren. Und es wird spannend, denn wo werden die ganzen lustigen gefederten Tiere hingehen, wenn es erst soweit ist? Und fühlen sich die Schwäne eigentlich fett, wenn die kleinen Entlein schon vom Eis getragen werden, sie selber aber nicht. Die Natur kann so grausam sein! Sie macht auch vor dem Menschen nicht halt. So bestätigen die letzten Tage wieder einmal, dass die Tatsache, dass wir uns selbst im Spiegel erkennen können nicht davor schützt, dass wir auf ihre billigsten bio-chemischen Tricks reinfallen, und gerne auch mehrfach über den selben Stein stolpern. Mein neues klares Ich wartet jedoch mit einer ganz erstaunlichen Reaktion auf, die wieder einmal am besten mit ein paar Worten von Element of Crime zusammengefasst werden kann: Erst wenn alles scheißegal ist, macht das Leben wieder Spaß!

Montag, 4. Januar 2010

The drugs don´t work.

Nachdem wir festgestellt hatten, dass 2009 ein gutes Jahr war, entschlossen wir uns in der Silvesternacht aus Angst vor 2010, einfach ein weiteres Quartal lang an 2009 festzuhalten. In diesem Rahmen benannten wir die Monate 13 bis 15 mit Onzember, Dossuar und Treccil. Demnach ist heute der 4. Onzember. Gleichzeitig bleibt es jedoch trotzdem der 1. Schultag nach den Ferien und der ist naturgemäß zäh und schwierig. Da war man mal 2 Wochen nicht auf der Arbeit, und schon hat man sein Passwort und die Namen der Kollegen vergessen, ganz abgesehen davon, dass sich mir der Sinn meiner Anwesenheit hier immer noch nicht recht erschließen will, aber das ist ja nichts Neues. Gut, dass die S-Bahn, entgegenkommend wie immer, ihre Gleise nur eingeschränkt befährt und heute Morgen immerhin menschliche Nähe und Wärme in ihren Waggons ermöglichte.

Ich befürchte, dass der Onzember nur bedingt einfacher wird, als ein ganz gewöhnlicher Januar, besonders seit ich aus einer Bierlaune Mitte Dezember heraus entschlossen habe, dass ich aus Detox-Gründen einen Monat alkoholfrei leben werde. Damit scheine ich irgendwie sogar im Trend zu liegen – vielleicht habe ich den Trend aber auch ausgelöst, wer weiß? Generell geht es mir lediglich darum, all jene zum Schweigen zu bringen, die diese Entscheidung mit Gelächter quittierten. Insofern es mir das Zittern meiner Hände erlaubt, werde ich tagebuchartig über die alkoholfreie Zeit berichten. Bisher läuft alles bestens. Wobei der Außenstehende denken könnte, dass die Leere und das emotionale Loch, die sich bei mir Hals abwärts bis etwa zum Bauchnabel ausgebreitet haben, beginnen seltsame Blüten zu treiben. Gestern Vormittag war ich beispielsweise zum evangelischen Gottesdienst in der Gethsemanekirche. Ich fand die Orgelmusik ganz wunderbar und die Predigt ok, mit den Abläufen, Hallelujas und Glorias bin ich nicht mehr ganz vertraut, aber beim Abendmahl lehnte ich immerhin dankend den Wein ab. Anschließend gingen wir im Volkspark Friedrichshain spazieren und packten uns jeweils einmal ordentlich aufs Mett, dann gab es zum Aufwärmen und zur Belohnung Tee und Kuchen, und alles lief den Umständen entsprechend gut, bis eine emotional Schiffbrüchige aus unserer Mitte ins Café gespült wurde. Alle Worte sind in solch einem Moment müßig, aber immer dran denken: Wenn das Herz weh tut, so kann man wenigstens davon ausgehen, dass man eins hat.