Dienstag, 24. August 2010

Beim Stöbern in meinen alten Aufzeichnungen...

...bin ich heute Abend auf eine Reihe sehr interessanter Dinge gestoßen. Ein paar Zitate aus Werken von Hermann Hesse waren dabei, die mir scheinbar einst recht viel bedeuteten, waren sie doch in Schönschrift auf besserem Papier niedergeschrieben worden. So absurd das klingen mag, aber er ist und bleibt eine Konstante für mich - genau wie es mich immer beruhigt, wenn die Bundesliga wieder losgeht, oder es hilft, zu wissen, dass Kings of Convenience - komme, was wolle - beim Einschlafen helfen.

"Die Naturen von deiner Art, die mit den starken und zarten Sinnen, die Beseelten, die Träumer, Dichter, Liebenden, sind uns andern, uns Geistmenschen, beinahe immer überlegen. Eure Herkunft ist eine mütterliche. Ihr lebet im Vollen, euch ist die Kraft der Liebe und des Erlebenkönnens gegeben. Wir Geistigen, obwohl wir euch andere häufig zu leiten und zu regieren scheinen, leben nicht im Vollen, wir leben in der Dürre. Euch gehört die Fülle des Lebens, euch der Saft der Früchte, euch der Garten der Liebe, das schöne Land der Kunst. Eure Heimat ist die Erde, unsere die Idee. Eure Gefahr ist das Ertrinken in der Sinnenwelt, unsere das Ersticken im luftleeren Raum. Du bis Künstler, ich bin Denker."

Aus: Hermann Hesse - Narziß und Goldmund, Suhrkamp Taschenbuch 274 – 2. Auflage 1975, S 49

Übrigens haben Embrace sicherlich eine Reihe sehr mittelmäßiger Alben herausgebracht, aber das Best Of "Fireworks" kann man sich ruhig hin und wieder anhören.

Freitag, 20. August 2010

Ein Kaffeegetränk mit der Morgenstunde.

Der Wecker klingelt. Ich mache ihn aus. Ich drehe mich noch einmal um. Ich seufze. Ich stehe auf. Ich schlurfe in die Küche. Es sind die immer gleichen Abläufe, die es mir möglich machen, morgens meine Würde zu bewahren. Einstudierte Abläufe: Zwei Toast. Eine Tasse Kaffee. Eine Tasse Tee. Musik an. Ich sollte das bei Gelegenheit mal mit verbundenen Augen versuchen. Ich bin mir sicher, ich würde das hinbekommen. Mit dem Kaffee in der Hand trete ich auf den Balkon. Letzter Schultag vor den Ferien! Und da sitzt sie, lächelt mich an, frisch und munter: Die Morgenstunde.

M. (voller Elan): Guten Morgen! Du siehst trotz allem fantastisch aus!
U.: Oh, ich bin geschmeichelt, und kann das Kompliment nur zurückgeben. Wobei, warum "trotz allem"?
M.: Du weißt schon, denk in Zukunft immer dran, auch ab und an zu essen. Willst Du nicht fragen, was ich hier mache?
U.: (mit einem Schulterzucken): Erm… Nein.
M.: Ach komm schon!
U.: Gut. Was machst Du hier, oh holde Morgenstunde?
M. (mit einem breiten Lächeln): Ich wollte Dich noch einmal sehen, ehe Du mich verlässt.
U.: Stimmt! Wie nett, dass Du an mich gedacht hast.
M.: Aber immer doch! Weißt Du, ich mag Dich irgendwie, Du bist so leger abgefuckt.
U.: Huh?
M. (zwinkert mir zu): …und merkst es noch nicht mal!

Wir lachen beide. Mein Lachen geht gegen Ende hin in ein Husten über.

M.: Harte Woche, was?
U.: Naja, "hart" ist nicht das richtige Wort. Interessant schon eher.
M.: Wie Phoenix schon sangen...
U.: Lass mich raten! "I know there's much more dignity in defeat than in the brightest victory"?
M.: Ach, wundervolle Popmusik!
U.: Das sag ich Dir. Weißt Du, diese ganzen Wettkämpfe…
M.: …sprich doch bitte zu mir nicht über den Tod, das kannst Du mit dem Sonnenuntergang oder dem Abendstern tun.
U.: Den Tod? Deine Ignoranz….
M.: …ich weiß, die wird mir nochmal böse auf die Füße fallen.
U.: Naja, macht nix, niemand ist perfekt
M.: Ich mag es, dass Du altersmilde wirst.
U.: Keine Vertraulichkeiten bitte! Bis übernächste Woche also?
M.: Du fehlst mir jetzt schon. Pass auf Dich auf.

Mittwoch, 18. August 2010

Joggen mit der Restmoral.

Die Sonne blendet mich ein wenig, und ich muss aufgrund der Schönheit der Szenerie tief durchatmen, damit es mir den Brustkorb nicht sprengt. Ich begebe mich auf meine geliebte Joggrunde im Treptower Park. Früher als sonst spüre ich das Ziehen im rechten Knie, zudem scheint der exzessive Sommer seinen Tribut zollen zu wollen. Nach etwa 7 km überkommt mich ein ziemlicher Brechreiz, ein dicklicher Läufer im FC Barcelona Trikot tut sein Übriges, und ich setze mich erstmal auf eine Bank an der Spree, als plötzlich ein kleiner Rest Moral neben mir sitzt.

RM.: Na… um Deine Fitness stand es aber auch schon mal rosiger.
U. (schnaufe): Na… Du warst aber auch schon mal größer und einflussreicher.
RM.: Ok, unentschieden. Vorerst.
U. (erstaunt): Ist das ein Wettkampf?
RM.: Was denkst Du denn?
U. (säuerlich): Ich will einfach mal in Ruhe hier sitzen und versuchen, mich nicht zu übergeben. Aber nein, kaum macht man es sich bequem, setzt sich irgendein Besserwisser neben einen….
RM.: Wo wir gerade dabei sind: An Deiner Laufhaltung könntest Du auch arbeiten.
U. (RM nachahmend): An Deiner Konsequenz könntest Du auch arbeiten.
RM.: Das führt heute alles zu nichts mit Dir. Hast Du schon gehört, dass Özil zu Real Madrid wechselt?
U.: Oh.
RM.: Ich dachte, Du würdest Dich darüber freuen.
U. (nachdenklich): Hm. Ich weiß nicht recht, was ich sagen soll.
RM.: Aber Real ist doch DEIN Verein.
U.: Ja… Aber in Bremen ist es doch so schön, dort hatte er es doch so gut.
RM.: Willst Du die Champions League gewinnen, oder den Fairplay-Pokal?
U.: Hm… Ich weiß nicht recht? Was würdest Du denn wollen?
RM. (legt den Kopf schief, schaut mich aus zusammengekniffenen Augen prüfend an): Was hat Dich bloß so ruiniert?
U. (aufbrausend): Na hör mal! Dass das von DIR, der Moral kommt, erstaunt mich schon! Gerade DU müsstest doch den Fairplay-Pokal wollen! Was ist hier eigentlich los?
RM. (beschwichtigend): Ich weiß nicht, warum Du Dich so aufregst. Man hat sich eben größtenteils von mir verabschiedet, ich versuche nur, neue Betätigungsfelder zu finden. Das fängt damit an, dass ich die Ewig-Gestrigen, wie Dich, aufrüttele.
U.: Ach komm schon, jetzt sag nur noch, dass Du mir einen Gefallen tust!
RM.: Natürlich! Wieso solltest Du Dich um ein konsequentes und in sich kohärentes Leben bemühen, wenn alle anderen eh machen was sie wollen?
U. (mich ereifernd): Was ist mit Fairness und Gerechtigkeit?
RM. (resigniert seufzend): Du bist ein hartes Stück Arbeit, weißt Du das? Und ich frage Dich noch einmal, vielleicht verstehst Du es ja wirklich nur so: Champions League oder Fairplay-Pokal?
U.(ungeduldig): Jaja, aber hör doch mal auf mit dem Unsinn, sollte man nicht wenigstens versuchen, seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden?
RM. (mit einem nachgiebigen Lächeln): Ich hab's, Süße! Deine Werkseinstellung ist schuld, Du bist ein auslaufendes Modell, das noch auf dumm-fair läuft, das ist alles andere als zeitgemäß!
U.: Aber das ist doch irgendwie auch nett und sympathisch old-school, oder?

Dir Restmoral küsst mich auf die Stirn und sagt mir, ich solle das mit dem Knie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich stehe seufzend auf, und laufe weiter, mindestens 3 Kilometer müssen noch sein. An einem zugewachsenen Stück des Weges gewähre ich 2 Walkerinnen den Vortritt. Als ich hinter ihnen bin, schlägt mir ein Zweig ins Gesicht. Na prima! Ist es zu spät, sich um ein Upgrade zu bemühen?

Montag, 16. August 2010

Auf einen frischen Pfefferminztee mit der Sonntagsmelancholie.

Ich schleppe die schwere Tüte vom Einkauf die Treppen zu meiner Wohnung hinauf. Mir wird wieder klar, warum ich eigentlich nie Absatzschuhe trage. Das Erste, was ich beim in-den-Flur-kommen sehe, ist mein eigenes Gesicht im Spiegel. Ich seufze, dieser verdammte Regen hat dafür gesorgt, dass meine Haar aussehen, als seien sie explodiert. Das Nächste, was ich sehe, ist die Sonntagsmelancholie, die auf meinem Sofa herumlümmelt, und Tee in Tassen gießt.

S. (mit einem Lächeln): Du kommst gerade rechtzeitig, der Tee ist fertig!
U.: Ausgezeichnet. Ist da schon Zucker drin.
S.: Na klar. (theatralisch) Lass uns die Bitterkeit des Lebens wegsüßen.
U.: Moment mal. Ich fange langsam an, mich an Eure seltsamen Besuche zu gewöhnen, ja, wahrscheinlich würde ich Euch vermissen, wenn Ihr nicht mehr kämet…
S.: Oh, das ist lieb von Dir!
U.: …aber Du bist ja nun wirklich zu früh dran. Heute ist doch erst Samstag, oder bin ich in der Ringbahn eingeschlafen und 24 Stunden lang im Kreis gefahren?
S. (seufzt): Ach U., ich dachte Du seist weiter, und würdest nicht mehr auf diesen starren Einteilungen wie Wochentagen, Farben und Jahreszeiten beharren.
U.: Bei allem was recht ist, dabei handelt es sich doch wieder nur um Hippie-Kram, dafür bin selbst ich zu rational.
S.: Nun, Du wirst schon sehen, dass ich heute genau richtig hier bin!
U.: Soll das ne Drohung sein?
S.: Mitnichten! Nun zieh schon Jacke und Schuhe aus, und setz Dich hin!
U.: Darf ich Musik anmachen?
S.: Das ist Deine Wohnung.
U.: Wohl wahr! Warum ich überhaupt frage? (in mich hineinmurmelnd) …verdammte gute Erziehung.
S.: Das habe ich gehört!
U.: Verzeihung… Quatsch! Na und?
S. (schulterzuckend): Hm.

Ich lege mein derzeitiges Lieblingsalbum von La Buena Vida aus dem Jahr 1994 auf. Anschließend nehme ich einen Schluck Tee, und lasse meinen Oberkörper auf dem Sofa zur Seite umkippen, die Füße bleiben jedoch weiterhin auf dem Boden.

S.: Mach es Dir ruhig richtig bequem, wie wir schon feststellten, wohnst Du ja hier.
U. (gähnend und die Füße hochlegend): Kann aber sein, dass ich dann einschlafe.
S. (streicht mir über den Kopf): Das solltest Du in Anbetracht Deiner Augenringe sowieso.
U.: Ja, aber vielleicht erklärst Du mir vorher noch, was Du eigentlich hier machst.
S.: Keine Sorge, ich werde noch da sein, wenn Du wieder aufwachst.
U.: Das hatte ich befürchtet.

Freitag, 13. August 2010

Zusammenstoß im Treppenhaus mit Donnerstag.

Erstaunlicherweise ist Licht im Treppenhaus, als ich die Haustür aufschließe und die Stufen im Bauhaus hinaufstolpere. Zwischen 2. und 3. Stockwerk erlischt selbiges aber. Na toll. Mit einem Grummeln schiebe ich mich, den rechten Arm an der kalten Wand, nach oben, und stoße auf den Absatz zwischen beiden Etagen mit Donnerstag zusammen.

U.: Huch! Verdammt, hab ich mich erschreckt! Was machst Du denn hier?
D.: Ich hab mich gelangweilt, und dachte, ich besuche mal Deine Nachbarn. Wo kommst Du denn jetzt erst her?
U. (unwirsch): Von draußen. Meine Nachbarn schlafen um die Zeit eh, an Deiner Stelle hätte ich mir eine Alf-DVD eingelegt. Was ist hier eigentlich los, warum gammelt Ihr zur Zeit eigentlich so viel bei mir rum?
D. (seufzt): Du weißt offensichtlich nur sehr wenig über Deine Nachbarn. Und dass Du tatsächlich auf Alf und diesen ganzen anderen Scheiß aus den 90ern stehst, ist wirklich erstaunlich, fast schon enttäuschend.
U. (ungeduldig): Was ist denn daran erstaunlich? Ich bin ein Kind der 90er! Außerdem beantwortet das meine Frage nicht.
D.: Jaja, früher war alles besser und so. Da war auch das Bier billiger.
U.: Meine Rede. Viel schlimmer sind aber die Schnapspreise.
D. (plötzlich lebhaft, mich unterbrechend): …vor allem auf Konzerten! Hast Du Dir mal überlegt, Wodka in ZIP-Beutel zu füllen und Dir an den Körper zu binden und so reinzuschmuggeln?
U.: Wozu? Aus dem Alter bin ich außerdem raus.
D. (überlegener Unterton): Na gerade für diese komischen Festivals, auf die Du immer gehst, ist das doch DIE Idee. Das Zeug mischst Du dann mit Fanta et voilà.
U.: Ich wusste gar nicht, dass Du Französisch sprichst.
D.: Deine Spitzfindigkeiten kannst Du Dir sparen.
U.: Ja gut, ich denke mal drüber nach.
D.: Solltest Du.
U. (seufze):Ok, sind wir fertig? Kann ich ins Bett gehen.
D.: Ich dachte, Du lädst mich noch auf eine Kippe ein.
U.: Alle. Außerdem können wir hier im Treppenhaus nicht rauchen, das ist Weltkulturerbe!
D.: Verzeih! Du hast recht. Es wird eh Zeit. Sag Freitag schöne Grüße!
U.: Wa…???

Und schon ist er verschwunden, ich bleibe mit offenem Mund zurück. Immerhin haben sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, und ich bewege mich jetzt mit mehr Sicherheit zu meiner Wohnungstür. Ich schließe auf. Die Kühlschranktür ist offen, Freitag steht im Bad und schminkt sich die Augen.

U.: Emo ist out. Und stell die Musik leiser.

Mittwoch, 11. August 2010

Balkongespräch mit Dienstag.

Ich radle in Windeseile nach Hause, hole mir Apfelsaft aus dem Kühlschrank, durchquere meine Wohnung, schalte nebenher ein paar Lampen und die Musik an (Belle & Sebastian – Tigermilk, das war lange nicht), und trete auf den Balkon um die letzte Zigarette des Tages zu rauchen. Zu meiner Überraschung sitzt der Dienstag auf einem der Stühle und schaut mich fast erleichtert an.

Dienstag – in der Folge D.: Oh, ich dachte schon, wir würden uns verpassen. Ne halbe Stunde später, und wir hätten uns nicht mehr unterhalten können.
Ich – in der Folge U. (mit Blick auf die Uhr, einen der anderen Stühle besetzend): Stimmt, war denkbar knapp. Was machst Du überhaupt hier, hast Du nichts besseres zu tun?
D. (seufzt): Sag Du´s mir!
U.: Nun, Russland brennt ab, Pakistan ertrinkt, irgendwo wird bestimmt gerade ne Galerie eröffnet und bei McDonalds gibt´s den Cheeseburger für 1€, ich denke, Du hättest was zu tun finden können.
D.: Wenn Du so willst, sicher, aber ich mag die Ruhe auf Deinem Balkon, außerdem hast Du neuerdings so was Ausgeglichenes.

In dem Moment fährt die M2 ratternd die Prenzlauer Allee entlang.

U. (eine Augenbraue hochziehend): Ach ja, die Ruhe, fast hätte ich sie nicht erkannt. Genau wie diese Ausgeglichenheit, von der Du sprichst, das täuscht, aber trotzdem danke.
D.: Wie fandest Du mich heute?
U.: Hm. Schwer zu sagen. Du hättest besser starten können, dass man gegen halb 7 angefangen hat, unter meinem Schlafzimmerfenster den Rasen zu mähen und ich nicht frei hatte, war hart, aber schließlich hast Du Dich schon noch ganz ordentlich ins Zeug gelegt. Ich sag mal ne 2-, ist das ok?
D.: Hm, akzeptabel. Sag mal, wenn Du so vor Dich hinschreibst, findest Du nicht, dass das alles zu autobiographisch ist.
U.: Tiefschlag, mein Lieber, damit wird´s jetzt ne 3+ aber ok, ich lese gerade Kurzgeschichten von Boyd, und in der Einleitung sagt er, dass junge Autoren gern erstmal autobiographisch schreiben, es sei denn, sie sind wirklich brillant.
D.: Was sagt uns das über Dich? Brillant bist Du bestimmt nicht, aber so richtig jung auch nicht mehr.
U.: Bist Du nachtragend oder einfach generell feindselig? Ich dachte, Du wolltest mir etwas erzählen.
D.: Verzeih, als Dienstag steht man einfach enorm unter Druck. Ich fand die Geschichte mit dem Loslassen und dem Tod neulich gut.
U.: Was fandest Du denn daran gut, das war doch alles Hippie-Scheiß!
D.: Vielleicht, aber es machte Dich plötzlich so weich, als hätte man Dich ausschließlich in Pastellfarben gemalt.
U.: Wie lange haben wir eigentlich noch?
D.: Mist, in nichtmal 5 Minuten bin ich Geschichte. Mach´s gut.
U.: Ja, viel Glück! Und so.

Ich gehe kopfschüttelnd nach drinnen, wasche mir das Gesicht, und als ich zähneputzend zurück ins Wohnzimmer komme, sitzt der Mittwoch auf dem Sofa, schaut mich herausfordernd an und….

M: Wenn Du vorhast, mit mir zu reden, musst Du auf jedem Fall die Zahnbürste aus dem Mund nehmen, außerdem kleckerst Du alles voll!

Hat man denn nie seine Ruhe?

Freitag, 6. August 2010

We can be heroes, just for one day.

Eine meiner tiefergehenden Ängste ist, dass ich irgendwann durch einen Schuss in den Rücken verletzt oder sogar getötet werde. Natürlich ist das absurd, wie soll ein bürgerlicher Kontrollfreak wie ich, der noch dazu einem langweiligen, bedeutungslosen Bürojob nachgeht und in einem ruhigen Viertel wohnt, in eine derartige Lage geraten? Man weiß es nicht, jedenfalls rechne ich in den alltäglichsten Situationen immer mit dem Schlimmsten, nämlich einem plötzlichen stechenden Schmerz in Rücken und Brust (die Kugel wird aus solcher Nähe abgefeuert, dass sie natürlich meinen Körper durchquert), schließlich die Wunde, aus der Blut sickert, das ich, indem ich beide Hände dagegen drücke, aufzuhalten versuche, was aber nicht ausreicht, woraufhin ich mit gequältem Blick und einem stummen Schrei auf den Lippen zusammenbreche etc. Man kennt das ja aus dem Fernsehen, hat die Bilder vor Augen. Wie komme ich nur darauf? Es ist ja nicht so, dass es Spaß machen würde, bei meinen Spaziergängen jeden dritten Passanten, der auf einer Bank sitzt, als zwielichtig einzustufen, zu verkrampfen, und zu hoffen, dass das letzte Stündlein noch nicht geschlagen hat. Nein, nicht jetzt, nicht hier auf diesem dreckigen Fußweg in Moabit, nicht heute, an diesem belanglosen Mittwoch, dessen Höhepunkt eine kalte Apfelsaftschorle gegen 11:15 war, nein, bitte nicht, ich hatte doch noch so viel vor mit meinem Leben. Was genau? Keine Ahnung, aber auf jeden Fall... eine Menge!

Wenn ich mir eine Superheldenkraft aussuchen könnte, dann wäre das somit vielleicht zwangsläufig die Gabe der Vorhersehung, um den Kugeln im Fall der Fälle ausweichen zu können. Andererseits wäre eine solche Fähigkeit sicherlich irgendwie auch lästig, man hätte ja den ganzen Tag damit zu tun, schreckliche Ereignisse abzuwenden. Dann doch lieber Gedankenlesen, wobei es einem unter Umständen den letzten Rest Selbstbewusstsein raubt, wenn man wüsste, was die Anderen wirklich über einen denken, noch dazu müsste man den ganzen Blödsinn, der in den Köpfen Umstehender vorgeht ertragen, nein nein! Was also? Durch Wände gehen? Unsichtbar sein oder fliegen, Laserstrahlen aus den Augen abfeuern können? Eine scheinbar kindische Frage, die gar nicht so leicht zu beantworten ist. Falls ich am Wochenende neben meiner neuen Leidenschaft (der Gitarre natürlich!) dazu komme, werde ich in mich gehen und darüber nachdenken. Und dann heißt es wieder, ich würde den großen Fragen ausweichen, und mich mit Unsinn beschäftigen, pffffff!!!!!

Schönes Wochenende Euch, Prinzen und Prinzessinnen!

Mittwoch, 4. August 2010

Sommerloch?

Welt, atme auf, ich habe mir eine Gitarre zugelegt! Während unseres Tagesausfluges nach Brighton (siehe 2 Einträge weiter unten) hielt ich auf einem Flohmarkt (nacheinander, nicht gleichzeitig) mehrere Gitarren in den Händen, was sich einfach großartig anfühlte. Wenn ich meinen lieben Eltern eine Sache übel nehme, dann dass sie mich als Kind nicht gezwungen haben, ein Instrument zu erlernen. Kann sein, dass es dazu jetzt recht spät ist, erst neulich sagte mir ein Auskenner, mein Alter spräche eher gegen mich, aber ich will mich nicht entmutigen lassen, also haben Jördis und ich uns vorgenommen, uns an Weihnachten jeweils ein Lied auf der Gitarre vorzuspielen. Zu allem Überfluss werden wir uns sicher selbst auch noch singend begleiten – nur gut, dass man an den Feiertagen generell ein wenig nachsichtiger und / oder eh ständig betrunken ist. Jördis wird ein Lied von Hefner vortragen (welches habe ich im Zuge eines sonntäglichen Ausfluges in den Pfeffi leider vergessen), ich habe mir "Music when the lights go out" von den Libertines (wird meine Peter Doherty Verehrung eigentlich langsam wunderlich?) ausgesucht, wobei ich noch lernen muss, parallel zu rauchen und zu spielen (und zu singen!), was als verschärfte Schwierigkeit angesehen werden kann.

Ganz generell hatte ich kürzlich übrigens festgestellt, dass ich es in letzter Zeit hier ein wenig an neuen Konzepten und Schnapsideen mangeln lasse – man könnte fast meinen, ich sei seriös geworden. Mitnichten! Man kommt halt einfach zu nichts, grad im Sommer! Gestern dachte ich zwischen Tür und Angel darüber nach, dass ich mich seit Ewigkeiten nur noch von Fertiggerichten ernähre, oder direkt außer Haus esse. Ich hatte mir das Leben, in dem nur noch Zeit für Fast Food bleibt, irgendwie glitzernder vorgestellt. Das ist wie damals, als ich eines Freitagnachts in einer Wohnung im nordspanischen Nichts dem traurigen Schauspiel beiwohnen musste, wie Menschen in Pyjamas und Plüschhausschuhen mit lustigen Tiergesichtern Kokain konsumierten. Ab da hatte alles, was "zur Nase reingeht" jeden Glamour für mich verloren. Das hat aber sicher auch sein Gutes, denn nur so konnte ich es klaren Kopfes bis zur Gitarre a.k.a. meiner neuen fixen Idee schaffen.

Et voilà: Bogen gespannt – Eintrag zu Ende!