Wir sitzen im Intersoup. Falsch! Tatsächlich sitzen wir im Wiener Blut an der Bar und ich trinke schon wieder einen Pernod nach dem anderen, ohne etwas zu essen, was das Konzept des Aperitif ad absurdum führt, wobei man sich in der Folge (jedoch etwas zu spät, um noch in direktem Zusammenhang mit dem Moment am Tresen zu stehen) aufgrund der zunehmenden Trunkenheit für einen Blätterteig mit Spinat entscheiden wird. Das tut aber nichts zur Sache, zudem handelt es sich um ein anderes, ziemlich altes Hobby, nämlich Konzepte (gerade und ganz besonders im Bereich der Trinkerei) ad absurdum zu führen. Entscheidend ist der Satz, den H. sagt, und der mich aufgrund der Tatsache, dass man es eigentlich nie ausspricht, fast vom (Bar)Hocker fegt (vielleicht war´s doch im Intersoup und es fegt mich aus der Polsterecke, was ungleich weniger schmerzhaft wäre, wobei es wahrscheinlich bei wenigen anderen Themen noch mal so um Schmerzen geht, so dass die Begleiterscheinungen also unter Umständen doch gerechtfertigt sind): Man solle keine Scherze mit der Liebe treiben, denn die Liebe sei ein ernstes Thema. Natürlich muss ich das absolut und hundertprozentig bejahen. Zunächst! Ich wälze den Gedanken später ein wenig hin und her und betrachte ihn von allen Seiten, anschließend wird mir das zu mühsam und ich stelle ihn in eine Ecke und lese in Virginia Woolfs "Orlando", der mich fesselt, aber auch nicht weiterbringt, zumindest nicht, solange Orlando behauptet, er sei fertig mit den Menschen. Er legt sich dann zum Ausgleich übrigens ein kleines Rudel Elchhunde zu, aber das kommt für mich nicht in Frage, schließlich habe ich keinen Platz für Haustiere. Außerdem bin ich nicht mit den Menschen fertig, und überhaupt habe ich ja schon einen Hund, der es mir wahrscheinlich schwer übel nehmen würde, täte ich ihn bei meinen Eltern parken, während ich mich gleich mit mehreren Elchhunden in Berlin vergnüge. Nein nein! Worauf will ich hinaus? Vielleicht, also ganz vielleicht, nimmt man die Liebe nicht nur ernst genug, sondern sogar zu ernst. Kann doch sein, schließlich gibt es kein Thema, dass so gern und häufig für Grübelei, Gespräche in Schleifen, überhöhte und anschließend enttäuschte Erwartungshaltungen, stundenlanges aus-dem-Fenster-starren und unsinniges Seufzen sorgt. Andererseits, wo wäre die Popmusik, wenn wir die Liebe nicht so absurd überdimensionieren würden? Und wo wäre die Rauschmittelindustrie? (ich will es gar nicht sagen, aber ich muss): Eben(d)!
Montag, 8. November 2010
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7 Kommentare:
Ich war jahrelang der Ansicht, es handle sich bei dem, was wir gemeinhin als "Liebe" bezeichnen, bloß um eine willkürliche, historisch-kulturelle Konstruktion und Setzung, die jeglicher realer Grundlage entbehren würde. Die Liebe als nützliche Illusion (nicht zuletzt in der Populärindustrie). In meinen hellen Momenten denke ich immer noch so, obwohl mir der Beweis schwer fällt. Erschwert wird er mir ua von den Scheuklappen meiner Mitmenschen - mein Standpunkt sprengt ihre Perspektive.
Die Liebe als nützliche Illusion zu betrachten, ist mal ein interessanter Ansatz. Nimmt man sie denn dann mehr oder weniger ernst?
Ich weiß nicht, warum sie eine "nützliche Illusion" sein soll. Wofür denn nützlich? Ist es denn nicht so, dass sie uns gerade dann einen Knüppel zwischen die Beine wirft, wenn gerade mal alles halbwegs am Laufen ist? Für die Populär- und Tabakindustrie sowie die Schnapsbrennereien kann ich die Nützlichkeit hingegen durchaus erkennen.
sorry - auch wenn es nicht zu glauben scheint, es gibt auch glückliche liebende !
I beg to differ... aber das is ja nunmehr umfassend bekannt ;)
"liebe" IST seit jahrtausenden DAS alles bestimmende thema der menschheit. selbst das weltumspannende thema "religion" konnte und kann langfristig nicht gegen "liebe" ankommen. auch "geld", "erfolg" und "tod" nicht.
insbesondere "tod" nicht.
es ist das größte thema weil - und hier zitiere ich - es einfach das größte thema ist. mitsamt aller knüppel und rückschläge und verletzungen... je tiefer die verletzungen, desto größer die liebe. aber diese skala geht eben in beide richtungen. und kein anderes thema kann die skala in beide richtungen so hoch ausschlagen lassen!! fakt!!
die form, wie liebe im täglichen leben ausgelebt wird, welchen raum man ihr einräumt, inwiefern sie das eigene leben beeinflussen und umkrempeln darf, differiert zwar von person zu person. und es ist insbesondere dies, was sich im laufe der jahrhunderte kontinuierlich verändert hat… sie ist im ständigen wandel! die dimensionen entlang derer sich veränderungen ausprägen und wieder verschwinden, reichen von der rolle von treue, angst / sicherheit, sex, streben, familie, etc. ... und wer weiß welche dimensionen zukünftig hier eine rolle spielen werden?!
"Die Liebe" an sich gibt es somit eigentlich garnicht... sie erfindet sich ständig neu, ist ständig in beweung. der nicht mehr zu leugnende trend zur trennung von körperlicher und emotionaler liebe, den es - ermöglicht durch neue kommunikationsoptionen und einen generellen trend zu größerer freizügigkeit - seit fast zwanzig jahren leider verstärkt gibt, ist nur ein beispiel hierfür.
kein besonders schönes... aber auch hier wird sich irgendwann (hoffentlich) automatisch eine natürliche gegenstimmung entwickeln.
was ich sagen will... versuch "liebe" rational zu erklären, und du scheiterst schon am ansatz.
man idealisiert sie natürlich, man packt unmögliche hoffnungen in sie, man erwartet dass sie probleme löst, die man (vorher) selber lösen müsste... man überschätzt sie am laufenden band - und kann sie doch überhaupt nicht überschätzen!
sie ist nichso wie man sie will, oder sich erhofft... und doch und gerade deswegen ist sie das größte!
ich mach mir jetzn kaffee.
sehr schön dargestellt herr jens. wo kann ich unterschreiben? und doch glaube ich nicht mehr an die liebe für mich selbst. für das jetzt zu irgendwelchen widersprüchen?!
Glücklich Liebende, Zweifelnde, Ungläubige, Hoffende... Ich wusste, ich krieg Euch mit diesem Thema! Ha! Danke für die Meinungen und für ein Plädoyer für die Liebe.
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